Eine gewisse Zeit im Ausland verändert einen Menschen schon ziemlich, meist ohne dass man es selber genau merkt. Bestes Beispiel ist das Verbeugen. In Japan muss man dies bei jeder Gelegenheit tun und es geht irgendwann ins Blut über. Als ich nach meinem ersten Studienaufenthalt in Japan zurück in Deutschland war, merkte ein entnervter Professor an, dass ich mich beim Entschuldigen nicht immer verbeugen muss, ich bin schließlich nicht mehr in Japan. Ich fiel aus allen Wolken, denn ich hatte es nicht einmal bemerkt, dass ich mich leicht verbeugte, wie ich es aus Sendai gewohnt war.
Neben meinen Studien helfe ich im Moment gerade einer Studentin, um für ihre Doktorarbeit wieder nach Deutschland zu kommen. Ich helfe ihr gerne, schließlich kenne ich sie schon aus Göttingen und Freunden hilft man nun mal immer. Leider versteht sie dabei nicht so wirklich die deutsche Mentalität und scheitert deshalb bei ihren Bemühungen, mit einem Austausch erfolgreich zu sein. Ihre Professoren hier in Japan versuchen wirklich alles, um sie zu unterstützen. Nur genau dabei stehen wir vor einem Problem: Die Professoren und ich haben unterschiedliche Ansichten und da einer der Professoren Italiener ist, welcher seit 10 Jahren in Japan lebt und lehrt, vertraut die Studentin im Zweifel natürlich eher ihm als mir. Wer würde das auch nicht machen? Nur leider kommt sie dadurch nicht weiter, da die deutschen Professoren, welche sie kontaktiert, nicht so reagieren, wie sie es erhofft hat..
Nun hätte ich natürlich leicht sagen können „Mach deine Sache alleine, du brauchst ja nicht auf meine Ratschläge zu hören“, ich entschied mich aber anders: Erst einmal sprach ich mich mit einem anderen ihrer Freunde ab, was sie denn nun eigentlich genau möchte und wie man ihr helfen könnte. Der nächste Schritt war ein Treffen mit dem italienischen Professoor und das wurde wirklich interessant. In der Mitte unseres Gespräches erinnerte er sich wieder an seine Studienzeit in Italien. Er war schon so verwurzelt in dem japanischen System, dass er vorher nur Ratschläge gab, wie der Kontakt in Japan klappen würde. Erst nachdem ich ihn darauf hinwies, dämmerte es ihm auf einmal, dass wir es ja mit Deutschen zu tun haben. Zusammen konnten wir so endlich eine Strategie entwerfen, welche hoffentlich zum Erfolg führen wird.
Ich bin auch schon gespannt wie es sein wird, wieder direkt auf die deutsche Mentalität zu stoßen. So wirklich möchte ich eigentlich noch nicht weg aus Japan, aber wir werden sehen. Es wird ja eh früher geschehen, als es mir recht ist. So lange werde ich aber den Aufenthalt hier genießen! Und im Endeffekt ist es dann ja eh nicht an mir sondern an euch zu entscheiden, ob und falls ja wie mich Japan verändert hat und ob ich als Halbjapaner zurückkehre.
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