Wir finden alles

Watanoha, was ist Watanoha? Diese Frage werden sich viele stellen, die diesen Namen hören. Dabei handelt es sich um eine Weltstadt. Wikipedia benennt für den Bahnhof zwei Bahnsteige, die Nähe zur Autobahn 398, ein Rathaus, den Hafen und eine Postdienststelle. Wie man merkt, es ist nicht wirklich viel vorhanden in dieser Stadt, was Touristen anlocken würde. Trotzdem tauchten Dennis und ich heute dort auf und stellten das beschauliche Leben dort auf den Kopf. Aber ich berichte lieber von Anfang an:

Sendai_07_0Per Zug ging es heute zuerst nach Ishinomaki. Die Stadt ist den letzten Jahren durch das Erdbeben 2011 zu trauriger Berühmtheit gelangt, da sie durch ihre Meereslage schwer getroffen wurde. Aus diesem Grund sind die Zugverbindungen in das nahe Sendai immer noch eingeschränkt. So benötigten wir dann auch für eine eigentlich dreißig Minuten dauernde Fahrt über eine Stunde. Als Sehenswürdigkeit hat Ishinomaki eigentlich hauptsächlich ein Manga-Museum. Ein berühmter Maler Sendai_07_4von mehreren klassischen Mangas ist in dieser Stadt geboren, wodurch in der gesamten Stadt Statuen seiner berühmtesten Figuren aufgestellt wurden. Da wir persönlich diese Mangas aber nicht wirklich kennen, ging es für uns nur in einen Bergtempel. Wir mussten dafür zwar eine kleine Treppe mit 289 Stufen besteigen, aber Dennis und ich sind ja abgehärtet. Unser eigentliches Ziel war aber ein anderes. Gestern haben wir im Museum so viel über die Tsunenaga-Expedition gehört, bei der im Auftrag von Date Masamune, dem Herrscher von Sendai, eine Mission über Südamerika nach Spanien und Rom geschickt wurde, um Verträge über die Zusammenarbeit zwischen dem Westen und Japan zu schließen. Heute wollten wir den Nachbau des Schiffes ansehen, welches für die Überfahrt verwendet wurde.

In Watanoha angekommen, fanden wir gleich eine Karte, welche den Weg zum Schiff beschrieb. Eigentlich Sendai_07_1war es sehr einfach – geradeaus und dann an einer markanten Stelle rechts abbiegen, da kann ja gar nichts schief gehen. Tja, wenn wir unterwegs sind, ist alles ein wenig anders! Nachdem wir nach zwanzig Minuten immer noch kein Schild gesehen hatten, wo es denn nun weiter langgehen soll, fragten wir in einem Spirituosenladen nach dem Weg. Der Herr war zwar etwas überrascht, meinte aber, wir müssen geradeaus gehen und dann über die Berge, welche wir in der Entfernung sehen konnten. Das hörte sich ja schon vielversprechend an! Wir folgten also dem Sendai_07_2gezeigten Weg, bis wir auf eine Baustelle trafen, wo man uns ungläubig beäugte. Sicherheitshalber entschieden wir, noch einmal nachzufragen. Ein netter Bauarbeiter zeigte uns die Strecke auf dem Handy und erklärte, dass wir durch einen Tunnel durch müssen, welcher auf der Karte ziemlich weit erschien. Wir machten uns wieder auf den Weg und während ich mir noch überlegte, was er denn mit „viel Erfolg“ und „passt auf euch auf“ meinte, hielt sein Auto neben uns an und er überreichte uns ein Anpan – ein mit Anko (Rote Bohnenpaste) gefülltes Brötchen – überreichte und uns erklärte, dass uns dies als Stärkung für Sendai_07_6den Weg helfen soll. Ok, das war komisch!!! Ich bin es gewohnt, dass mir Japaner schon mal erklären, dass es ja sehr, sehr, sehr weit sei, aber dass ein Japaner mir Essen als Stärkung mit auf dem Weg gibt, das ist neu. Wie Dennis bestätigte, schmeckte das Brot sogar ziemlich gut. Während wir noch philosophierten, ob wir so verhungert aussehen oder der Weg so unmenschlich ist, fanden wir den Tunnel, welcher uns beschrieben wurde. Leider gab es nur ein Problem: Das Durchqueren per Fahrrad oder zu Fuß war leider nicht Sendai_07_3gestattet. Jetzt war guter Rat teuer! Per Anhalter funktionierte nicht wirklich, da fehlten uns die Argumente und einen Weg konnten wir auch nicht finden, wir hatten ja nicht mal ein Hinweisschild gefunden, welches den Weg beschrieb. Im Endeffekt griffen wir nach dem letzten Strohhalm und gingen zurück in Richtung Bahnhof, um auf dem Weg einen Bus zu finden, welcher uns zum Schiff bringen konnte. Leider waren wir nicht erfolgreich, sondern landeten wieder am Bahnhof. Als wir uns schon ein Ticket zurück besorgen wollten, entdeckten wir, dass der nächste Zug erst in zwei Stunden fährt. Zwei Stunden in diesem Kaff, das musste doch Sendai_07_5nicht sein! Zum Glück nagte die Niederlage bei der Suche nach dem Schiff eh noch an uns, so dass wir uns noch einmal auf die Suche begaben und diesmal eine kleine Straße hinter der Baustelle fanden, welche uns zum Museum führte. Natürlich mussten wir dazu wieder mal einen Berg hoch, aber was macht man nicht alles für ein Museum. Das Schiff selber lohnte sich wirklich. Es war gut restauriert, auch wenn ich meinen Kopf mehrmals an der Decke anschlug. Für die Japaner muss das alles einfacher gewesen sein. Was erwartet man auch, wenn die Leiter der Expedition Betten im Schiff hatten, welche gerade mal 1,30 Meter lang waren!

Nach der Besichtigung standen wir nur vor einem erneuten Problem: Wir hatten ganze 40 Minuten Zeit, um zurück zum Bahnhof zu kommen, sonst hätten wir doch noch zwei Stunden in dem Ort gehabt. Zum Glück schafften wir den Weg in Rekordzeit und nach all der Lauferei, konnten wir uns endlich im Zug in die Sitze fallen lassen und ausspannen. Wir hatten es uns redlich verdient!

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