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Die deutsche Flagge am japanischen Fluss

Sendai_11_0Nur noch zwei Tage für Dennis und für uns ein guter Grund, noch einmal eine längere Fahrt zu unternehmen. Aus diesem Grund ging es für uns heute zurück nach Hiraizumi. Dabei wollten wir nicht Hiraizumi an sich besuchen, sondern unser Ziel waren die Flüsse um Gembikei und Geibikei. Das Problem war leider, dass wir für die Strecke einige Zeit brauchten. Auf der einen Seite war es gut für uns, etwas Entspannung zu haben, auf der anderen Seite lag unsere Ankunft etwas ungünstig. Direkt nach unserer Ankunft in Ichinoseki suchten wir erst einmal die Touristeninformation auf. Dort erwartete uns eine total überforderte Japanerin. Ausländer!!! In der Nebensaison hatte sie so etwas nicht erwartet und dann kann sie doch kein Englisch. Erst als ich auf Japanisch antwortete, war sie total erleichtert. Überglücklich erklärte sie uns alles, ohne zu vergessen, zehn Mal in drei Minuten meine Japanischkenntnisse zu loben. Wenn man etwas Egoschmeichelei benötigt, dann ist Japan wirklich das beste Land der Welt. Sobald man auch nur drei Sätze in der Landessprache sagen kann, wird man für seine Sprachkenntnisse von allen Seiten gelobt, da die Japaner ihre Sprache selber als zu schwierig bewerten.

Sendai_11_7Aufgrund unserer Ankunftszeit standen wir nun vor einem Problem: Eigentlich wollten wir zuerst Geibikei sehen, aber dafür hätten wir 1,5 Stunden auf dem Bahnhof verbringen müssen. Kurzerhand ging es nach Gembikei, was allgemein als weniger schön angesehen wird, mir aber fast noch besser gefällt, da es sich um eine Kliffstruktur mit Wasserschnellen handelt. Als besonderes Highlight wird in allen Reiseführern der Verzehr von Dangos am Flussufer genannt. Dafür ist eine Seilbahn über den Fluss gespannt, wo man das Geld in einen Korb hineinwirft und dann eine Packung Dangos, japanische Reisbälle mit Soße, in diesem Korb geliefert bekommt.
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Natürlich wären wir nicht wir, wenn dabei nicht etwas passiert wäre. Um uns herum sammelte sich eine Schar japanische Rentner, die beobachten wollten, ob wir das Bestellen auch hinbekommen. Es klappte alles ohne Probleme. Der Koch war aber durch die Menschenmassen auf uns aufmerksam geworden und er erkannte, dass wir Ausländer sind.
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Kurzentschlossen wedelte er mit der amerikanischen Flagge, als Frage ob wir von da stammen. Im Anschluss folgten die deutsche und die britische Flagge, während die Rentner ihm zu erklären versuchten, dass die deutsche Flagge richtig war. Irgendwann reichte es mir und ich nutzte einfach meinen Körperbau und schrie zur anderen Seite und damit zum Koch hinüber, dass wir Deutsche wären. So wurde die deutsche Flagge gehisst und der Korb mit einer japanischen und einer deutschen Flagge versehen zu uns zurückgeschickt. Sendai_11_8Um das Ganze zu untermalen, spielte man für uns sogar noch im Restaurant auf der anderen Seite die deutsche Nationalhymne ab. Als ob das nicht genug war, erhielten wir für unseren Mut noch eine Portion gratis dazu, so dass wir beide nicht teilen mussten, sondern jeder seinen eigenen Snack am Flussufer genießen konnte.

Nachdem wir im Anschluss noch einige Bilder gemacht hatten, ging es dann auch noch rüber zur Schlucht von Geibikei. Leider hatten wir aber von der Touristeninformation veraltete Informationen bekommen und die letzte Bootstour des Tages war kurz vor unserer Ankunft gerade gestartet. So war der Tag nicht ganz perfekt, die Zeit in Gembekei entschädigte aber dafür ohne Probleme und wir hatten trotzdem einen sehr schönen Tag.

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Shiroishi

Dennis Urlaub geht in die letzte Woche und es stellt sich die Frage, ob wir noch mal die Location ändern. Auf der einen Seite wollten wir die Westküste sehen und Akita besuchen, auf der anderen Seite würde der Umzug durch die Fahrerei sehr viel Zeit kosten und da Dennis sich nicht wirklich entscheiden konnte, würde es auch komplizierter mit den Hotels werden. Da wir eh noch nicht alles gesehen haben, entschieden wir kurzerhand, die Ausgangsbasis in Sendai zu behalten. So konnten wir also entspannt in die letzten Tage gehen.

Nachdem gestern Abend endlich diese Situation geklärt war, fiel die Entscheidung für unseren nächsten Tagesaufenthalt auf Shiroishi, eine Stadt südlich von Sendai. So machten wir uns auf dem Weg, wobei wir, wie sich zeigte, einen imposanten Eindruck mit unseren kurzen Hosen machen. Die letzten zwei Wochen haben uns gezeichnet. Dennis Arme und Beine sind von Mückenstichen übersät und dazu kommen zwei weitere kleinere Wunden. Bei mir sind noch einmal genauso viele Mückenstiche zu finden und dazu die Lädierungen des Vortags. In Shiroishi angekommen, wurden wir darauf auch erst einmal von zwei Wildfremden angesprochen, welche von uns die Bestätigung haben wollten, dass Japan eindeutig zu viele Moskitos hat. Schlimmer an dieser Sache ist eigentlich, dass in Japan gerade ein Tropenfieber ausgebrochen ist, welches durch Mücken verteilt wird. Dies betrifft momentan aber nur Mücken in einem bestimmten Bereich von Tokyo. Trotzdem bat man uns aufzupassen und bei Fieber doch bitte gleich den Arzt aufzusuchen. Dass wir so schlimm aussahen, war mir bis zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht bewusst.

Sendai_10_0Shiroishi selber zeichnet sich durch ein altes Schloss aus. Zu Zeiten Date Masamunes Herrschaft über Sendai war die Tohoku-Region die einzige, in der der Herrscher Schlösser in zwei Städten errichten ließ, eines in Sendai und eines eben in Shiroishi. Dieses Schloss wurde zwar schon vor Jahrhunderten zerstört, aber im Jahr 1995 wurde es nach alten Plänen wieder neu errichtet. Aufgrund seiner Rekonstruktion rein nach historischen Vorgaben und unter der Leitung von Historikern, gilt es als das am genauesten rekonstruierte Schloss Japans. Das zeigte sich auch im Schloss selber. Zwar fehlte es an Interieur, aber es war ziemlich beeindruckend. Das Fehlen war aber ein Wermutstropfen. Ein Schloss mit Einrichtung ist einfach besser als ein leeres. Dafür konnte man traditionelle Kleidung anziehen. Wir hatten dabei
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unseren Spaß, wobei Dennis die Sachen besser passten, da sie für japanischen Größen angefertigt wurden, also nicht unbedingt für europäische Standardgrößen geeignet war. Auf dem Dach angekommen, hatte man einen ziemlich guten Überblick über die Stadt und in der Entfernung konnte man den Vulkan Zao sehen. Im Schlosshof sammelte sich zu diesem Zeitpunkt gerade eine Gruppe Rentner, welche untermalt von einer Flöte, Sendai_10_4anfingen zu singen. Als sie danach für sich selber klatschten entschieden wir mitzumachen. Das entdeckte jemand und die Rentner fühlten sich dazu veranlasst, uns über den Hof hinweg zu grüßen. Später erkundigten sie sich sogar beim Museumswärter, wo wir denn herkommen, da sie sich nicht trauten, uns anzusprechen.

Sendai_10_5Im Weiteren Sendai_10_6ging es für uns dann noch durch die Stadt, die noch einiges bot. Wir fanden zum Beispiel ein Samuraihaus, welches einen sehr schönen Garten hat. Im Anschluss suchten wir noch einige Tempel auf, welche leider nicht einmal in den Werbeprospekten der Stadt auftauchten. Das ist eine Schande, da diese wirklich schön waren und die Wanderung sich wirklich lohnte. Nur ein Problem gab es: Auf der Suche nach einem Tempel gab es zwei Wege – eine normale Straße und ein kleiner Pfad den Berg hinauf. Wir stimmten ab und unter Protest folgte ich Dennis auf den kleinen Pfad. Den nahmen wir nur, weil Dennis die Bambuspflanzen mochte. Der Weg führte über einen Berg, auf dem ein Friedhof angelegt war. Allein deshalb lohnte es sich schon, aber leider gab es eine Mückenplage. Wir schafften es gerade noch so raus, hatten aber im Endeffekt pro Person rund 14 Stiche mehr als vorher. Jetzt sehen wir noch schlimmer aus, als vor dem heutigen Ausflug. So verbrachten wir den Tag in Shiroishi und ich muss sagen, wer nach Sendai kommt, sollte den Abstecher machen, weil Sendai_10_7Sendai_10_8die Stadt eine gute Ergänzung zu Sendai dar stellt. Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich muss Mückenstichgel über meinem Körper verteilen!

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Der Tag fällt ins Wasser

Manchmal habe ich einen gewissen Hang zur Selbstzerstörung, heute war mal wieder so ein Tag. Es startete schon beim Frühstück. Während mein Gast und meine Mitbewohnerin noch ruhig Sendai_09_0vor sich hin schnarchten, war es meine Aufgabe, für Frühstück zu sorgen. So stand ich also in der Küche und machte französischen Toast. Dabei spritzte ein wenig Öl hoch und erreichte meinen Arm nahe den Pulsadern. Was ich noch als Kleinigkeit betrachtete, sollte etwas später eine Brandblase werden. Immerhin, als das Essen fertig war standen die Beiden auch langsam auf, nur um mir zu erklären, sie seien ja schon lange wach und wo denn das Problem läge. Tja, das Problem stand am Bahnhof in Form von Masami, welche heute mit uns nach Akiu fahren wollte. Wir dagegen schafften es erst eine Minute vor Abfahrt zum Bahnhof und hätten dadurch sogar fast den Bus verpasst.

Sendai_09_4Akiu ist ein Gebiet, geprägt durch viele heiße Quellen und solche wollten wir besuchen, weil Dennis seinen Spaß an ihnen gefunden hat. Zuerst sollte es aber zu einem Wasserfall gehen. Dieser war ziemlich beeindruckend und den geballten Wassermassen so nah zu sein, hatte etwas und es stellte einen perfekter Fotospot dar. Leider musste man zu diesem Zweck über viele Steine klettern. Am Anfang war dies kein Problem. Sowohl Sendai_09_1den Hauptwasserfall als auch einen zweiten kleineren konnten wir leicht erreichen. Erst der dritte Aussichtpunkt sollte mein Verhängnis werden. Dennis und Masami gingen vor, während Orsolya zurückblieb. Ich entschied mich, den beiden zu folgen und erreichte einen Punkt, wo ich den kleineren Wasserfall überqueren musste. Ein großer Schritt und es wäre geschafft. Schon auf den ersten Blick hatte ich Sendai_09_5das Gefühl, etwas wird schief gehen. Dennis erschien und meinte „geh etwas höher und spring“. Ich folgte seinem Rat, nur um auf eine glitschige Stelle zu treffen, wo ich ausrutschte und mich halb in den Wasserfall schmiss – inklusive meiner Kamera. Schnell die Kamera hochreißend, konnte ich bei dieser schwere Schäden verhindern, nur Sendai_09_2mein Finger und einige Schürfwunden minderten den Eindruck. Ich unterließ es, den dritten Punkt zu erklimmen und begab mich lieber zurück zum Ausgangspunkt, wo ich meine Sachen trocknete und die Wunden versorgte. Zum Glück war nichts Schlimmeres passiert, nervig war es trotzdem. Fotografen leben gefährlich!

Nach dem Wasserfall entschieden wir, nicht eine Stunde auf den Bus zu warten, sondern zu den Onsen zu laufen. Auf der Karte sah das alles so leicht aus. Mehrere Kilometer und über eine Stunde später waren wir nicht mehr so überzeugt. Besonders die Frauen waren nicht begeistert. Nicht einmal Weintrauben, die wir bei einem begeisterten Bauernpaar kauften, Sendai_09_3konnten sie überzeugen, noch weiter zu laufen. Das hat man nun davon, mit Frauen spazieren zu gehen! Nach der halben Strecke blieb uns nichts anderes, als den Bus zu nehmen. Endlich an einer Onsen angekommen, entspannten wir noch etwas im warmen Wasser. 30 Grad draußen und 40 Grad im Wasser ist zu warm, aber es war angenehm. Besonders die Außenabteile hatten etwas, auch weil man aus einer der Onsen einen Wasserfall sehen konnte. Persönlich hatte ich ja für heute aber eigentlich genug von Wasserfällen. Morgen bleiben wir dann hoffentlich auf trockenen Flächen.

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Im Wasserkraftwerk

Dennis, heute machen wir mal was ganz Sendai_08_0Neues! Was denn? Heute entscheidest du mal, wo wir hingehen und ich folge dir einfach, beziehungsweise zeige dir den Weg. Wozu habe ich dir schließlich die verschiedenen Führer für Miyagi hingelegt? Ja, aber woher soll ich denn wissen, wo wir hingehen? Während Dennis noch dastand und versuchte, sich zu Sendai_08_1rechtfertigen, übernahm ich im Endeffekt doch wieder die Führerrolle und zuerst ging es zum Hachimanschrein. Der örtliche Schrein muss schließlich besucht werden. Danach standen wir vor dem Problem, was wir nun tun wollen. Auf der einen Seite wollten wir Orsolya mitnehmen, die noch arbeiten musste und auf derSendai_08_2 anderen Seite hatten wir eigentlich Pläne außerhalb der Stadt. Ein wandelndes Wörterbuch war uns dann aber doch zu wertvoll und so entschieden wir, erst einmal in Richtung Stadtpark zu gehen und auf sie zu warten. Im Stadtpark fand wie jede Woche ein Fest statt, wodurch wir uns ziemlich gut unterhalten fühlten. Im Vergleich zur letzten Woche war es sogar Sendai_08_3größer und mit vielen Livebands untermalt, was aber durch die Hitze und fehlenden Schatten nicht so viel Spaß war, wie es eigentlich hätte sein sollen. Kurzerhand ging es weiter und wir warteten im MafuMafu auf Orsolya, welche leider zu viel Zeit brauchte und uns dadurch zwang, unsere Pläne umzustellen. Im Endeffekt erwies sich diese Umstellung aber als Gold wert.

Aufgrund der späten Stunde ging es für uns nun doch nicht aus der Stadt heraus, sondern wir entschieden uns für eine Stadtrundfahrt. Auf dieser fanden wir ein historisches Wasserwerk, welches unseren Wasserwirtschaftler sofort ansprach. Leider gab es nur ein Problem, welches uns schon beim Aussteigen mitgeteilt wurde: Das Kraftwerk war schon zu. Was also machen? Wir entschieden uns, trotzdem hinzugehen und stellten fest, dass der Einlass noch da war. Wir riefen ihm zu, ob er noch einen Flyer für uns hätte und er entschied, uns gleich komplett hineinzulassen. Wie sich herausstellte, war der Einlass gleichzeitig der Museumsleiter, welcher uns eine Stunde nach Schließzeit mit einer schnellen Privatführung beglückte. Wir waren natürlich begeistert und das zur Meiji-Zeit erbaute Kraftwerk hatte was. Er erklärte es sehr plastisch und versuchte immer wieder, die unterschiedlichen Mentalitäten der Deutschen zu den Japanern herauszustellen. Wie wir so ein Kleinod direkt auf unserem Universitätsweg nicht kennen konnten, frage ich mich wirklich. Im Endeffekt mussten wir zum Abschied sogar noch Fotos mit ihm machen und er wird uns auch ein paar Abzüge nach Hause senden. Was für ein Glück wir hatten, zeigte sich aber vor allem darin, dass er nach der Führung das Museum gleich abschloss und nach Hause ging. Wir waren wirklich auf den letzten Drücker gekommen und er bekommt jetzt bestimmt Probleme mit seiner Frau, weil er zu spät nach Hause gekommen ist.

Nachdem die Zeit jetzt doch schon fortgeschrittener war, ging es für uns zum Höhepunkt des Tages. Obwohl Dennis uns lange belegte, dass er ja eh keinen Unterschied schmecken würde, gingen wir doch zum Sushimeister nahe unserer Wohnung. Dieser freute sich über die internationalen Gäste, obwohl wir aufgrund von Kommunikationsproblemen zwei Stunden zu früh auftauchten. Als ich am Morgen reservierte, hatte ich für 18.30 Uhr bestellt, in Japan versteht man aber nur Zeiten bis 12, wodurch man mir sprachliche Fehler unterstellte und dachte, ich wollte erst um 8.30 Uhr einen Tisch.
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Allgemein wollte die Aushilfe mir eh keinen Tisch geben, da man schon ausgebucht sei, aber als der Chef mich sah, stellte er sofort fest, dass für mich natürlich Platz ist. Zwar war der Laden wirklich gerappelt voll, aber es wurden schöne zwei Stunden. Der Sushichef ist wirklich freundlich und das Essen einfach unschlagbar. Selbst Dennis musste im Anschluss zugeben, dass es einen Unterschied zu normalen Sushi gibt. Der Sushichef dagegen attestierte, dass er jetzt dank uns ein internationales Restaurant sei und versprach hoch und heilig, meinen Eltern beim nächsten Besuch etwas ganz Besonderes zuzubereiten. Ich bin gespannt und freue mich schon auf den nächsten Besuch!

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Wir finden alles

Watanoha, was ist Watanoha? Diese Frage werden sich viele stellen, die diesen Namen hören. Dabei handelt es sich um eine Weltstadt. Wikipedia benennt für den Bahnhof zwei Bahnsteige, die Nähe zur Autobahn 398, ein Rathaus, den Hafen und eine Postdienststelle. Wie man merkt, es ist nicht wirklich viel vorhanden in dieser Stadt, was Touristen anlocken würde. Trotzdem tauchten Dennis und ich heute dort auf und stellten das beschauliche Leben dort auf den Kopf. Aber ich berichte lieber von Anfang an:

Sendai_07_0Per Zug ging es heute zuerst nach Ishinomaki. Die Stadt ist den letzten Jahren durch das Erdbeben 2011 zu trauriger Berühmtheit gelangt, da sie durch ihre Meereslage schwer getroffen wurde. Aus diesem Grund sind die Zugverbindungen in das nahe Sendai immer noch eingeschränkt. So benötigten wir dann auch für eine eigentlich dreißig Minuten dauernde Fahrt über eine Stunde. Als Sehenswürdigkeit hat Ishinomaki eigentlich hauptsächlich ein Manga-Museum. Ein berühmter Maler Sendai_07_4von mehreren klassischen Mangas ist in dieser Stadt geboren, wodurch in der gesamten Stadt Statuen seiner berühmtesten Figuren aufgestellt wurden. Da wir persönlich diese Mangas aber nicht wirklich kennen, ging es für uns nur in einen Bergtempel. Wir mussten dafür zwar eine kleine Treppe mit 289 Stufen besteigen, aber Dennis und ich sind ja abgehärtet. Unser eigentliches Ziel war aber ein anderes. Gestern haben wir im Museum so viel über die Tsunenaga-Expedition gehört, bei der im Auftrag von Date Masamune, dem Herrscher von Sendai, eine Mission über Südamerika nach Spanien und Rom geschickt wurde, um Verträge über die Zusammenarbeit zwischen dem Westen und Japan zu schließen. Heute wollten wir den Nachbau des Schiffes ansehen, welches für die Überfahrt verwendet wurde.

In Watanoha angekommen, fanden wir gleich eine Karte, welche den Weg zum Schiff beschrieb. Eigentlich Sendai_07_1war es sehr einfach – geradeaus und dann an einer markanten Stelle rechts abbiegen, da kann ja gar nichts schief gehen. Tja, wenn wir unterwegs sind, ist alles ein wenig anders! Nachdem wir nach zwanzig Minuten immer noch kein Schild gesehen hatten, wo es denn nun weiter langgehen soll, fragten wir in einem Spirituosenladen nach dem Weg. Der Herr war zwar etwas überrascht, meinte aber, wir müssen geradeaus gehen und dann über die Berge, welche wir in der Entfernung sehen konnten. Das hörte sich ja schon vielversprechend an! Wir folgten also dem Sendai_07_2gezeigten Weg, bis wir auf eine Baustelle trafen, wo man uns ungläubig beäugte. Sicherheitshalber entschieden wir, noch einmal nachzufragen. Ein netter Bauarbeiter zeigte uns die Strecke auf dem Handy und erklärte, dass wir durch einen Tunnel durch müssen, welcher auf der Karte ziemlich weit erschien. Wir machten uns wieder auf den Weg und während ich mir noch überlegte, was er denn mit „viel Erfolg“ und „passt auf euch auf“ meinte, hielt sein Auto neben uns an und er überreichte uns ein Anpan – ein mit Anko (Rote Bohnenpaste) gefülltes Brötchen – überreichte und uns erklärte, dass uns dies als Stärkung für Sendai_07_6den Weg helfen soll. Ok, das war komisch!!! Ich bin es gewohnt, dass mir Japaner schon mal erklären, dass es ja sehr, sehr, sehr weit sei, aber dass ein Japaner mir Essen als Stärkung mit auf dem Weg gibt, das ist neu. Wie Dennis bestätigte, schmeckte das Brot sogar ziemlich gut. Während wir noch philosophierten, ob wir so verhungert aussehen oder der Weg so unmenschlich ist, fanden wir den Tunnel, welcher uns beschrieben wurde. Leider gab es nur ein Problem: Das Durchqueren per Fahrrad oder zu Fuß war leider nicht Sendai_07_3gestattet. Jetzt war guter Rat teuer! Per Anhalter funktionierte nicht wirklich, da fehlten uns die Argumente und einen Weg konnten wir auch nicht finden, wir hatten ja nicht mal ein Hinweisschild gefunden, welches den Weg beschrieb. Im Endeffekt griffen wir nach dem letzten Strohhalm und gingen zurück in Richtung Bahnhof, um auf dem Weg einen Bus zu finden, welcher uns zum Schiff bringen konnte. Leider waren wir nicht erfolgreich, sondern landeten wieder am Bahnhof. Als wir uns schon ein Ticket zurück besorgen wollten, entdeckten wir, dass der nächste Zug erst in zwei Stunden fährt. Zwei Stunden in diesem Kaff, das musste doch Sendai_07_5nicht sein! Zum Glück nagte die Niederlage bei der Suche nach dem Schiff eh noch an uns, so dass wir uns noch einmal auf die Suche begaben und diesmal eine kleine Straße hinter der Baustelle fanden, welche uns zum Museum führte. Natürlich mussten wir dazu wieder mal einen Berg hoch, aber was macht man nicht alles für ein Museum. Das Schiff selber lohnte sich wirklich. Es war gut restauriert, auch wenn ich meinen Kopf mehrmals an der Decke anschlug. Für die Japaner muss das alles einfacher gewesen sein. Was erwartet man auch, wenn die Leiter der Expedition Betten im Schiff hatten, welche gerade mal 1,30 Meter lang waren!

Nach der Besichtigung standen wir nur vor einem erneuten Problem: Wir hatten ganze 40 Minuten Zeit, um zurück zum Bahnhof zu kommen, sonst hätten wir doch noch zwei Stunden in dem Ort gehabt. Zum Glück schafften wir den Weg in Rekordzeit und nach all der Lauferei, konnten wir uns endlich im Zug in die Sitze fallen lassen und ausspannen. Wir hatten es uns redlich verdient!

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Touren durch Sendai

Hey Reik, wir können meinetwegen ruhig Sendai_06_2früher aufstehen. Ok Dennis, kein Problem! Um acht Uhr stand ich in Dennis Schlafzimmer und weckte ihn, nur um zu erfahren, dass er ja gleich aufsteht und ich nur kurz warten soll. Im Endeffekt kam ich eine halbe Stunde später wieder und versuchte es erneut, aber wieder mit dem gleichen Resultat. Das frühere Aufstehen blieb so bei 9.30 Uhr. Aber Dennis hat ja Urlaub und die Zeiten von 2006 sind vorbei, wo er um 7.30 Uhr zum Sendai_06_1Rapport stehen musste, um ja nichts von Japan zu verpassen. Und so machten wir uns halt etwas später auf den Weg durch Sendai. Erstes Ziel des Tages war Rinnoji. Das ist ein Tempel nahe meines alten Wohnheims, der von einem wunderschönen Garten umgeben ist. Dieser Tempel ist auf jeden Fall immer eine Reise wert, für uns ging es aber bald weiter zum anderen Ende der Stadt – ins Stadtmuseum.

Sendai_06_3Das Stadtmuseum ist eines meiner Lieblingsmuseen. Die Ausstellungsstücke sind in der perfekten Menge beschriftet und die Vitrinen sind weder überfüllt noch zu leer. Auch ansonsten kommt es meinen Vorstellungen eines guten Museums näher, als viele deutsche Museen. Während wir uns noch die ersten Stücke anschauen, schleichte sich auf einmal ein Japaner an uns heran und erzählte uns Geschichten über Sendai. Während ich noch überlegte Sendai_06_4was das soll, sah ich auf seinen Unterlagen, dass er ein freiwilliger Führer für Ausländer ist. Dass er eigentlich nur sehr wenig Englisch spricht, spielt da wohl keine Rolle. Auf jeden Fall waren wir von hier an in seinen Fängen und kamen nicht mehr weg. Der Einlass hatte nach ihm gerufen, da man der Meinung war, dass wir nicht in der Lage sind, das Museum genug wertzuschätzen. So entwickelte sich eine zwei Stunden lange Tour durch das Museum, bei der wir einiges NeuesSendai_06_5 hörten. Nachdem wir im Museum gehört hatten, wie Date Masamune die Stadt regiert hat, entschieden wir, auch gleich noch dessen Grab aufzusuchen. Das Grab hatte selbst ich noch nicht gesehen und es zeigte sich, dass das ein großer Fehler war. Die Grabanlage war sehr imposant, auch wenn man viel zu viele Stufen dafür erklimmen musste.

Nach unserem Ausflug durch die Sendai_06_7Geschichte der Stadt ging es weiter in Richtung Innenstadt. Dort erwartete uns ein etwas anderer Ausflug in die Kultur Japans. Wir trafen Masami, welche uns in ein sehr gutes Restaurant für Spezialitäten aus Iwate, der Nachbarregion Sendais, führte. Im Anschluss entstand eine längere Diskussion. Drei Leute wollten zum Karaoke, Dennis hatte eine absoluteSendai_06_6 Antihaltung. Erst nachdem ich ihm erklärt hatte, dass er zu diesem Thema keine Stimme hat, konnte es losgehen.
Was soll man sagen, für jemanden, der sich mit Händen und Füßen verteidigte, gefiel es ihm schneller, als wir es erwartet hatten. Dennis hatte so viel Angst, in einem Karaoke-Restaurant zu landen, wo er vor vielen Menschen singen muss. Er hatte gar nicht an die Möglichkeit gedacht, dass es sich um ein Sendai_06_8Zimmer handeln könnte, wo nicht mehr als vier Leute ihn hören können. Im Endeffekt lösten sich deshalb aber seine Hemmungen schnell auf und er sang er fast mehr, als wir anderen. So hatten wir alle unseren Spaß und machten uns einen schönen Abend auf vollkommen japanische Art.

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Shiogama und Matsushima

Sendai_05_4Es gibt Orte, da kann man immer noch etwas Neues entdecken. Matsushima ist einer dieser Orte. Als eine der angeblich drei schönsten Buchten Japans hat Matsushima aber mehr zu bieten, als nur die Aussicht und Inseln. Es gibt dort auch einen Botanischen Garten auf einer dieser Inseln. Um zu dieser zu gelangen entschieden wir, zuerst den Umweg über Shiogama zu machen. Dort gibt es einen sehr gut aussehenden Tempel für die Sendai_05_9Fruchtbarkeit und für das Aufwachsen von Kindern. Um zu diesem zu gelangen, muss man zwar „einige wenige“ Treppenstufen nehmen, Dennis und ich sind aber mittlerweile so austrainiert, dass es auf die paar auch nicht mehr ankommt. Im Anschluss an den Tempel ging es zum Hafen, wo wir per Fähre nach Matsushima übersetzten. Auf dieser erwarteten uns Sendai_05_1zwei Überraschungen: Auf der einen Seite waren wir die einzigen Menschen, welche sich an der frischen Luft aufhielten. Es war perfektes Wetter mit Sonnenschein und der Ausblick lohnte sich, weshalb wir dieses Verhalten nicht verstanden. Weiterhin fehlten alle Möwen. Seit Jahren gelten Möwen als das Symbol von Matsushima. Auf den Fähren gibt es dazu eine besondere Beschäftigung. Sendai_05_5Die Besatzung verkauft Kekse, welche man an die Möwen verfüttern kann. Diese sind soweit an Menschen gewöhnt, dass sie die Kekse sogar direkt aus der Hand der Anwesenden fressen. Heute war davon aber rein gar nichts zu sehen. Wie sich zeigte, ist Matsushima zu sehr von Möwen überlaufen, dass deren Ausscheidungen bereits die örtlichen Kiefern beschädigt haben. Aus diesem Grund wurde für dieses Jahr ein Fütterverbot beschlossen, welches für den Möwenexodus verantwortlich ist.

In Matsushima ging es für uns dann zuerst auf die Insel mit dem Botanischen Garten, wobei Botanischer Garten übertrieben ist. Eigentlich handelt es sich mehr um eine normale Insel, auf der mehrere Wege angelegt sind, über die man die Insel besichtigen kann. Dabei sind im seltensten Fall die Pflanzen beschriftet. Trotz allem schafften wir es auf diesem Weg, eine für Dennis komplett unbekannte Seite von Matsushima zu besichtigen.

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Sendai_05_2Im Anschluss an Matsushima ging es dann zu einem sehr lang erwarteten Abendessen. Wie kann es sein, dass Dennis jetzt schon über eine Woche da ist und noch kein Okonomiyaki hatte? Das musste geändert werden! Dabei überschätzten Sendai_05_3wir aber unsere Essfähigkeiten etwas. Bei drei großen Okonomiyaki waren selbst wir hart an unseren Grenzen, so dass wir mehr oder weniger nach Hause rollen mussten. Lecker war es aber trotzdem, da überlebt man auch das Überessen mal.

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Hiraizumi

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Der heutige Tag hatte ein etwas entfernteres Ziel für uns zu bieten. Nachdem wir schon einiges in der direkten Umgebung von Sendai gesehen haben, galt unsere Aufmerksamkeit dieses Mal dem Weltkulturerbe Hiraizumi. Für mich war dabei besonders interessant zu sehen, was sich in der Stadt getan hat, seit sie in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde, befand sie sich bei meinem letzten Besuch doch noch in der Bewerbungsphase.

Hiraizumi selber war zwischen 800 bis 1100Sendai_04_4 eines der Zentren der Kultur des alten Japans. Aus archäologischer Sicht lässt sich feststellen, dass in Hiraizumi die drittgrößte Dichte an chinesischen Porzellanfunden in ganz Japans feststellbar ist. Chinesisches Porzellan ist dabei ein eindeutiges Zeichen für Reichtum. Mit den Jahren verfiel der Ruhm der Stadt aber zusehends und heute handelt es sich nur noch um einen sehr kleinen Ort, der eigentlich Sendai_04_3nur von seinen Sehenswürdigkeiten lebt. Diese Sehenswürdigkeiten sind der alte Kaiserpalast, der selber nicht mehr steht, aber der Palastteich und einige Tempel um ihn herum sind zu besichtigen. Weiterhin ist die größte Sehenswürdigkeit der sogenannte goldene Tempel, ein aus Gold hergestellter Tempel, welcher dank Restauration heute noch in einem Museum besichtigt werden kann.

Die Fahrt nach Hiraizumi war für uns Sendai_04_6ziemlich abenteuerlich, da wir komplett falsche Informationen hatten. Was laut Schaffner in Sendai ein durchfahrender Zug sein sollte, stellte sich als Fahrt mit drei Zügen und ewigen Umsteigezeiten in kleinsten Orten heraus. Hiraizumi war ziemlich schick anzusehen, aber seit der Ort Weltkulturerbe ist, ist kein deutscher Touristenführer mehr vorhanden. Den alten einfachen Touristenführer hatte meine Freund Thomas übersetzt Sendai_04_5und nach Aussage der Touristeninformation konnte er im Rahmen der Umgestaltung in eine hochwertigere Ausführung nicht übernommen werden. Das ist ein sehr schwerer Verlust, denn die Qualität dieser Übersetzung war doch ziemlich gut. Neben der Tatsache, dass die Sehenswürdigkeiten die Reise wert waren, machten wir uns in Hiraizumi aber auch neue Freunde. Orsolya ist in ihrer Eigenschaft als Englischlehrerin immer auf der Suche nach falschen englischen Aushängen,Sendai_04_1 von denen es in Japan viel zu viele gibt. Diese wertet sie dann mit ihren Schülern im Unterricht aus. Aus diesem Grund nahm ich beim Tempel ein Foto eines Ausgangsschildes auf, welches auf Japanisch erklärte, dass die Tür nur von einer Seite öffnet, also kann man nicht mehr in das Museum zurück. Auf Englisch dagegen sprach es nur davon, dass die Tür außen geschlossen sei. Eine Aussage, aus der man dasselbe schlussfolgern kann, aber halt nichtSendai_04_8 muss. Auf jeden Fall machte ich für sie ein Foto und wir gingen weiter zum Tempel. Nachdem wir mit dessen Besichtigung fertig waren, kam auf einmal eine Angestellte auf uns zugerannt. Sprecht ihr Japanisch? Ja, ein wenig. Wieso? Warum habt ihr vorhin ein Foto gemacht? Als ich noch dachte, was ich nun wiede angestellt habe, erklärte sie, dass sie Sendai_04_7gerne wissen würde, was falsch ist, damit sie es verbessern kann. So taten wir also unsere gute Tat des Tages und verbesserten das Englisch des Museums. Wir mussten es sogar noch niederschreiben, damit sie es auch ja verstehen. Schade eigentlich, dass ich mir das nicht gleich in den Lebenslauf schreiben lassen kann!

Im Anschluss ging es für uns ins Restaurant. Wir besuchten einen kleinen Laden mit mehreren älteren Damen. Sie boten Soba in sechs verschiedenen Schüsseln an, wobei man den Dip aus mehreren Zutaten selber zusammenstellen konnte. Dazu gab es noch selbstgemachten Reiskuchen, welcher das Geschmackserlebnis abrundete. Der Teil des Essens wir ziemlich gut. Sendai_04_9Problematischer war ein älterer Mann, der den Laden betrat, als Dennis mit dem Essen begann. Ich merkte schon, wie er sich uns immer mehr näherte. Auf einmal fing er im besten Dialekt an, uns Sachen zu erzählen und wir verstanden rein gar nichts. Auf unsere Hinweise reagierte er aber überhaupt nicht, schlimmer noch, er näherte sich Dennis immer mehr und war bald nur noch 10 Zentimeter von seinem Kopf und von seinem Essen entfernt. Die Besitzerin hatte sehr viel Mitleid mit uns und wies die Köchin an, das Essen des Mannes schneller zuzubereiten. Das warme Essen auf seinem Platz brachte ihn aber auch nicht aus der Ruhe. Mehr noch, er erklärte, er könne es ja auch kalt essen. Mehrfache Rettungsversuche liefen so ins Leere. Auf einmal hatte sie den richtigen Einfall: Als ich mir noch eine Ausrede einfallen überlegte, meinte sie auf einmal, dass er uns essen lassen soll, schließlich haben wir einen Zug zu erwischen. Zug, ja, das passte! Schnell sprangen wir auf, bezahlten und gingen los zu eben jenem. Eigentlich hatten wir zwar noch Zeit, aber die Penetranz des Herrn war einfach viel zu viel. Trotzdem nahmen wir einiges Positives mit von dem Ort und die vier Stunden im Zug haben sich auf jeden Fall gelohnt.

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Deutsche am Kochen

Es gibt Dinge in Japan, die will mein Verstand nicht verarbeiten. Wieso man unbedingt in vierzig Grad heißem Wasser oder wärmer baden muss, steht dabei mit ganz vorne auf der Liste. Trotzdem handelt es sich dabei etwas, dass Dennis und ich noch nie zusammen gemacht haben. Da Orsolya heute eh zur Uni musste, entschieden wir uns kurzerhand, einen Zug zu besteigen und die nahen Onsen in den Bergen um Sendai zu besuchen. Dabei ging es um genau zu sein nach Sakurami. Das ist ein Ort, der etwa 30 Minuten von Sendai entfernt liegt. Sakunami hat nicht viel mehr zu bieten, als ein paar Hersteller von traditionellen japanischen Puppen, welche hier per Hand bemalt werden, und drei Onsenhotels. Die Bedeutung des Ortes wird schon dadurch offenbart, dass der örtliche Bahnhof keine Mitarbeiter hat. Jeder noch so kleine Ort in Japan hat mindestens drei Mitarbeiter, da diese auch die automatischen Tore und die Fahrkartenautomaten überwachen müssen, nur Sakunami hat keinen einzigen. Noch nicht mal ein Automat ist zu finden, weshalb man an seinem Ziel erst einmal erklären muss, wieso man kein Ticket hat.

Am Bahnhof warten dann zwei Autos, Sendai_03_3welche die Besucher zu den örtlichen Onsen fahren. In den Onsen bekommt man dann erst einmal eine Yukata und muss sich umziehen. Hier schon beginnt eine Glaubensfrage: Lässt man die Unterwäsche an oder nicht? Eigentlich ist es jedenfalls nicht vorgesehen, aber die europäischen Gene wehren sich schon dagegen, nur in einem besseren Bademantel durch ein Hotel zu laufen. Im Erdgeschoss gibt es dann drei Bäder. Eines ist ein großes Indoorbad, welches zur Zeit unserer Sendai_03_2Ankunft nur durch Frauen nutzbar war. Das war uns ziemlich recht, denn dieses Bad bietet bis auf Platz auch rein gar nichts. Für die Männer standen dagegen zwei Außenbäder bereit. Eines davon war nur in einem Bereich mit dem Außenbereich verbunden und hatte mittlere Temperaturen. Vor dem Betreten des Bades muss man sich mit dem warmen Wasser reinigen und dann kann es schon losgehen. In Anbetracht meiner ganzen kleinen Mückenstichwunden war das Betreten schon eine Sache für sich. Gefühlt konnte ich jeden einzelnen Mückenstich, den ich Sendai_03_4dieses Jahr bekam, fühlen, aber der Körper gewöhnt sich doch schnell an die Hitze. Nur dass man das Bad nur nackt betreten kann, ist etwas ungewohnt, aber das gibt es in Saunas ja auch. Das zweite Bad war im Gegensatz zum ersten komplett im Freien und lag noch dazu direkt an einer Steilwand. Es schlägt einem schon beim Betreten des Areals eine Rauchwolke entgegen, welche durch das Treffen zwischen heißem Wasser und normaler Luft unweigerlich entsteht. Das Wasser hier war noch um einiges wärmer und nur Dennis schaffte es, dies für längere Zeit zu genießen, während ich mir eine kalte Dusche wünschte und nur noch die Beine ins Wasser halten konnte. Entspannend war das Ganze aber doch, auch wenn der Kreislauf nach einer Weile wirklich im Eimer war. Onsen sind also auch im Sommer eine Erfahrung und eigentlich empfehle ich es jedem, da es doch nicht mit deutschen Solebädern oder Ähnlichem zu vergleichen ist.

Nach einigen Stunden in der Onsen ging es zurück in die Stadt, wo wir dann erst einmal für Chaos sorgten. In einem Supermarkt war unser Calpis falsch im System hinterlegt und wir wagten es, die Verkäuferin darauf anzusprechen. 40 Yen sind schließlich auch Geld, wenn auch nur um die 30 Cent. Entsetzt schaute man uns an und rief verzweifelt nach dem Chef des Ladens, der aber beschäftigt war. Es entstand eine minutenlange Hektik, bei der die Verkäuferin ihre eigene Kasse demolierte und sie nicht wieder zusammengesetzt bekam. Erst mit meiner Hilfe gelang es, das Nummernpad der Kasse wieder an der selben zu befestigen. Das einfache Stornieren wurde zu einem reinen Chaos, da man mehr Angst vor uns hatte, als eigentlich nötig war. Ich vermute, die Verkäuferin fürchtete, dass sie uns etwas erklären müsse, wenn sie nicht schnell agiert und so verzettelte sie sich total und ließ die Prozedur immer länger dauern. Im Endeffekt mussten für die 40 Yen genau fünf Rechnungen ausgefüllt werden, ehe wir das Geld wiedererhalten konnten.

Sendai_03_5Im Anschluss an dieses Chaos, welches durch viele entschuldigende Verbeugungen beendet wurde, ging es für uns nach Hause. Auf dem Weg trafen wir auf eine rüstige Rentnerin in den Achtzigern, welche uns ansprach. Während Dennis aus unerfindlichen Gründen Fotos von einem langweiligen Hochhaus machte, fragte sie mich, was er denn da tue. Ich erklärte, keine Ahnung zu haben, und dass er ein seltsamer Deutscher sei. Diese Erklärung leuchtete ihr ein und wurde mit einem lauten Lachen quittiert. Im Anschluss liefen wir zusammen etwas in die selbe Richtung, was sie animierte, etwas mit uns zu reden. Dabei wurde sie immer schneller, weil ihr Bus gleich kommen sollte. Dennis staunte nicht schlecht, als die Dame auf einmal an ihm vorbeizog. Er behauptet zwar, dass er mit ihr mitgehalten hätte, wenn er gewollt hätte, aber im Endeffekt wurde er trotzdem kurz abgehängt. Während wir also so liefen, fiel der Dame auf einmal etwas auf: Wir sind ja riesig. Besonders ich müsse ja von meiner Mutter als Kind viel und gutes Essen gekocht bekommen haben, um solche Größe zu erreichen. Ich bestätigte ihre Ansicht, auch wenn ich darauf bestand, dass die Milch einen gewissen Anteil hatte. Sie lachte laut los und es war schade, dass wir bald die Haltestelle erreichten, denn Sendai_03_1mit der Dame zu scherzen hatte Spaß gemacht. Zu Hause angekommen ging es für uns dann noch in den Sushiladen. Bald will ich Dennis das beste Sushi von Sendai zeigen und dafür musste ich ihm erst einmal einen Vergleichswert bieten. Aber auch das einfache Sushi fand er sehr gut, was nicht verwunderlich ist, ist es doch besser als vieles Sushi, welches man in Deutschland erhalten kann.

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Mal wieder ein Fest

Sendai_02_0Nach dem Stadtfest am Vortag waren wir heute in eine Schule eingeladen. Schon seit Jahren reizt mich die Aussicht, einmal eine japanische Schule von innen zu sehen. Zu viel habe ich von den Lernmethoden und der fehlende Praxis im Unterricht gehört, aber auch von den außergewöhnlichen Bedingungen, auf die ein ehemaliger Schüler einer Schule im Erfurt II-Design nur andächtig schauen kann. So verfügen alle Schulen über separate Arztzimmer, wo kranke Schüler direkt behandelt werden können.

Eingeladen wurden wir von Orsolyas Sendai_02_1Arbeitskollegin, deren Sohn diese Schule besucht. So suchten wir zuerst diesen auf, um zu sehen, was sein Club so trieb. Sie verkauften Curry und er hatte gleich etwas Zeit, um uns das Gelände zu zeigen. Dabei kamen wir uns vor wie Zirkustiere. Jeder Japaner war begeistert, Ausländer zu sehen und man versuchte verzweifelt, uns vom Besuch der eigenen Stände zu überzeugen. So viel Einsatz sollte natürlich belohnt werden, so dass wir versuchten, möglichst viele Stände zu unterstützen. Das Fest verteilte sich dabei auf die 7 Etagen der Schule und ein Großteil der 1.000 Schüler war beteiligt. Neben Tanz- und Gesangsveranstaltungen in der Aula wurde in den wirklich gut ausgestatteten Klassenräumen einiges an Abwechslung geboten. Sendai_02_7Zu den Highlights für uns gehörte der Manga-Verkauf des Zeichenclubs. Die Clubmitglieder versuchten dort, selbst gemachte Comics an den Mann zu bringen. Weiterhin gab es beim Teeclub eine Teezeremonie zu besichtigen. Dennis erste Begegnung mit echtem japanischem Tee stand somit an. Ich persönlich fand es dabei eher bezeichnend, dass bei 10 Mädchen, welche uns bedienten, ich immer genau das eine vor mir hatte, welches als einziges einen blau-weißen Kimono anhatte. Selbst in Japan ist mein Geschmack bekannt! Weiterhin besorgten wir uns im Kalligrafieclub einen beschriebenen Fächer und von einem Kunstwerk im Kunstclub ließen wir uns ein signiertes Bild geben. Das Signieren war dabei eine Besonderheit unsererseits. Immer wieder überraschten wir die Japaner damit, dass wir an einer Sendai_02_9Personalisierung interessiert waren. Persönlich finde ich so etwas zwar sowieso immer besser, in Japan sind aber die Leistungen der Gesamtheit normalerweise im Vordergrund. Die Malerin des genialen Kunstwerkes, wovon wir ein Abbild kauften, wusste so zum Beispiel gar nicht, was sie denn bei einer Widmung so schreiben muss. Allen gemein war aber, dass sie sich sehr geehrt fühlten und sehr begeistert waren, dass die einzigen Ausländer auf dem Fest ihre Leistung anerkannten. Nur ein Stand sorgte bei mir für etwas Kopfzerbrechen: Es galt „Schere, Stein und Papier“ gegen Schüler zu spielen. Wer gewann, musste den Gegenüber mit einem Papierfächer schlagen, denn nur so galt der Sieg. Der Gegenüber konnte versuchen, den Schlag mit einer Flasche abzuwehren. Dabei wurde für uns auf Englisch Sendai_02_11gespielt, wobei nach den drei Formen noch einmal von eins bis drei gezählt wurde, ehe das Zeichen gezeigt wurde. Wir begannen alle gleichzeitig. Der erste Gewinner war ich. Dank meiner langen Arme war es ein Leichtes, die Abwehr meiner Gegnerin zu umgehen. Ich schlug so zu, dass sie kaum eine Chance hatte und das Spiel endete 2:1 für mich. Orsolya folgte mit einem weiteren 2:1, wobei bei ihrer Runde viel häufiger die Abwehr zum Einsatz kommen musste, da sich die beiden Kontrahentinnen nichts gönnten. Nur auf Dennis Ergebnis warteten wir vergeblich. Während wir uns noch fragten, was passiert, kam eine verzweifelte Schülerin zu uns und bat, ihm doch bitte die Regeln zu erklären. Dank der deutschen Version des Spiels zeigte er sein Zeichen immer direkt auf drei, wodurch er vor der Japanerin war und das Spiel wurde dadurch ungültig. Die japanischen Erklärungen verstand er nicht, aber auf Deutsch wurde es ihm langsam klar. Im Endeffekt gewann auch er, aber nur, weil die Japanerin aufgab und schnell nach ihm Sendai_02_10das passende Zeichen zeigte, so dass er gewinnen konnte. Trotzdem bedankten sie sich eifrig, dass wir mit ihnen gespielt haben. Im Endeffekt war für alle Gäste etwas dabei: Sport, Verkleidung, Livemusik, sogar kleine Cafés konnten besucht werden und es war nie im Leben genug Zeit, alles mitzumachen. Bei einem neuen Schulfest wäre ich aber auf alle Fälle dabei.

Sendai_02_5Nach dem Fest Sendai_02_4ging es für uns zu Fuß in die Innenstadt, was eine weise Entscheidung meinerseits war. Auf dem Weg fanden wir eine Gruppe von Menschen, welche einige Schreine durch die Innenstadt tragen sollten. Dadurch sollte die Essenz der Götter eingefangen werden. Sendai_02_2Da wir sehr Sendai_02_3interessiert waren und viele Fotos schossen, freundeten wir uns schnell mit den Trägern und den anderen Beteiligten an. Wir folgten ihnen auf der ganzen Strecke, wobei uns an der Seite die Teilnehmer den Umzug erklärten. Besonders beeindruckend war am Ende der Wettkampf. Während die Träger der richtig schweren Goldschreine nach vorne drangen, versuchten einige andere, sie zurückzudrängen. Ein echter Zweikampf entstand, wo es ein Wunder war, dass niemand verletzt wurde. Für die Zuschauer, aber auch für die Träger, war es aber ein riesen Spaß und zu gerne hätte ich auch persönlich mitgemacht.
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Den Abschluss des Tages verbrachten wir dann auf dem Stadtfest. Das Münzenbild war fertig und sah wirklich beeindruckend aus. Und japanisches Budenessen ist dem von deutschen Stadtfesten weitaus überlegen, weshalb wir es als Ersatz für ein traditionelles Abendessen nutzten.
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