Juli 2014 Archiv

Java, Tag 2

Endlich, der Urlaub hat wirklich begonnen! Zu humanen Zeiten erwartete uns vor dem Hotel ein unseren Ansprüchen vollkommen genügendes Gefährt, ein Tuk Tuk. Was sich vom Namen her wie ein Traktor anhört, war auch in Wirklichkeit nicht weit davon entfernt. Es handelt sich um eine motorisierte Rikscha, eine Mischung aus Motorrad und vorne angebrachter Sitzmöglichkeit. Mit diesem, leider für asiatische Körpergrößen ausgelegten Gefährt, ging es zum nahegelegenen Borobodurtempel. Bei Borobudur handelt es sich um eine etwa 30 km von Yogyakarta entfernte Pyramide, welches Teil des UNESCO-Welterbes ist. Nach nur kurzer Fahrt erreichten wir das Ziel und ich kann nur sagen, der indonesische Verkehr ist in einem Tuk Tuk noch viel angsteinflößender.

Java_30_1Gebaut wurde die Anlage irgendwann um 800, wobei sie um 1100 wohl durch die drei örtlichen Vulkane zerstört wurde und in Vergessenheit gelangte, ehe sie 1835 durch Engländer und Holländer ausgegraben wurde. Nach einer großangelegten Restaurierung in den Siebzigern kann sie wieder besichtigt werden und gilt als eine der wichtigsten Anlagen des Buddhismus hier auf Java. Die Anlage Java_30_3selber hat eine quadratische Basis und neun Stockwerke mit vier Galerien. Entlang dieser Stockwerke sind Reliefs zum Wirken Buddhas eingelassen, welche den Gläubigen auf dem Weg zur Erleuchtung begleiten sollen. Da Java nun mittlerweile hauptsächlich muslimisch ist, gab es einige Anschläge auf den Tempel, was unter anderem dazu führt, dass viele der Statuen keine Köpfe mehr haben.

Java_30_2Der Tempel selber war überfüllt. Aufgrund der Nationalfeiertage war halb Java auf dem Weg, um die Anlagen zu besichtigen. So fühlte es sich auf jeden Fall an. Dabei lohnte es sich wirklich, sich durch die Menschenmassen zum Tempel hochzuquälen. Auch wenn einiges durch die Anschläge auf den Tempel beschädigt ist, so ist die Pyramide doch schon ziemlich beeindruckend, besonders wenn man sich vorstellt, dass sie vor über tausend Jahren erbaut wurde. Leider hatte ich den Einfluss der Menschenmassen aber etwas unterschätzt. Zwar kamen wir gut voran und konnten alle Fotos machen, die ich wollte. Doch bei jedem kurzen Verweilen fand sich eine javanesische Familie, die mich fragte, ob sie nicht ein Foto mit mir machen könnte. Ich fühlte mich wie ein Star, als sich förmlich Schlangen bildeten. Sogar auf den überfüllten Stufen versuchten einige, Java_30_4schnell noch ein Foto mit mir zu ergattern. Woran das liegt, dass Ausländer hier so beliebte Fotoobjekte sind, habe ich leider nicht herausfinden können. An der Größe kann es eigentlich nicht liegen, denn es gibt auch größere Indonesier. Aber eventuell liegt es an der Hautfarbe. Mehr als einmal blieb mir auf jeden Fall nichts anderes übrig als zu fliehen, wenn ich überhaupt weiter kommen wollte. Auf Starruhm kann ich wirklich verzichten.

Nach der Tempelanlage sollte es langsam zum Ausgang gehen. Der Weg war von einer schier endlosen Schlange an Verkäufern eingefasst, die auf fast einem Kilometer allen möglichen Kram anboten. Um den penetranten Angeboten zu entkommen entschieden wir, per Abkürzung querfeldein zu laufen. Schon nach den ersten Metern ergab sich aber auch da ein Hindernis. Wir fanden die Papiere für ein Fahrzeug der Marke Daihatsu. Was sollten wir also machen? Die örtlichen Ordner meinten, sie haben keine Ahnung, wir sollten doch eine Information aufsuchen. Java_30_5Leichter gesagt, als getan. Zur Stärkung kauften wir uns an einem großen Stand, wo Familien Selbstgekochtes verkauften, eine Kokosnuss, welche Orsolya meisterhaft runterhandelte. Dann ging es auf den langen Weg entlang der Händler zur Information, wo man sichtlich überrascht die Papier entgegennahm und uns erklärte, wie wichtig die hierzulande wohl für den Fahrer seien.

Nach den Menschenmassen reichte es uns aber auch mit dem Tempel und wir genehmigten uns bei einer alten Händlerin noch einige uns unbekannte Früchte, welche wie eine Mischung aus Apfel und Orange schmeckten. Dann ging es mit dem Tuk Tuk zurück zum Hotel. Der erste Tag auf Java hat auf jeden Fall einen sehr guten Eindruck hinterlassen und ich freue mich auf das, was da noch kommt.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/java-tag-2/

Und weiter geht es

Die Halbzeit des Kurzurlaubs ist erreicht. Heute werden die Koffer gepackt und es geht per Flugzeug weiter von Bali nach Java. Ich bin schon sehr gespannt, da bis auf die Tatsache, dass dort ein Fußballteam existiert, mein Wissen über Yogyakarta doch arg begrenzt ist. Bevor es aber losgehen konnte, war erst einmal früh aufstehen angesagt. Ich bin auf einer Insel mit Strand und dieser zeigt auch noch in den Osten, das muss für Sonnenaufgangsbilder genutzt werden. So ging es frühmorgens runter zum Strand und ich wartete auf die ersten Strahlen des Tages und fotografierte.

Java_29_1Java_29_2Java_29_3

Im Anschluss hieß es warten. Erst um 12.30 Uhr war unser Fahrer angemeldet, um uns zum Flughafen zu fahren, wo es zwei Stunden später weitergehen sollte. Zu meinem Unglück stand der Fahrer aber im Stau fest, wodurch er sich natürlich herausgefordert sah, die Zeit auf der Fahrt wieder aufzuholen. Dabei hatte ich mich doch gerade erst von der Fahrt gestern erholt. Immerhin lief während des Fluges dann alles wie am Schnürchen, auch wenn vor, neben und hinter mir nur Deutsche saßen. Wozu fliegt man bitte ins Ausland, wenn man überall Deutsch hört?

Auf Java angekommen ging es dann per Bus ins Hotel. Auf der Fahrt war ziemlich auffällig, dass die Region noch ärmer zu sein scheint, als es auf Bali der Fall war. Die Touristen sind wohl einfach weniger. Viele verfallene Häuser oder Bretterwohnungen haben entlang der Straßen ihre Bewohner. Unser Hotel liegt von all dem aber etwas weiter entfernt. Nach über einer Stunde Fahrt erreichten wir eine Ansiedlung von Bungalows im indonesischen Stil, welche eine wirkliche Abwechslung zu Bali darstellen. Alles erscheint weniger für Pauschaltouristen gemacht, sondern um Reisenden einen Einblick in die reiche Kultur der Insel zu geben. Hie kann man es eine Weile aushalten!

Mein Fazit für Bali: Bali ist eine interessante Insel mit schönen Stränden und einigen Sehenswürdigkeiten, die eine Reise wert sind. Einem Touristen muss aber bewusst sein, dass die meisten dieser Sehenswürdigkeiten keine Geschichte haben. Sie sind maximal fünfzig Jahre alt, auch wenn sie älter aussehen. Außerdem lebt die ganze Insel vom Tourismus und die Chancen, die echte Kultur kennenzulernen, sind wohl mehr als gering. Was ich aber auf keinen Fall persönlich empfehlen kann ist, bereits vor der Reise jemanden zu buchen, der die gesamte Reise plant. Und wenn, dann nehmt nur einen, der auch bereit ist, die eigenen Pläne zur Seite zu stellen und mehr den Wünschen der Kunden nachzukommen. Im Endeffekt sind all die Punkte aber nur für den Typus Tourist interessant, der etwas erleben will. Wer Urlaub am Strand mit gelegentlichem Abenteuerurlaub bevorzugt, der wird seine Freude an der Insel haben. In dem Fall ist es dann auch ein Leichtes, das Leid der Bevölkerung nicht mitzubekommen, wie es bei einigen Bekannten, die vorher da waren, der Fall war. Ich dagegen freue mich schon auf Java, denn da gibt es nun wirklich echte historische Dinge.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/und-weiter-geht-es/

Bali, Tag 3

Habe ich mich eigentlich über den Fahrstil unseres Führers aufgeregt? Ja, mhh, ok, dann kann ich mir ja den Rest für heute sparen und wünsche allen noch einen schönen Tag!

Halt! So einfach ist es dann doch nicht. Unser heutiges Ziel der Reise sollte ein Wasserfall auf der anderen Seite der Insel sein. Mir kam die Sache von Anfang an spanisch vor. Sollte es wirklich möglich sein, die Strecke an einem Tag zu meistern, ohne dass es anstrengend wird? So ganz überzeugt war ich nicht von der Sache, aber ich bin ja nicht der Reiseführer. Tja, ich hätte mal lieber Führer spielen sollen, dann wäre alles etwas entspannter gelaufen. Um 6 Uhr klopfte es auf einmal an der Tür und wir bekamen die Info, uns fertig zu machen. Es sollte auf einmal früher losgehen, wie der Reiseführer per SMS in der Nacht mitgeteilt hatte. Offizieller Grund war wohl der Verkehr, welcher uns zu sehr aufhalten würde. Etwas später im Auto wurde mir aber vermittelt, dass man noch in einem eine Fahrstunde entfernten Hotel anhalten müsse, um mehrere Fahrgäste mitzunehmen. Am Vortag hatte der Führer vorsichtig angefragt, ob wir es denn wohl überleben, das Auto mit einer Familie zu teilen und unsere Gruppe konnte wohl nicht ablehnen. Hätte ich davon gewusst, ich wäre wohl zusammen mit dem Freund von Orsolyas Mutter im Hotel geblieben, der durch Krankheit nicht mitkonnte.

Das uns zur Verfügung stehende Auto verfügt über drei Sitzreihen mit Sitzbänken in der normalen Größe einer Limousine. Es sind zwei Sitze in der ersten Reihe und dann in den anderen Reihen 2 Size mit etwas Platz dazwischen für eine dritte Person. Ich spreche nicht Ungarisch und war deshalb für den Führer uninteressant. Deshalb wurde entschieden, dass der Vater der Familie auf dem Beifahrersitz platznehmen soll. In der letzten Reihe nahmen die 10-jährige Tochter und seine Ehefrau Platz. Was übrigbleibt, kann sich jeder vorstellen: Der 1,94 Meter große Deutsche muss zusammen mit zwei anderen Personen in der mittleren Reihe Platz nehmen. Bein-, Körper- oder gar Kopffreiheit sind ja eh überbewertet. Im Endeffekt hätte ich das aber alles ohne Probleme durchgestanden, wenn die gesamte Fahrt abzüglich Zwischenstopps nicht 9 Stunden gedauert hätte und dazu auch noch der schon beschriebene Kamikazefahrstil kam. Immerhin war aber die zweite Familie nett. Beide Erwachsenen konnten Deutsch und als der Vater erfuhr, dass ich aus Magdeburg komme, fragte er mich darüber aus, wie es dem ruhmreichen FC ergeht. Schließlich hatte er seit der Wende von dem nichts mehr gehört, obwohl er doch mal einer von Deutschlands besten Vereinen war. Mit dieser Frage wurde mir die Familie sofort sympathisch.

Bali_28_1Die eigentlichen Ziele der Reise waren aber nicht schlecht, nur damit niemand meint, ich würde mich nur beschweren! Zuerst ging es zu einem Tempel, welcher offensiv Werbung für Hahnenkämpfe machte. Dieser war besonders interessant anzuschauen, da es viele kleine Pagoden gab, welche durch die örtlichen Familien errichtet wurden. Einziges kleines Problem für mich war, dass unser Führer meinte, er könne nur erzählen, wenn ich dastehen würde. Schließlich würde mir Orsolya schon alles übersetzen. Bali_28_2Erstens hatte ich keine Lust darauf und zweitens waren seine Auslassungen so ausschweifend, dass auch Orsolya nicht zuhören wollte und deshalb mit mir versuchte, eigenständig die Anlage zu besuchen. Endergebnis war, dass die Gruppe unserer Tempelstrecke folgen musste, wir aber dadurch nicht wirklich frei erkunden konnten.

Anschließend ging es 2.000 Meter in die Höhe und dort in ein großes Parkgelände mit einem ansehnlichen botanischen Garten. Endlich konnte man die balinesische Fauna einmal in voller Pracht erleben. Den kurzen Aufenthalt dehnten wir noch gewaltsam etwas aus, indem wir darauf bestanden, die Parkanlage hinter dem Garten zu besichtigen. So konnten wir uns noch etwas autolose Zeit beschaffen. Danach ging es weiter zum nächsten Ziel. Diesmal stand wieder ein Tempel an, welcher in einem großen Bergsee zu Ehren von Shiva errichtet wurde.

Bali_28_5Bali_28_4Bali_28_3

Da unsere Tour gerade in der Nähe eines Marktes vorbeiführte, wurden dorthin ein Abstecher gemacht und wir bekamen die Möglichkeit zum Einkaufen. Für mich ergab sich so ein interessantes Schauspiel. Weder Orsolya noch ihre Mutter haben je gehandelt und das wurde von den Einheimischen gnadenlos ausgenutzt. Kein Objekt hatte Preise dran und sobald die Beiden Interesse hatten, war dies zu einfach zu erkennen und die Beiden erhielten den „Ausländer-Discount“, also 0 Prozent auf den Preis extra. Nun wollte dieser Preis wieder normalisiert werden. Ich erwies mich als ziemlich gut darin, worauf die Verkäufer versuchten, Orsolya so zu fragen, dass ich gar nicht hören konnte, worum es geht. Im Endeffekt erhielten wir aber noch einen brauchbaren Preis, da ich lautstark erklärte, dass wir gerne gehen können, wenn das so weitergeht. Wie sehr sich die Preise unterscheiden, kann man aber an einer Tüte Kekse erkennen: Orsolyas Mutter kaufte mit Handelshilfe von unserem Führer für 20.000 Rupien 3 Packungen Kekse. Das ist in Indonesien viel Geld, hierzulande sind das nicht mal zwei Euro. Wir dagegen sollten 10.000 Rupien für eine Packung zahlen. Dann bekamen wir das Angebot, 2 Packungen für 15.000 Rupien zu bezahlen, nur um im Endeffekt bei 5.000 Rupien für eine Packung zu landen, was etwa 50 Cent entspricht. Eine zweite Packung Kekse erstanden wir etwas später an einem anderen Stand, wo wir die Verkäuferin auf 2.500 Rupien, also ca. 25 Cent, runterhandelten. Das war auch der Preis, welchen ich vorher bei einigen einheimischen Käufern als Standardpreis hörte.

Bali_28_7Im Anschluss an den Markt stand endlich unser Endziel, ein 20 Meter hoher Wasserfall, an. Dieser sah sehr beeindruckend aus und war der Hauptpunkt, weshalb sich die Fahrt lohnte. Da es langsam dunkel wurde, ging es endlich zurück in Richtung Hotel, wobei wir noch einen Tempel am Wegesrand mitnahmen. Für mich war dieser Bali_28_6das Highlight, aber nicht wegen dem Aussehen, sondern weil wir eine nette Familie auf dem Weg zum Beten trafen. Diese war mit allen Altersklassen angereist und so spielten wir ein wenig mit dem einjährigen Sohn und redeten mit der 85-jährigen Großmutter, die es aus eigener Kraft irgendwie die vielen steilen Stufen hinauf schaffte.

Wir haben heute doch relativ interessante Orte besichtigt. Als wir gegen 23 Uhr endlich im Hotel waren blieb mir trotzdem die Erkenntnis, dass ich so etwas nicht noch öfter brauche. Führer können interessant sein, für meine Interessen ist das aber nichts. Ich muss erkunden können und sehen, was ich auch wirklich sehen will. Für längere Zeit sollte diese Reise also einmalig bleiben und ich freue mich schon sehr auf den zweiten Teil der Reise, weil es dann besser werden sollte. So jetzt entschuldigt mich aber, mir tun von der Fahrt alle Knochen weh und ich muss mich etwas pflegen!

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/bali-tag-3/

Der Ritt auf Eduardo

Der gestrige Tag war überladen, anstrengend und zu allem Überfluss auch nur semiinteressant, da Dinge wie die Schmuckmanufaktur nicht gerade Luftsprünge bei mir auslösen. Heute sollte dafür alles etwas ruhiger angegangen werden und dazu sollten auch nur zwei Ziele bereist werden. Da diese Ziele etwas versteckt lagen, erhielten wir auch einen neuen Fahrer. Er ist ein Balinese, welcher uns gleich zeigte, dass die Fahrweise der letzten Tage eventuell doch nur an unserem Führer lag. Ja, man kann auch mit fünfzig durch Orte fahren. Und nicht jeder Gegenverkehr ist unbedingt ein Feind, mit dem man Wettkämpfe ausführen muss, wer zuerst bremst, wenn beide aufeinander zufahren. Endlich konnten wir es also zu unseren Zielen schaffen, ohne dass dem halben Auto schlecht wurde.

Das erste Ziel unserer Reise war das Elefantenreiten. Nachdem wir eine obligatorische und viel zu geringe Gefahrenversicherung unterschreiben mussten, ging es auf eine Anhöhe, wo uns zwei Dickhäuter erwarteten. Wir hatten die Wahl zwischen einem kleineren und einem großen Elefanten. Da mir der größere Elefant mehr zusagte und ich auch ein besseres Verhalten seines Betreuers beobachtete, entschied ich mich für ihn. Was soll ich sagen, es war die richtige Entscheidung. Unser Elefant hieß Eduardo. Er wurde sehr gut betreut und man konnte die Begeisterung in der Stimme seines Betreuers hören, wenn er von seinem Elefanten berichtete, für den er seit über zehn Jahren zuständig ist.
Bali_Elefant2Bali_Elefant1Bali_Elefant3
Es entstand ein interessantes Gespräch mit dem Betreuer, bei dem uns viel über die Insel berichtet wurde. Ihm hat es offensichtlich gefallen, dass wir uns für die Kultur interessierten. Er gab uns auch Tipps über lokale Spezialitäten und erzählte über das normale Leben hier. Dazu flocht er während der Tour zwei Ringe aus Elefantenborsten, welche er uns schenkte. Währenddessen hörten die Anderen von ihrem Begleiter kaum etwas. Das Reiten auf einem Elefanten ist auf jeden Fall komisch, aber es war eine interessante Erfahrung, auch wenn ich den Elefanten die Freiheit wünschen würde. Wenigstens scheinen die Elefanten gut behandelt zu werden und viel Auslauf zu bekommen.

Im Anschluss an die Dickhäuter bekamen wir die Möglichkeit, etwas für unser „Gewicht“ zu tun. Neben der Anlage gibt es eine Schokoladenmanufaktur, welche nach niederländischem Rezept Schokolade herstellt. Diese war ziemlich schmackhaft und die Führung sehr interessant. Trotzdem fiel mir unser Führer zum wiederholten Male negativ auf. Er betonte zwar immer, dass er die Einheimischen respektiert, spielte sich aber auf, als ob er etwas Besseres wäre. Selbst die Anderen scheinen von dem Verhalten langsam ziemlich genervt zu sein. Orsolya und ich versuchten deshalb, den Gegenpol zu bilden. Mit etwas Freundlichkeit kommt man meist halt doch weiter.

Bali_DraftingNach der Schokoladenmanufaktur ging es zu einer 9 km langen Raftingstrecke. Das Fahren entlang der Stromschnellen machte verdammt viel Spaß. Die Aufforderung, wer schwimmen will, kann dies tun, ließ ich mir natürlich auch nicht zweimal sagen. So gelang es mir, die klassische Klischeeszene aus Kampfsportfilmen nachzustellen: der Stand unter dem Wasserfall. Das war wirklich eine Spitzenerfahrung! Bali_WasserfallDer Druck, mit dem das Wasser auf einen fällt, ist beeindruckend und ich würde es jederzeit wieder machen. Nach der mehrstündigen Raftingtour ging es dann zurück in unser Hotel, um noch den Strand unsicher zu machen. Aufgrund der Ebbe war dies leider nicht wirklich möglich. Aber immerhin konnte ich so den Pool etwas nutzen. Am Abend folgten wir dann dem Rat vom Trainer unseres Elefanten Eduardo und suchten ein Restaurant, welches die von ihm empfohlenen Gerichte anbot. Zum ersten Mal seit wir hier sind kann ich jetzt sagen, ich habe Balinesisch gegessen und es hat geschmeckt. Und um das zu erreichen, brauchte ich keinen Führer, sondern nur etwas Bauchgefühl. Meine Reisen werden auf jeden Fall in der Zukunft lieber weiter ungeführt bleiben!

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/der-ritt-auf-eduardo/

Bali, Tag eins

Puh, der Urlaub fängt ja gut an! Um 7 Uhr gab es Frühstück und dann ging es schon per Auto los zu unserem ersten Ziel des Tages. Für die Reise hatte sich unsere Gruppe einen ungarischen Reiseleiter besorgt, welcher in Bali lebt und Touristen das Land zeigt. In unserem Fall handelt es sich dabei um einen Kampfsportlehrer, welcher vor vier Jahren Ungarn in Richtung Bali verlassen hat. Und wie es den Anschein hat, hat er auch nicht mehr vor, in die Heimat zurückzukehren.

Die ersten zwei Ziele sind dabei kaum einer Erwähnung wert. Es handelte sich um Schmuck- und Kleidungsmanufakturen, wo bei einer Schauproduktion die Herstellung unter „humanen“ Bedingungen besichtigt werden kann. Ich persönlich wurde von diesen Bedingungen eher weniger überzeugt. Wenn so die Vorzeigebetriebe aussehen, dann will ich mir gar nicht vorstellen, wie es in den anderen Firmen läuft. So befand sich der Silberschmied in einem dreistöckigen Gebäude. In den oberen zwei Etagen befinden sich zwei Marmorsäle, inklusive 9 Klimaanlagen, in denen mit großer Show der Schmuck vorgezeigt wird. Im unteren Stock befindet sich dagegen die Manufaktur. In dieser sitzen 12 Männer mit stark veraltetem Werkzeug an alten Tischen und stellen den Schmuck her. Dabei herrschten schon um 9 Uhr tropische Temperaturen und die schnellsten Raucher hatten schon handgezählte 15 Zigaretten geraucht, die sie brauchten, um ihre zitternden Finger unter Kontrolle zu bringen. Das Werkzeug war zum Teil stark verrostet und über Arbeitsschutzmaßnahmen reden wir lieber gar nicht. Wenn ich sehe, wie oben groß geprotzt wurde und unten die Arbeiter arbeiten müssen, vergeht jedenfalls mir der Geschmack an derartigen Showtouren.

Bali_MopedZum Glück hatte unser Führer aber ein Einsehen und er fuhr uns zu einem großen Vulkan, auf dessen Spitze ein Tempel steht. Auf dem Weg dorthin fielen mir einige Dinge auf. Zum einen waren das die Schulkinder. Alle Kinder gehen mit Besen in die Schule. Wie uns erklärt wurde, gibt es hierzulande keine Schulpflicht und wenn man geht, dann lernt man dort Haushaltskunde und derartige Dinge. Ein breites Wissen ist für die Bewohner der Insel reinster Luxus, den sich die wenigsten leisten können. Leisten können sich dafür alle Motorräder und wie es aussieht, gibt es auch keinen echten Führerscheintest. Zumindest 80 Prozent der von uns beobachteten ca. 13- bis 14-jährigen Kinder, welche eine lokale Schule besuchten, fuhren mit dem eigenen Motorroller nach Hause und die Polizei interessierte es nicht. Kein Wunder, dass der Verkehr hierzulande so gefährlich ist. Weiterhin fielen mir die Ausländer auf. So ein Gehabe, mit denen die Bewohner der Insel verspottet werden, war wirklich grenzwertig. Natürlich sind die Verkäufer nervig, die an allen Ecken versuchen, ihren Kram an den Mann oder die Frau zu bringen, aber sie benötigen das zum Überleben. Muss man in solch einer Situation die Einheimischen noch offen verspotten? Die Wenigsten hier scheinen derartigen Sachen freiwillig nachzugehen. Mehr als einmal konnte man aber sehen, wie sich einige der Ausländer so verhielten, wie ich mir immer Kolonialherren vorgestellt habe.

Nach langer Fahrt fanden wir endlich den Bali_tempelTempel auf dem Berg, welcher aber nicht wirklich beeindruckend war. Hierzulande fehlt es an Geld, um die eigenen Tempel zu erhalten, besonders wenn der Verfall dank dem Wetter noch schneller geschieht. Wer also Tempel wie in Japan oder Thailand erwartet, kann sehr schnell enttäuscht werden. Mit diesem Tempel war es aber noch nicht geschehen Noch drei weitere fuhren wir an und genau 50 Prozent, die letzten Beiden, gefielen uns. Zwar waren auch diese in einem relativ schlechten Zustand, aufgrund der Eigenheiten des Tempels war dies in den Fällen aber zu verschmerzen. Zum einen handelte es sich um einen Reinigungstempel, wo die gläubigen Hinduisten in ein heiliges Wasser steigen, um vor dem Bösen beschützt zu werden. Zum anderen war es ein Tempel eines alten Königs, welcher Gräber in die Wand schlagen ließ und gleichzeitig den Tempel mit Reisfeldern umschließen ließ. Dieser Tempel sah dann auch dementsprechend beeindruckend aus.

Bali_TeeDas Highlight des Tages war aber ein Verkaufsort mit Besichtigung der Herstellung. Dieses Mal war es aber richtig gemacht. Es handelt sich um eine Kaffeefarm. In Bali gibt es einen speziellen Kaffee, welcher aus Kaffeebohnen gewonnen wird, die von einem katzenähnlichen Tier verdaut wurden und dann ausgeschieden. Dies hört sich schlimmer an als es ist, schließlich wird nicht das Äußere der Bohne getrunken. Durch das Verdauen Bali_Kaffeebekommen die Bohnen einen komplett anderen und einzigartigen Geschmack. Um nun diesen gewöhnungsbedürftigen Kaffee zu bewerben, wurde eine Parkanlage mit den verschiedensten Gewürzen angelegt, bei denen den Besuchern die Natur näher gebracht wird. Auf diesem Gelände wachsen auch die Bohnen, die während der Nacht dann von den Tieren gefressen werden und nach dem Entkernen und Mahlen dann zu Kaffee werden. Mein Liebling war aber eine vegetarische Fledermaus, welche ziemlich cool anzuschauen war. Bali_FledermausUm dann zu entscheiden, welches der vorhandenen Gewürze für das Trinken am besten ist, kann man als Besucher im Anschluss an die Führung noch 20 Tee- und Kaffeesorten probieren. Das war ein Angebot, das wir gerne annahmen, auch wenn ich mich bei dem Bali Kaffee weigerte, da es doch zu eklig wurde. Trotzdem war dies der beste Teil der Tour, dicht gefolgt von einem Affenpark. Dabei handelte es sich um eine Parkanlage, wo Affen frei herumlaufen Bali_Affenund auch schon mal auf Menschen, wie die komplett überrumpelte Orsolya, springen. Der Park war mir persönlich eigentlich zu überfüllt und die Affen zu abgerichtet auf Touristen. Es war aber lustig mehrere Affen zu sehen, wie sie sich um ihre Kinder kümmerten. Aber an meine Fledermaus kam es nicht heran. Mal schauen, was uns morgen erwartet.

Als erste Einschätzung bleibt zu sagen: Ich habe mir Bali luxuriöser vorgestellt. Die sogenannten Traumstrände kann ich bisher nicht bestätigen, obwohl unserer hier vor Ort nett ist. Aber die Armut hatte ich nicht so extrem erwartet, da die meisten nur Gutes über Bali erzählen. Trotz allem ist es aber mal was anderes und ich genieße auch die Abwechslung und den Aufenthalt hier.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/bali-tag-eins/

Auf der Südhalbkugel

Was soll ich woanders, wo es mir nicht gefällt? Diese Frage stelle ich mir manchmal und habe aus diesem Grund bisher alle Chancen verstreichen lassen, um von Japan aus andere Länder zu bereisen. Zwar gibt es einige Länder, die von Japan aus schneller zu erreichen sind und bestimmt von Interesse für mich, aber es gibt so viele Orte in Japan, welche ich noch sehen will, weshalb ich erst einmal Prioritäten setzten musste. Dieser Vorsatz wurde jetzt aber über den Haufen geworfen. Orsolyas Mutter wollte sich mit Orsolya zu einem Urlaub in Bali treffen und ich wurde als Begleiter eingeladen. Da kann man natürlich nicht nein sagen. Interessant ist gleichzeitig, dass ich mich damit das erste Mal in meinem Leben unterhalb des Äquators befinde.

Die Reisevorbereitungen verliefen ziemlich entspannt und ohne große Vorkommnisse. Im Gegensatz zu Reisenden aus Europa, kann man hier direkt in Japan das Visa für Indonesien beantragen. Normalerweise müsste man in Indonesien auf dem Flughafen das Geld für das Visum bezahlen und im Anschluss die gesamte Beantragungsprozedur, welche gerne mal 3 Stunden dauert, über sich ergehen lassen. Auf unserem Flug sollte es einfacher gehen. Man bezahlt auf dem Flughafen in Narita die Gebühren und bekommt im Flugzeug das Visum. Zu diesem Zweck fliegt auf der Strecke ein Beamter mit, der mit Stempelkissen durch das Flugzeug marschiert und das Visum einträgt. Das war für mich eine neue Erfahrung, hat uns bei der Ankunft aber viel Zeit erspart, die man sonst mit Schlange stehen verbringt.

Von Bali selber habe ich noch nicht so viel gesehen, außer die Autobahn. Das war ein Verkehr! Verkehrsregeln scheint es auf dieser Insel nicht zu geben. Motorräder drücken sich in jede Ecke und Autos halten sich an keine Regeln. Überholen wird nur per kurzem Hupen angekündigt und wer dann noch im Weg steht, hat halt Pech gehabt. Auch von Sicherheitsaspekten scheinen Indonesier nicht viel zu halten. Mehrmals sahen wir Paare, die auf einem 1-Personen-Roller mit ihrem Baby zwischen sich gepresst, mit überhöhter Geschwindigkeit an uns vorbeischossen. Dass viele Autos die zweispurige Straße versperrten, weil sie auf dem Mittelstreifen fuhren, war bei dem ganzen Verkehr wirklich noch das Geringste. Die Unfallstatistik für Bali muss ich unbedingt mal finden. Das Hotel macht aber einen guten Eindruck und ich habe ein Bungalowzimmer, was sehr ordentlich ist. Hier lässt es sich auf jeden Fall aushalten, besonders, da es einen Pool und einen Zugang zum Strand gibt. Mal schauen, was die nächsten Tage so bringen.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/auf-der-suedhalbkugel/

Vegalta vs. Nagoya

Nagoya, der Name einer Stadt, die in den letzten Wochen für mich der Inbegriff des Feindbildes geworden ist. Vor vier Monaten habe ich dort mein Fahrrad gekauft und seit vier Wochen befindet sich dieses wieder in eben jenem Ort. Nachdem ich innerhalb von drei Wochen kein Lebenszeichen erhalten habe, ob denn mein Rad überhaupt den Weg dorthin überstanden hat, habe ich letzten Montag dort anrufen lassen. Wie sich herausstellte, wartet man immer noch auf die Ersatzteile. Angeblich ist der Schaden so gar nicht möglich und das Rad muss auf unmöglichen Wegen querfeldein gefahren worden sein. So jedenfalls erklärte der Besitzer des Fahrradladens die Situation und sagte aber gleichzeitig, dass er das Rad trotzdem repariert. Zum einen habe ich das Rad aber nur in Sendai und normal gefahren und zum anderen überrascht mich die Aussage mit dem trotzdem doch etwas. Vor drei Wochen hat er sich nur unwillig bereit erklärt, das Rad überhaupt anzuschauen und jetzt macht er etwas aus Kulanz? Der Herr kann mir viel erzählen, aber die Geschichte glaube weder ich, noch die Japaner, welche das Telefonat für mich führten. Vielmehr scheint er eingesehen zu haben, dass der Fehler beim Radladen lag und die Geschichte dient dazu, sein Gesicht zu wahren. Trotzdem darf ich jetzt noch weiter auf mein Rad warten, bis endlich die Ersatzteile aus den Vereinigten Staaten eintreffen.

Aber was soll es, dann lenke ich mich halt etwas von der ganzen Sache ab und gehe zum Fußball. Im Gegensatz zu Europa hat hier die Saison schon wieder angefangen und Vegalta braucht jeden Punkt, den sie bekommen können. Da bin ich doch gerne bereit, meinen Anteil zu leisten. Besonders, da der Gegner am Mittwoch aus einer gewissen Stadt kommt, auf die ich im Moment eh nicht so gut zu sprechen bin. Die Nagoya Grampus Eight geben sich in Sendai die Ehre. Der Meister von 2010 ist relativ finanzstark und mit einigen in Japan bekannten Gesichtern ausgestattet. Besonders sei hier die Nummer 4 Tulio, in Halbjapaner und langjähriger Nationalspieler, genannt. Aber auch die Brasilianer im Team brauchen sich nicht zu verstecken. Trotz der namenhaften Spieler tut sich Nagoya aber extrem schwer, um in der Liga mitzuhalten. Vegalta sollte also auf jeden Fall Chancen haben. So kam es dann auch. Vegalta hat in dieser Saison einen besonders starken Zusammenhalt. Daszeigte sich in diesem Spiel schon dadurch, dass Wilson und drei andere Spieler angeschlagen in das Spiel gingen, um Vegalta die wichtigen Punkte zu sichern. Das Spiel fing auch gut an und in der ersten Halbzeit konnte Akanime durch einen Abwehrfehler ungefährdet alleine auf den Torwart zu rennen und den Ball einschieben. Nagoya fand zu diesem Zeitpunkt keinen Zugriff auf das Spiel, welches Vegalta sehr geschickt durch eine tiefstehende Abwehr mit schnellen Kontern lenkte.

Während sich nach der ersten Halbzeit keiner wirklich vorstellen konnte, wie Nagoya noch gefährlich werden könnte, kam es kurz nach Wiederanpfiff zum Ausgleich aus dem Nichts. Vegalta zeigte sich unbeeindruckt und stellte den alten Abstand durch eine Standardsituation wieder her, nur um kurz später aus eben solcher wieder den Ausgleich zu kassieren. Während Vegalta nun auf dem Zahnfleisch kroch, was bei Temperaturen um die 35 Grad nicht überraschend war, versuchte Nagoya mit aller Macht, das Spiel zu drehen. Aus einem erneuten Standard schaffte Vegalta wieder die erneute Führung. Bis zur 93. Minute sah alles nach drei Punkte für Vegalta aus. Nagoya rannte wütend an und Vegalta verteidigte gut. Als man aber in der 93. den Ball nicht aus der Gefahrenzone bekam, fiel der erneute Ausgleich nach einem Fernschuss aus 25 Metern eigentlich mit Ansage. Vegalta hatte viel investiert, gut gekämpft und trotzdem nur einen Punkt gesichert. Die Enttäuschung war den Fans ins Gesicht geschrieben. Und für mich war es besonders schwer, hatte ich Nagoya doch alles erdenklich Schlechte gewünscht, als Rache für mein Fahrrad.

Na gut, wenn ich für die nächste Zeit kein Rad habe, dann mache ich halt erst mal Urlaub. Aus diesem Grund wird mein nächster Blogeintrag dann aus Bali erfolgen. Bis dann also!

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/vegalta-vs-nagoya/

Reik, der Oberlehrer

Es ist endlich geschafft! Die Weltmeisterschaft ist zu Ende und „wir sind Weltmeister“. Ok, ich eher nicht, denn mit meinen Fußballfähigkeiten hätte ich wohl eher jemandem vom gegnerischen Team das Bein gebrochen, ehe ich den Ball bekommen hätte und geschaut habe ich auch kein Spiel. Hier in Japan gratuliert mir aber trotzdem jeder, als ob ich aus dem gelobten Land komme. Die Liebe zum Fußball, welche eine Weltmeisterschaft entstehen lassen kann, ist schon überraschend. Nachdem ich mittlerweile drei Weltmeisterschaften hier in Japan verbracht habe, merke ich, wie die Begeisterung für den Sport mehr und mehr zunimmt und nicht einmal die eher bescheidenen Leistungen der blauen Samurai können an dieser Tatsache etwas ändern. Trotzdem gibt es eine Gruppe von Menschen, die sich vielleicht mehr mit der Weltmeisterschaft beschäftigen hätte sollen – meine Studenten!

Es ist Hochsommer und damit Prüfungszeit. Das erste Mal in meinem Leben stehe ich auf der anderen Seite des Raumes und so langsam verstehe ich die sadistischen Adern meiner ehemaligen Lehrer. So manch einer ihrer Charakterzüge muss entstanden sein, als sie uns schwitzend über einer Klausur brütend sehen mussten. Es ist schon etwas anderes, den Prüflingen über die Schultern zu schauen und ihre Fehler direkt zu sehen, als selber schwitzend im Raum zu sitzen und zu versuchen, sich an das Gelernte zu erinnern. Der Test, der dabei in unserem Kurs zu schreiben war, war eher einfacher Natur. Im Schnitt war er locker in einer Stunde zu bewältigen und die Übungen waren einfache. Wenn ich dagegen an gewisse Kanjiprüfungen denke, wo 260 Kanjis zu wissen waren und die Aufgaben in der Größenordnung gestellt wurden, dass man nur Sekunden zum Überlegen hatte, dann waren wir wirklich human.
Aber nun zur kurzen Beschreibung: Japanische Klausuren laufen anders als in Deutschland ab. Man hat einen Vordruck und muss bei diesem nur Freistellen ausfüllen. Damit man diese auch ändern kann, ist das Verwenden von Bleistiften zu meiner großen Überraschung ebenfalls gestattet und kein Student nutzte einen Kugelschreiber. Die Aufgaben umfassten das Deklinieren, das Übersetzen mehrerer einfacher Sätze ins Japanische, eine Leseverständnisaufgabe und eine kurze Vorstellung der eigenen Person. Als Abschluss gab es dann noch eine Hörübung. Solange es bei den Auswendiglern-Aufgaben blieb, gab es für die Meisten dann auch kein Problem. Ich habe so ein wenig das Gefühl, als ob Japaner die Könige im Auswendiglernen sind. Dabei entsteht aber das Problem, welches sich bei den Anwendungsaufgaben zeigte. Schon vor einigen Wochen hatte ich bemerkt, dass meine Studenten zwar das Alphabet aufsagen können, wenn es aber nicht in der Gruppe oder gar aus der Reihe geschehen soll, dann haben sie große Probleme. Dies hängt mit der Besonderheit der Japaner zusammen, dass hier im seltensten Fall mal Aufgaben einzeln gelöst werden müssen. Im Selbstverständnis des Lehrens hierzulande ist das Wiederholen das geeignetste Lehrmittel und dabei sollen alle sprechen. Wenn einer dabei aber Fehler macht, ist es für die Lehrkraft fast unmöglich, diese eine Person herauszufiltern und sie zu berichtigen. Dementsprechend hat auch mein Kurs einige Schwächen wie zum Beispiel, dass einige meiner Studenten einzelne Buchstaben falsch schreiben. Da sie mir aber ihr Geschriebenes nie zeigen müssen, bleibt mir nur, vor dem Unterricht durch die Reihen der Lernenden zu gehen und ihnen da Tipps zu geben.

Das erste Problem war die eigene Vorstellung. Einige Studenten waren der Meinung, mit ihrem Wissen angeben zu müssen. Natürlich kann man bei Sachen, die einem gefallen, die eigentlichen Interessen angeben. Wieso sie dann aber versuchen, Hardcore Techno oder spezielle schwere Worte wie Ingenieur zu schreiben, wenn sie auch einfach Musik und Technik (von der Professorin vorgegebener Begriff für alle technischen Fachrichtungen) benutzen könnten, muss man nicht verstehen. Wobei, ich verstehe es, weil ich es in meinen Sprachkursen früher genauso gemacht hätte und vermutlich genauso viele Fehler wie meine Studenten eingebaut hätte. Trotzdem finde ich es interessant, wie anders ich doch in solcher Situation denke, obwohl ich erst ein halbes Jahr unterrichte. Die weit schwerere Aufgabe war aber eine andere. Im Hörverständnis reichte es, wenn die Studenten einen sechsmal genannten und dabei zweimal buchstabierten Namen aufschreiben konnten. Wie sich zeigte, schauten die wenigsten von ihnen Fußball und so zerstörte Deutschlands defensives Mittelfeld, in Form von Herrn Schweinsteiger, die Träume von 85 Prozent meiner Studenten, eine perfekte Note zu bekommen. Eigentlich hätte denen doch klar sein müssen, dass irgend ein Thema mit Fußball kommt, so oft wie meine Professorin die WM erwähnt hat. Beim Buchstabieren zeigten sich dann zwei große Probleme: Der Unterschied zwischen einem B und einem W war für die meisten Studenten einfach nicht zu hören und auch das L oder R konnten sie nicht unterscheiden. Zu sehr sind die Japaner in ihrer Katakana-Umschrift gefangen, die bei diesen Tönen keinen Unterschied macht.

Auf jeden Fall hatte ich dieses Semester meinen Spaß und meinen Studenten scheine ich auch gefallen zu haben, denn nächstes Semester bekomme ich noch einen Kurs extra. Ich muss sagen, ich freue mich schon darauf, denn es macht schon Spaß. Und was ich lerne, weil ich vor dem Kurs reden und präsentieren muss, kann ich auch garantiert später noch einsetzen, um Präsentationen zu halten.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/reik-der-oberlehrer/

Wieder mal Probleme mit der Technik

Was würde ich ohne die globalisierte Welt machen! Es hätte ein ganz normaler Tag werden können. Nachdem ich anfänglich den Fehler machte, meine neuen Unterlagen kreuz und quer auf dem Rechner zu lagern, entschied ich mich, endlich mal Ordnung in die Doktorarbeitsunterlagen zu bringen und ein Forschungsbuch anzulegen. Während ich vor mich hinschreibe, Dateien ordne und umbenenne, passiert es plötzlich: ich kann kein g und kein h mehr schreiben. Insgesamt fünf Tasten geben ohne ersichtlichen Grund den Geist auf und ich kann das Arbeiten vergessen. Was mache ich nur? Japanische Tastaturen haben ein anderes Tastaturlayout und sowieso, wenn ich einen Laptop habe, will ich diesen auch benutzen. Da ich die Tastatur kurz vor Japan schon einmal austauschen musste, wusste ich wenigstens, wie man diese leicht aus dem PC bekommt. Eine kurze Untersuchung und bange Minuten später ergeben einen komischen braunen Film auf dem Tastaturflachband. Mittlerweile habe ich einen Puls von 200. Alle Stromquellen vom PC getrennt, PC eingepackt – das soll sich ein Experte anschauen. Auch in Japan gibt es schließlich die guten alten Minicomputerläden. In Deutschland sind es diese, die im besten Fall einen echten Bastler als Besitzer haben, welcher sich die Situation für einen Obolus einmal anschaut.

Einen langen Fußmarsch später habe ich 5 verschiedene dieser Läden abgesucht und keiner hat auch nur das kleinste Fünkchen Ahnung von der Materie. Wieso soll ich eigentlich nicht gleich bei den großen Discountläden kaufen, welche die Stadt hat, die jeden PC zur Hälfte anbieten, wenn der einzige Mehrwert der kleinen Läden, die kompetente Beratung, hierzulande wegfällt?

Schweren Herzens entschied ich mich dafür, erst einmal selber eine Reinigung zu versuchen. Mit Reinigungsalkohol aus einem Labor an der Uni setzte ich mich mehrere Stunden hin und kümmerte mich um den PC, aber auch diese Sache brachte nicht die erhoffte Lösung. Eine externe Tastatur musste her und wie heißt der schöne Spruch noch einmal: wer billig kauft, kauft zweimal. Die Tastatur war gut verpackt und erschien auf dem Karton größer, als es in der Realität der Fall war. Mit europäischen Wurstfingern schafft man es dabei leicht, mehrere Tasten auf einmal zu treffen. Während ich noch mit dem Schicksal haderte, bestellte mein Vater auf meine Bitte eine neue Tastatur für den Laptop in Deutschland. Nun geschah das Seltsame. Während ich aus Versehen die Tastatur meines Laptops nutze und nicht die neue externe Tastatur, funktionierte auf einmal die Laptoptastatur wieder. Wie das angeht, ist mir total unklar. Nach dem Anstellen war die Tastatur erst für fünf Minuten nicht zu benutzten und dann, wie auf Zuruf, entschieden sich die Tasten, wieder mit mir zu arbeiten. Dies war zwar schon besser als vorher, aber auf Dauer nervig. Irgendwann ging es dann wieder gar nicht mehr. Die Rettung kam aber innerhalb von zwei Wochen nach dem Start des gesamten Problems in Form eines Paketes aus Deutschland und die neue Tastatur hauchte meinem PC ein neues Leben ein. Nun kann ich nur hoffen, dass dieses Mal vielleicht meine beiden PCs den Japanaufenthalt überstehen, nicht wie 2010, wo ich gleich zwei Opfer zu beklagen hatte. Auf diesem Weg auf jeden Fall noch einmal Danke für das schnelle Carepaket. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das früher ohne Skype und Fünf-Tage-Versand zwischen Deutschland und Japan funktioniert hat, wenn man dringend Unterstützung benötigte.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/wieder-mal-probleme-mit-der-technik/

Warum studiert ihr eigentlich Deutsch?

Eine der Sachen, welche sich durch meinen Lehrerberuf geändert haben, ist, dass ich heutzutage mehr darauf achte, was die Studenten antreibt, ihre Fächer zu studieren und auch Sprachen zu lernen. Man merkt den Unterschied zwischen den Studenten, welche nur Deutsch lernen, weil sie für ihr Studium eine Sprache benötigen und denen, welche einen Aufenthalt in dem Land planen, schon ziemlich stark. Besonders die Studenten, die einen Deutschlandaufenthalt planen, stellen viel mehr Fragen. Und was mich natürlich besonders freut: Sie hören aufmerksamer zu, was ich in meinen Deutschlandvorträgen so erzähle. Vor ein paar Tagen hatte ich die interessante Möglichkeit zu hören, warum einige meiner Mitstudenten sich für Deutsch entschieden haben und die Gründe sind wirklich abstrus. Zum einen gibt es das Problem, dass die Eltern erwarten, dass man studiert und dass dadurch auf jeden Fall die Entscheidung für ein Feld fallen muss. Nach einer groben Orientierung in eine Studienrichtung, also Naturwissenschaften, BWL, Medizin oder Philosophische Fakultät, hat man ein Jahr Zeit, sich für ein Fach zu entscheiden. Einer meiner Mitstudenten mochte nun deutsche Bands wie Rammstein oder Kraftwerk und nahm dies zum sehr schlüssigen Anlass, doch die Sprache zu studieren. Die nächste ist begeistert von deutschen Autos. Ein Charakter in einem Anime fährt einen Volkswagen Käfer und dieser gefällt ihr so gut, dass sie mehr über Deutschland lernen will. Eine dritte Begründung war das deutsche Brot. Eine Studentin mag deutsche Backwaren und will auf diesem Weg lernen, wie man diese herstellt.

In meinen Augen stellt sich die berechtigte Frage, inwiefern bei solchen Gründen jetzt gerade das Lernen von deutscher Literatur der Weg ist, um diese Ziele zu erreichen. Ein breites Spektrum an Wissen über das Nibelungenlied oder Kafka dürfte jetzt nicht gerade dazu beitragen, dass die Personen besser in ihrem Bereich zurechtkommen. Im Endeffekt geben die Fragen nach der Zukunft der Beteiligten schon die notwendige Antwort. Ein Großteil will Beamter werden und dafür benötigt man nur einen Abschluss in einem Fach der Philosophischen Fakultät und da ist der Grund egal. Auch ansonsten verlangt ein Großteil der japanischen Berufe ein abgeschlossenes Studium, aber nicht unbedingt in einem vorgeschriebenen Fachbereich. Trotz allem muss ich sagen, ich habe schon seltsame Gründe gehört, warum man ein Fach studiert und seien es all die Lehramtsstudenten, die denken, dass Lehrer ja so viel Freizeit haben. Aber die Japaner schlagen wirklich alles. Man kann nur hoffen, dass in Deutschland das System nie so verwässert wird, wie es hier bei einigen Studenten passiert.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/warum-studiert-ihr-eigentlich-deutsch/