Dontosai

2015 01 14_02 DontosaiAlles hat seine Vor- und Nachteile. Auf den ersten Blick ist meine Wohnung ideal gelegen. Einmal über die Straße und ich bin in einem Supermarkt, eine Minute die Straße runter sind der andere Supermarkt und die Bank und in der entgegengesetzten Richtung in der gleichen Entfernung findet sich zudem noch ein Gemüseladen. Nur manchmal hat die Lage auch starke Nachteile, wie heute zum Beispiel. Wir feiern Dontosai, das öffentliche Verbrennen der alten Glücksbringer und die Darbietung von Opfern an die Götter, um ein erfolgreiches Jahr zu haben. Besonders der Verbrennteil hat es mir angetan. Ein Glücksbringer kann locker einmal zwischen fünf und einhundert Euro kosten. Nach einem Jahr soll sich die Wirkung der Glücksbringer ins Gegenteil umkehren, weshalb sie öffentlich verbrannt werden. Viele Japaner folgen diesem Aufruf. Alleine heute habe ich in wenigen Minuten gesehen, wie mehrere zehntausend Euro in Rauch aufgingen. Wegen den zerstörten Glücksbringern müssen natürlich auch gleich neue als Nachschub beschafft werden. Das ist ein riesiges Geschäft, aber solange die Japaner es freiwillig machen und damit die vielen Schreine erhalten bleiben, will ich mich nicht beschweren. Problematisch ist es nur, weil der Anreiseweg genau an meiner Wohnung vorbeigeht. Das Heimkehren wird da zu einem echten Problem. Vor der Haustür war auf einmal eine Behelfsbushaltestelle, die Straßen waren verstopft und die Mitte der Straße blieb frei, denn man könnte ja die herumlaufenden Gabengeber behindern.

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In diesem Fall handelt es sich um ganze Firmenbelegschaften, welche bekleidet mit dünnen weißen Unterhosen und umbundenem Bauch in der Kälte zum Tempel ziehen, um dort ihre Gaben abzugeben und um ein erfolgreiches Jahr zu bitten. In Anbetracht der Tatsache, dass wirklich den ganzen Tag Gruppen liefen, muss man fast davon ausgehen, dass alle Firmen der Stadt da waren. Es sah so aus, als ob dabei besonders die jungen Angestellten den kurzen Strohhalm gezogen hatten und sich bei Temperaturen um null Grad für die Firma opfern mussten. Aber auch der eine oder andere Chef ließ es sich nicht nehmen, Erfolg für die Firma zu erbitten.

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All das ist ein klares Zeichen, wie gläubig Japaner eigentlich noch sind. Sie würden es nie öffentlich zugeben, ehe ihnen aber jemand das Gegenteil beweist, wollen sie auch kein Unglück über sich ergehen lassen und den Traditionen folgen. Für Außenstehende dagegen ist es ein großes Schauspiel und Festivalessen wird sowieso gerne genommen. Dementsprechend kann ich auch mal einen Tag das Chaos verzeihen und die Tradition in mich aufsaugen, wer weiß wann ich das nächste Mal die Möglichkeit dazu habe.

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