Hiraizumi

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Der heutige Tag hatte ein etwas entfernteres Ziel für uns zu bieten. Nachdem wir schon einiges in der direkten Umgebung von Sendai gesehen haben, galt unsere Aufmerksamkeit dieses Mal dem Weltkulturerbe Hiraizumi. Für mich war dabei besonders interessant zu sehen, was sich in der Stadt getan hat, seit sie in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde, befand sie sich bei meinem letzten Besuch doch noch in der Bewerbungsphase.

Hiraizumi selber war zwischen 800 bis 1100Sendai_04_4 eines der Zentren der Kultur des alten Japans. Aus archäologischer Sicht lässt sich feststellen, dass in Hiraizumi die drittgrößte Dichte an chinesischen Porzellanfunden in ganz Japans feststellbar ist. Chinesisches Porzellan ist dabei ein eindeutiges Zeichen für Reichtum. Mit den Jahren verfiel der Ruhm der Stadt aber zusehends und heute handelt es sich nur noch um einen sehr kleinen Ort, der eigentlich Sendai_04_3nur von seinen Sehenswürdigkeiten lebt. Diese Sehenswürdigkeiten sind der alte Kaiserpalast, der selber nicht mehr steht, aber der Palastteich und einige Tempel um ihn herum sind zu besichtigen. Weiterhin ist die größte Sehenswürdigkeit der sogenannte goldene Tempel, ein aus Gold hergestellter Tempel, welcher dank Restauration heute noch in einem Museum besichtigt werden kann.

Die Fahrt nach Hiraizumi war für uns Sendai_04_6ziemlich abenteuerlich, da wir komplett falsche Informationen hatten. Was laut Schaffner in Sendai ein durchfahrender Zug sein sollte, stellte sich als Fahrt mit drei Zügen und ewigen Umsteigezeiten in kleinsten Orten heraus. Hiraizumi war ziemlich schick anzusehen, aber seit der Ort Weltkulturerbe ist, ist kein deutscher Touristenführer mehr vorhanden. Den alten einfachen Touristenführer hatte meine Freund Thomas übersetzt Sendai_04_5und nach Aussage der Touristeninformation konnte er im Rahmen der Umgestaltung in eine hochwertigere Ausführung nicht übernommen werden. Das ist ein sehr schwerer Verlust, denn die Qualität dieser Übersetzung war doch ziemlich gut. Neben der Tatsache, dass die Sehenswürdigkeiten die Reise wert waren, machten wir uns in Hiraizumi aber auch neue Freunde. Orsolya ist in ihrer Eigenschaft als Englischlehrerin immer auf der Suche nach falschen englischen Aushängen,Sendai_04_1 von denen es in Japan viel zu viele gibt. Diese wertet sie dann mit ihren Schülern im Unterricht aus. Aus diesem Grund nahm ich beim Tempel ein Foto eines Ausgangsschildes auf, welches auf Japanisch erklärte, dass die Tür nur von einer Seite öffnet, also kann man nicht mehr in das Museum zurück. Auf Englisch dagegen sprach es nur davon, dass die Tür außen geschlossen sei. Eine Aussage, aus der man dasselbe schlussfolgern kann, aber halt nichtSendai_04_8 muss. Auf jeden Fall machte ich für sie ein Foto und wir gingen weiter zum Tempel. Nachdem wir mit dessen Besichtigung fertig waren, kam auf einmal eine Angestellte auf uns zugerannt. Sprecht ihr Japanisch? Ja, ein wenig. Wieso? Warum habt ihr vorhin ein Foto gemacht? Als ich noch dachte, was ich nun wiede angestellt habe, erklärte sie, dass sie Sendai_04_7gerne wissen würde, was falsch ist, damit sie es verbessern kann. So taten wir also unsere gute Tat des Tages und verbesserten das Englisch des Museums. Wir mussten es sogar noch niederschreiben, damit sie es auch ja verstehen. Schade eigentlich, dass ich mir das nicht gleich in den Lebenslauf schreiben lassen kann!

Im Anschluss ging es für uns ins Restaurant. Wir besuchten einen kleinen Laden mit mehreren älteren Damen. Sie boten Soba in sechs verschiedenen Schüsseln an, wobei man den Dip aus mehreren Zutaten selber zusammenstellen konnte. Dazu gab es noch selbstgemachten Reiskuchen, welcher das Geschmackserlebnis abrundete. Der Teil des Essens wir ziemlich gut. Sendai_04_9Problematischer war ein älterer Mann, der den Laden betrat, als Dennis mit dem Essen begann. Ich merkte schon, wie er sich uns immer mehr näherte. Auf einmal fing er im besten Dialekt an, uns Sachen zu erzählen und wir verstanden rein gar nichts. Auf unsere Hinweise reagierte er aber überhaupt nicht, schlimmer noch, er näherte sich Dennis immer mehr und war bald nur noch 10 Zentimeter von seinem Kopf und von seinem Essen entfernt. Die Besitzerin hatte sehr viel Mitleid mit uns und wies die Köchin an, das Essen des Mannes schneller zuzubereiten. Das warme Essen auf seinem Platz brachte ihn aber auch nicht aus der Ruhe. Mehr noch, er erklärte, er könne es ja auch kalt essen. Mehrfache Rettungsversuche liefen so ins Leere. Auf einmal hatte sie den richtigen Einfall: Als ich mir noch eine Ausrede einfallen überlegte, meinte sie auf einmal, dass er uns essen lassen soll, schließlich haben wir einen Zug zu erwischen. Zug, ja, das passte! Schnell sprangen wir auf, bezahlten und gingen los zu eben jenem. Eigentlich hatten wir zwar noch Zeit, aber die Penetranz des Herrn war einfach viel zu viel. Trotzdem nahmen wir einiges Positives mit von dem Ort und die vier Stunden im Zug haben sich auf jeden Fall gelohnt.

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