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Der Ärger mit dem Handy

Japan ist eines der modernsten Länder der Welt. Die Technik ist sehr fortschrittlich, die Forschung ist ganz vorne in der wissenschaftlichen Welt dabei und sogar eine einfache Toilette ist beheizt und hat dreitausend Sonderfunktionen, die wohl nie ein Mensch ausprobieren wird. Nichtsdestotrotz hat das Land einige Eigenheiten behalten, welche man wohl nicht unbedingt erwarten würde. Wer kennt es zum Beispiel nicht? Man geht abends essen und das Geld wird knapp. Leider nimmt das Restaurant, wie so ziemlich jedes in Japan, keine Kartenzahlung. Die normale Lösung wäre wohl ein kurzer Besuch beim Geldautomaten und welch ein Glück, hier in Japan steht so einer auch noch in jeder Poststelle und damit so ziemlich alle 400 Meter voneinander entfernt. Leider reicht diese Annehmlichkeit nicht, um das oben beschriebene Problem zu lösen. Natürlich hat ein elektrisch betriebener Geldautomat Schließzeiten. Wofür? Das weiß wohl kein Mensch, aber bei normalen Geldautomaten ist ab 19 Uhr Schluss mit dem Geldabheben, am Wochenende sogar schon um  16 Uhr. In Anbetracht der Tatsache, dass hierzulande fast alles, sogar die Miete, in bar gezahlt wird, ist das ein ziemlich mysteriöses Vorgehen.

Aber dieses kleine Ärgernis soll gar nicht mein eigentliches Thema sein. Am Wochenende wurde ich mit einem viel interessanteren System konfrontiert. Alles fing damit an, dass ich mir vor ein paar Wochen endlich ein Handy zulegte. In Japan ist dies ein Zeichen, dass man  Einwohner ist, denn bei jeder Gelegenheit, egal ob am Automaten für den Fußballticketeinkauf oder bei der nächsten Polizeikontrolle, überall will man die Telefonnummer wissen. Zur Erleichterung beschloss ich, nicht jeden Monat in bar zu zahlen, was ebenfalls möglich wäre, sondern per Bankeinzug. Soweit verlief die gesamte Geschichte noch normal und ich war frohen Mutes, das elende Thema endlich abgeschlossen zu haben. Vor zwei Wochen entdeckte ich zu meiner Überraschung aber einen Brief von meinem Handybetreiber in meinem Briefkasten. Der Bankeinzug wurde von meiner Bank zurückgewiesen. Meine Unterschrift soll wahrhaftig nicht meine eigene gewesen sein. Ich pflege ja zu glauben, dass meine Unterschrift relativ schwer zu kopieren ist und eindeutige Merkmale besitzt, welche sie unverkennbar macht, aber die Japaner sehen das wohl anders und baten darum, den Bankeinzug noch einmal zu bestätigen. Kurzerhand ging ich zu meiner Bank und vollzog mit deren Hilfe die Schritte noch einmal. Das Problem ist wohl, dass Japaner mit einem Stempel unterschreiben. Wenn dieser Stempel nun wie in meinem Fall nicht vorhanden ist, dann kann man auch per Hand unterschreiben. Wenn bei dieser Unterschrift aber ein Unterschied zu entdecken ist, zum Beispiel etwas kleiner geschrieben, eine andere Anordnung des Vor- und Nachnamens oder dergleichen, dann gilt die Unterschrift als ungültig. Egal, ich dachte auf jeden Fall, dass das Thema damit erledigt ist und ich mich endlich um den eigentlichen Grund meiner Reise hierher, dem Forschen, beschäftigen könnte. Da hatte ich aber falsch gedacht. Am Sonntag besuchte ich den Laden meines Handybetreibers mit einem anderen Anliegen, als mir die Angestellte freundlich mitteilte, ich würde dem Anbieter Geld schulden. Ich war perplex. Wie kann ich Geld schulden, wenn der Bankeinzug erneut veranlasst wurde? Wie sich nach sehr langen Diskussionen herausstellte,  kann in Japan Geld nicht ein zweites Mal eingezogen werden und im schlechtesten Fall hätte ich bei meiner Vertragsauflösung die freundliche Meldung bekommen, der Firma noch zusätzliches Geld zu schulden. Man hätte mir wohl nicht einmal eine Mahnung geschickt.

Man sieht also, Bürokratie gibt es überall und ich muss jetzt erst einmal herausfinden, wie ich bitte beim letzten Mal anders unterschrieben haben soll als dieses Mal.

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Von guten Tagen

Wie war der Songtext noch mal? It’s a Beautiful Day? Jup, das könnte ich heute auch singen. Es ist ja nicht so, als ob alleine der Sieg der Magdeburger in Zwickau meine Laune schon in die Höhe getrieben hätte. Am Morgen hatten wir erst einmal Kanayo verabschiedet. Sie muss zurück nach England. Zum einen sind Abschiede immer nicht so toll, aber für drei Personen ist unsere Wohnung einfach mal nicht auf Dauer ausgelegt. Nachdem dieser Punkt erledigt war, entdeckte ich gleich zwei Nachrichten, welche meine Stimmung endgültig auf den Höhepunkt brachten: Nächsten Monat kommt Daniel zu Besuch. Mein Senpai wollte eigentlich nicht mehr in Sendai vorbeischauen, umso schöner ist es, dass er es sich noch anders überlegt hat. Mein Angebot besteht in diesem Zusammenhang übrigens weiter, schaut vorbei, wenn ihr in Japan seid, ich führe euch gerne! Das eigentliche Highlight war aber eine Nachricht von meinem alten Betreuer Kawamura. Kawamura war während meines letzten Aufenthaltes Sekretär meines Büros und hat sich dabei sehr intensiv um mich gekümmert. Mittlerweile ist er leider, zumindest  aus meiner Sicht, Professor an einer anderen Universität und nur sehr selten in Sendai. So hatte ich endlich Zeit, ihn mal zu treffen und ihm für ein besonderes Geschenk zu danken.

Vor einem Jahr hatte er in Zusammenhang mit seinem neuen Job angefangen, ein Deutsch-Lehrbuch zu schreiben, welches multimediale Elemente beinhaltete, welche mit dem Handy erreicht werden können. Wer solche Bücher kennt weiß, dass es bei den Dialogen immer Figuren gibt, welche sich durch das gesamte Buch ziehen. Ihre Rolle ist es, den Lesern gleichzeitig neben der Sprache, das Land näherzubringen und noch die Identifikation zu steigern. Für sein Buch hatte sich Herr Kawamura die zwei geeignetsten Hauptcharaktere überhaupt ausgedacht: Shimizu, der Austauschstudent mit breitgefächerten Interessen und einer künstlerischen Veranlagung und Reik, der deutsche Fußballfan aus Magdeburg, der Shimizu in das deutsche Leben einweist. Ähnlichkeiten zu lebenden Personen sind natürlich reiner Zufall…. Zu meiner Freude erwähnt  das Buch sogar Magdeburg und den 1. FCM in seinen Dialogen. Damit wird eine neue Generation Japaner herangezogen, welche neben Neuschwanstein und Bratwürsten, jetzt auch das wunderschöne Magdeburg bereisen wollen.
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Aber bei unserem Treffen erfuhr ich noch viel bessere Neuigkeiten. Vor einer Weile hatte mich Yuuki kontaktiert, ob ich nicht einen Aufsatz in Kawamuras neuem Buch schreiben möchte. Natürlich wollte ich das und auf Deutsch fiele es mir noch einfacher. So hatte ich vor über einem Monat meinen Aufsatz abgegeben und mich ein wenig geärgert, dass ich den Aufsatz nicht noch ins Japanische übersetzt habe. Das wäre aber sehr aufwendig geworden und in diesem Zeitrahmen auch kaum machbar, weswegen ich mit der deutschen Version vorlieb nehmen musste. Nun haben aber erst vier Leute ihre Texte abgegeben, die restlichen Professoren lassen noch auf sich warten. Da nun noch Zeit ist habe ich das Angebot erhalten, dass Herr Kawamura es für mich übersetzen würde. So eine Veröffentlichung wäre für mich ja auch nicht so schlecht, wenn ich mal in Japan arbeiten wolle, versuchte er mich noch von seiner Idee zu überzeugen, aber ich war eh schon hin und weg. Wie viel besser sieht es doch aus, direkt als Erstes eine  fremdsprachige Veröffentlichung zu haben als eine deutsche. So würde dieser Artikel für mich nur noch viel mehr aufgewertet und ich kann nur hoffen, dass die anderen Professoren endlich fertig werden und ich dann das Gesamtwerk in den Händen halten kann.

Mal schauen, auf welche Ideen Herr Kawamura als nächstes kommt. Hoffentlich denkt er dabei wieder an mich, denn ich bin zu jeder Schandtat bereit. Besonders seine Andeutungen zum späteren Arbeiten in Japan und dass er mir eventuell helfen könnte etwas zu finden, hat mir sehr zugesprochen. Man weiß nie, wozu man es mal brauchen kann.

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Japaner mit kleinen Köpfen

Der japanische Wohnungsmarkt ist seltsam. Um eine Wohnung zu bekommen, muss man einen japanischen Bürgen haben und alleine das Mieten ist mit hohen Kosten verbunden. So erhält man die Kaution nicht zurück, wenn man auszieht und an den Makler muss man eine hohe Provision zahlen, nur damit er überhaupt den Kontakt mit einem Vermieter herstellt. Ob man die Wohnung dann erhält, ist noch die andere Frage. Da ich nach einem Jahr nicht mehr im Wohnheim wohnen darf und dieses schon 2010 aufgebraucht wurde, war ich sehr erleichtert, bei Orsolya einziehen zu können. Sie hatte die Wohnung 2011 zusammen mit Kanayo gemietet und seit Kanayos Studienortwechsel nach England war ein Zimmer frei. Der Auszug von Kanayo ist mittlerweile schon zwei Jahre her und seitdem hat sie es noch nicht wieder nach Sendai geschafft. Diese Woche sollte sich dies ändern.

Noch bevor ich überhaupt nach Japan kam, hatte sich Kanayo angemeldet und ganz besorgt gefragt, ob sie denn trotz meiner Anwesenheit kommen darf und besonders, wo ich denn bleibe. Erst einmal beiße ich nicht, wenn ich nicht gerade hungrig bin und auf der anderen Seite bin ich ja auch mit Kanayo befreundet. So stand ihrer Reise hierher nichts mehr im Weg. Besonders nach Orsolyas launiger Feststellung, ich könne ja auf dem Balkon schlafen, war Kanayo beruhigt und so stand sie Freitag zu nachtschlafender Stunde vor der Tür und erbat Einlass. Ich machte mir allerdings schon etwas Sorgen, denn Orsolya traue ich das mit dem Balkon vollkommen zu.

So hatten wir für fünf Tage einen Gast. Und was soll ich sagen: An die abertausend Ausländer, welche eine Japanerin als Freundin haben wollen kann ich nur appellieren, überlegt es euch gut. Wie schon mein Großvater immer sagte: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Besseres findet. Es war auf jeden Fall eine Erfahrung, welche man wohl auf viele Japanerinnen anwenden kann. So gelang es mir zum ersten Mal, einen Blick auf eine ungeschminkte Japanerin zu werfen, bevor der einstündige Schminkprozess begann. Es ist schon erstaunlich, wie man sein Gesicht so schminken kann, dass kein Stück echte Haut mehr zum Vorschein kommt. Die Frage, ob diese Prozedur, nur um etwas Gesichtsröte zu verdecken, wirklich nötig sei, führte dabei zu einer langen Belehrung über die Notwendigkeit strahlend weißer Haut. Gut, diese Belehrung hätte ich aber auch vorausahnen können, derartiges hätte ich in Europa wohl auch als Belehrung bekommen. Auch ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob ich das ewige „durch die Blumen sprechen“ der Japaner für immer aushalten würde. In meinem Kopf formte sich öfter die Feststellung: Nun sag endlich, was Sache ist!

Aber gut, am interessantesten war aber der Einblick in die Psyche der Japaner, als wir noch Masami und Norihiro einluden. Ich kochte gefüllte Paprikaschoten, welche ganz gut gelangen, und wir verbrachten den Abend beim Kartenspielen. Als unsere Gäste uns verließen, meldete sich Kanayo zu Wort und beneidete Masami um ihren kleinen Kopf. Was bei uns in Europa vermutlich eine Beleidigung wäre, war für sie ein absolutes Kompliment. Das Kleine und Süße, das wäre doch viel besser. Eine Japanerin muss süß und kindlich aussehen, nur dann würde sie eine Schönheit darstellen und in Kanayos Augen traf dies alles auf Masami zu. Na ja, nachdem sie mir auch noch ein Brautmodenmagazin zeigte, wo es eine Barbie Brautkleidkollektion gab, überraschte mich eigentlich gar nichts mehr. Trotz einiger seltsamer Begebenheiten war die Zeit mit Kanayo sehr lustig und wir sind gespannt, wann sie das nächste Mal vorbeischaut.

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Auf der Jagd

Es ist 21.00 Uhr an einem ganz normalen Abend im Büro der deutschen Literatur der Tohoku Universität. Keine Stimme regt sich, die japanischen Studenten haben alle den Heimweg angetreten, nur der deutsche Forschungsstudent sitzt noch da und liest geduldig seine Texte, um mit seinen Forschungen voranzukommen. Was könnte diese Ruhe stören? Die Antwort erreichte mich in Form meines Professors. Professor Morimoto betrat das Büro, überrascht, aber auch erfreut, mich zu sehen. Mich wolle er sowieso sprechen. Für einen Studenten läuten in diesem Moment die Alarmglocken. Man muss mit mir sprechen. Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf: Habe ich etwas falsch gemacht, die deutsche Professorin verärgert, bei der Verwaltung etwas nicht richtig gemacht oder was könnte es sein? Ich fand keine Antwort, aber Herr Morimoto kam zum Glück schnell auf den Punkt. Er reichte mir zwei Fotos und fragte mich, ob ich die Person schon einmal gesehen hätte.
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Ja, hatte ich, aber nur auf Facebook in irgendeiner Gruppe, persönlich sagte er mir nicht viel. Aber was sollte das Ganze? War dieser Deutsche verschwunden, oder was war geschehen? Nein, ganz im Gegenteil, ein fünfundzwanzigjähriger Deutscher mit osteuropäischen Wurzeln, welcher von sich behauptete, Student an der Tohoku Universität zu sein, soll in einem Hotel zwei Angestellte geschlagen haben. Die Polizei fand ihn anschließend in unserem Gebäude, nur einen Stock über meinem Büro. Zwei Tage nach seiner Festnahme gelang ihm bei der Vernehmung die Flucht und er wurde zuletzt gesichtet, wie er per Anhalter in Richtung der Universität floh. Mir stellten sich gleich mehrere Fragen: Wieso sollte man Hotelangestellte verprügeln, wenn es nicht eines der anrüchigen Liebeshotels in der Innenstadt war und was erhoffte sich der Verdächtige, in Japan, einem Inselstaat, zu fliehen?

Leider prophezeite mir Professor Morimoto richtig, wie die Geschichte weitergehen würde:  Ein 25jähriger Deutscher, mit Brille, mittellangem Haar und mit einer Größe von 1.85 m für japanische Verhältnisse ein Riese, das konnte nicht gut gehen. Wir Europäer behaupten immer, dass wir Probleme damit hätten, Asiaten auseinanderzuhalten. Leider ist die Situation auf der anderen Seite auch nicht besser. Ich muss sagen, ich bin ja Beobachtung gewohnt, was aber die nächsten zwei Tage los war, ging gar nicht mehr. Es war, als ob ich ein unsichtbares Schild um mich hätte. Die Japaner machten einen möglichst großen Bogen und tuschelten hinter vorgehaltener Hand. Wachmänner in meinem Bürogebäude hielten sogar die Fahndungsplakate hoch, um sie mit mir zu vergleichen. Immerhin hatte ich noch relativ Glück. Aus Erfahrung vermied ich die nächsten Tage die Innenstadt und Außenbezirke. Deutsche, die das nicht machten, wurden der Reihe nach befragt, ob sie Deutsche wären, geflohen und ob sie nicht den besagten Deutschen kennen würden. Aber es hörte nicht damit auf. Meine „werten“ Freunde in Japan schickten mir auch erst einmal Nachrichten, ob ich es denn wirklich nicht sei, denn schließlich berichten die TV Nachrichten nur von einem jungen großen Deutschen, welcher auf der Flucht sei. Details gab es dazu erst mal nicht. So musste ich einigen Japanern, sehr zu ihrer Freude, erst einmal erklären, dass bei der Aufzählung eindeutig „gutaussehend“ fehlen würde und ich es deshalb auf keinen Fall sein könne. Zum Glück wurde der Verdächtige mittlerweile aber gefangen, so dass ich nun wieder etwas Ruhe habe. Ich bin gespannt, was aus dem Fall wird. Wie ich erfahren habe, ist Frau Wilhelm, eine alte Bekannte und Leiterin der Japanisch-Deutschen Gesellschaft in Sendai, die Übersetzerin für den Deutschen, so dass ich in dem Bereich wohl auf dem Laufenden bleiben werde.

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Deutsche Effizienz

Ok, wie bin ich da schon wieder reingeraten? Hatte ich mir nicht vor 2 Jahren geschworen, nie wieder an einem Kochfest teilzunehmen? Damals mussten wir ungarisches Gulasch herstellen und die Küchenchefin war viel zu selten anwesend, so dass ich Anweisungen geben musste, was ich nicht unbedingt wollte. Irgendwie wurde ich aber mal wieder überzeugt. Es wäre doch ganz anders als früher. Bei Palatschinken (ungarischer Pfannkuchen) wäre die Herstellung viel einfacher. Außerdem ist man jetzt erfahren mit der Organisation, die Vorbereitung ist kürzer und sowieso, so viele Freunde helfen jetzt, so dass es doch ein Kinderspiel wird und ich eigentlich gar nichts machen muss. Tja, irgendwie waren es im Endeffekt die richtigen Argumente, denn ich erklärte mich bereit, zu helfen.

So entspannt, wie mir das am Anfang erklärt wurde, wurde es dann aber leider doch nicht. Im Rahmen von so einem Kochfestival sollen 140 Portionen garantiert werden, die man ausgeben kann. Ab 160 verkauften Portionen bekommt man dann einen Bonus. Weiterhin erhält man im Voraus Geld, um alle Zutaten einzukaufen und das Ausgegebene soll einen Wert von 2,50 bis 3 Euro haben. In Japan ist das eine geringe Summe, wenn man sieht, was man Andersorts dafür erhält. Leider sah meine „Gruppenleiterin“ dies etwas anders. In Ungarn bekommt man einen Pfannkuchen schließlich schon für einen Euro, also sollte man doch schon zwei anbieten. Zu allem Überfluss meldete sich auch noch ein Niederländer mit Pannekoeken zum Fest an und stellte uns damit vor direkte Konkurrenz. Jetzt war guter Rat teuer. Erst einmal wurde das Sortiment erweitert. Aus Ungarn wurde ein Käserezept mit Hüttenkäse angewendet und die deutsche Seite der Gruppe stiftete ein Apfelmusrezept bei. Dazu wurden verschiedene Aufstriche, Nüsse mit Schokolade und eine Zimt- und Zuckermischung gereicht. Das alles wollte natürlich vorbereit sein und so stand ich schon seit Tagen in der Küche und in den Supermärkten.  Hüttenkäse mag so eine schöne Zutat sein, wenn jeder Supermarkt aber nur so jeweils zwei 100g Packungen im Angebot hat, benötigt es eine Weile, um konkurrenzfähig zu werden. Immerhin bei den Äpfeln hatten wir Glück. Zwar kosten die meistens fast zwei Euro pro Stück, als vertrauenserweckender Deutscher, der die ortsansässigen Bauern besuchte, konnte ich aber jedes Mal günstige Geschäfte für uns machen.

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So stand der Samstag endlich vor der Tür. Ich brauche ja eigentlich gar nichts machen, denn schließlich kommen vier Leute zum Helfen. Wie immer waren es im Endeffekt natürlich nur zwei Leute. Gut, unsere Küche ist klein und ich hatte wichtige Geschäfte in der Uni und noch einige Einkäufe fürs Kochen zu erledigen, also ließ ich die anderen für eine Weile allein. Nach 2 Stunden kam ich wieder und wir hatten atemberaubende 35 Pfannkuchen fertig. Immerhin waren das genug für 17 Portionen. So konnte es nicht weitergehen, also wurde der Gasherd trotz der Gefahr des Anbrennens hochgejagt und zu zweit schafften wir auf einmal 50 Stück in einer Stunde. So konnte es vorangehen und nach einer Nacht- und Nebelaktion wurde ich bei 180 vorbereiteten Pfannkuchen abgewürgt. Das würde doch reichen, schließlich kämen morgen die zwei heute fehlenden Helfer und die wollten doch unbedingt auch welche herstellen und wären doch vom letzten Jahr Profis, wo Orsolya schon einmal Palatschinken verkauft hatte.
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Profis….. Na ja, so kann man es auch nennen. Freundschaft ist bei solchen Ständen natürlich sehr hilfreich, nur wenn keiner sich traut die Wahrheit anzusprechen, wird es ein Chaos. Genau das erlebten wir zum Beginn des wirklichen Kochens. Nicht nur regnete es in Strömen und der Wind gefährdete das Kochen, es fand sich noch nicht einmal jemand, der bereitwillig im Regen nach einem Windschutz suchen wollte. Also übernahm ich es und mit etwas Bestechung unseres Nachbarstandes mit Pfannkuchen, half dieser uns auch gleich bereitwillig beim Befestigen der Anlage. Das Aufwärmen der Pfannkuchen verlief sehr  gut. Zwar bin ich kein Freund vom Aufwärmen, bei den Menschenmassen nach dem Regen ließ sich diese Methode aber nicht ersetzen. Nur hatte niemand feste Aufgaben, so dass sich 3 Leute an drei Herdplatten verteilten und dabei unkoordiniert vorgingen. Wir kochten also uneffektiv und verbrannten uns gegenseitig an den heißen Pfannen. 4 Wunden an meiner Hand und meinem Arm zeugen von dieser Zeit.
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Nach zwei Stunden konnte es so nicht mehr weitergehen, denn auf einmal hatte der Regen aufgehört und wir hatten 20 Leute am Stand, drei Köche und nur eine Person, die die Pfannkuchen bestrich. Dabei  wurde auch immer schön für die Kunden der Pfannkuchen mit dicken Ladungen bestrichen. Unsere Käsevorräte wurden schon immer weniger und die vorbereiteten Pfannkuchen waren auch weg. Jetzt hatten wir ein Problem. Orsolya und ich berieten und frei nach Egon Olsen, wir hatten einen Plan. Sie koordinierte die Ausgabe, in der Masami, eine alte Freundin von mir, kurzerhand auch mithelfen musste, und ich übernahm die Kochstelle, wo Dave erst mal die Pfanne entzogen wurde. Zwar wollte dieser unbedingt kochen, aber dank seines IPhones in der linken und der Pfanne in der rechten Hand hatte ich schon zwei Wunden bekommen und effektiv war er auch nicht. Man kann halt nicht alles im Freundschaftlichen lösen, also gab es eine klare Ansage und er bekam eine neue Aufgabe. Kurzerhand funktionierten wir die Herdstelle um. Wir hatten drei unterschiedlich schnelle Herdplatten, wo die letzte zum Beispiel am langsamsten war. So  wurde der Pfannkuchen immer eins weiter gerückt und der  von der letzten Platte dann zum Nachfüllen gegeben. Mit diesem Mittel konnten wir minutlich einen Pfannkuchen fertigstellen und mussten vor der Zeit sogar noch einmal Vorräte im Supermarkt auffrischen, um weiter verkaufen zu können.

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Nach vier Stunden Arbeit hatten wir es dann endlich geschafft. Die Auszählung ergab 178 verkaufte Pfannkuchensets. Im letzten Jahr, als Orsolya schon einmal das Selbe bei gutem Wetter verkaufte, schaffte sie 90 Sets. Wir haben unser Soll also fast um 100 Prozent gesteigert und liegen damit auf Platz 2 der Gesamtverkäufe, dicht hinter einem Stand, der vorgefertigte Bentoboxen anbot. Ich kann jetzt auf jeden Fall erst mal keine Pfannkuchen mehr sehen.  Umso schlimmer, dass ein Veranstalter eines der Stadtfeste an uns herantrat und versuchte, die Köche der erfolgreichsten Stände für dieses Fest zu gewinnen. Wenn ich also Pech habe, stehe ich nächstes Jahr in Sendai auf dem Stadtfest und verkaufe Palatschinken. Am Abend waren wir aber alle gerädert und zuhause wurde noch abgewaschen und danach wurde jede Bewegung vermieden. Ich glaube, ich brauche jetzt erst mal Erholung vom Wochenende.

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Endlich Meister

20 Jahre habe ich darauf gewartet, um endlich mal schreiben zu können, dass wir Meister sind und dann ist das „wir“ auch noch die falsche Mannschaft, der falsche Sport und auch noch der falsche Kontinent. Japan verfügt über zwei große Sportevents: Auf Platz Nummer zwei steht der Fußball, im Falle von Sendai vertreten durch Vegalta Sendai. Auf der anderen Seite ist der Volkssport Nummer eins immer noch Baseball. So wirklich zu verstehen ist das nicht, denn Baseball ist ein Sport, bei dem man Stunden im Stadion verbringt und ohne ein 150 Euro Ticket eigentlich nur auf die Anzeigetafel schauen kann, was gerade geschehen ist. Ein Baseball ist so klein, dass es schon sehr schwer ist, ihn mit bloßem Auge überhaupt zu sehen. Schlimmer wird es dann, wenn es um den eigentlichen Spaß am Baseball geht. Die Werfer haben verschiedene Wurftechniken, bei denen der Ball unterschiedliche Laufbahnen nimmt und so die Schläger überrascht. Wie soll man bitte so etwas sehen, wenn man schon kaum den Ball erkennt? Im Endeffekt gehen die meisten Leute deshalb wohl nur ins Stadion, um einen Foulball oder Homerun zu fangen, da man diesen Ball behalten kann.

Ok, auf jeden Fall hat Sendai auch ein Baseballteam. Es wurde 2004 unter dem Namen Tohoku Rakuten Eagles gegründet und sollte den Sport im Norden Japans bekannter machen. 2011 hatte der Verein dann ein riesen Unglück zu verkraften, da das Stadion genau in einem bei Erdbeben besonders anfälligen Gebiet liegt. Dadurch wurde das Stadion schwer beschädigt und an gleicher Stelle größer und besser wieder aufgebaut. Die folgenden beiden Jahre waren für den Sendaier Baseballfan nicht leicht. Rakuten, vorher ein Team aus dem besseren Mittelfeld, wurde durchgereicht und kämpfte schwer, um nicht ganz hinten zu landen. Dies sollte sich dieses Jahr ändern. Rakuten hat es dank einer seltsamen Meisterschaftsregelung geschafft, den Ostmeistertitel zu holen. Schon seit meiner Ankunft spielt fast jeder Shop in Sendai deshalb die Hymne von Rakuten, sehr zum Ärgernis der umstehenden Nicht-Baseballfans. Die Hymne ist schließlich vom Ton her an Soldatenlieder der 40er Jahre angelehnt und diese in Wiederholung zu hören strengt schon an.

Nun ist es mit einer Meisterschaft alleine noch nicht getan. Wo es eine Ostliga gibt, gibt es auch eine Vertretung im Westen. Den Titel dort gewannen die Tokyo Giants. Das sind die Serienmeister in Japan und sie sind auf der Jagd nach dem 23. Ganzjapantitel. Von der Beliebtheit her ist der Verein dabei zu vergleichen mit dem FCB hier in Deutschland. Letzte Woche war es dann endlich soweit. Der japanische Meister wurde in sieben Spielen ausgespielt und als Sportfan habe ich es natürlich beobachtet. Letzten Samstag war das Unmögliche dann zum Greifen nahe. Die Eagles führten 3:2 in Spielen und im 4. Inning mit drei Schlägen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte in keinem Spiel der Gegner so ein Ergebnis umdrehen können und Sendai stand vor der Meisterschaft. Irgendwie musste man das doch nutzen können? Im Anschluss an die Meisterschaft gab es doch überall Angebote und etwas von der Stimmung bei einer ersten Meisterschaft wollte ich auch irgendwie mitbekommen. Kurzerhand überredete ich Orsolya, mit mir zum Sushiladen einige Häuser weiter zu gehen. Der Laden ist zwar nicht billig, aber sehr gut und der Besitzer glühender Eagles Fan. So betraten wir den Laden im 5. Inning, nur um zu sehen, dass das Spiel gedreht war und der Werfer der Eagles auf einmal unerklärliche Fehler machte. Mein Plan ging nicht auf, denn Rakuten verlor das Spiel haushoch. Trotzdem war es ein Genuss zu sehen, wie die sonst so ruhigen Japaner auf den Fingern kauten, der Koch in jedem Inning in der Küche verschwand, um das Drama nicht mit anzusehen und er nach dem Spiel sich zum ersten Mal in 3 Besuchen im Laden hinsetzte, weil ihn seine Beine nicht mehr halten wollten. So wurde es leider nichts mit dem Siegsushi, was ich mir insgeheim erhofft hatte, aber das normale Sushi ist trotzdem das beste Sushi, welches ich je gegessen habe. Aufbauend war dabei auch, dass nicht nur ich Fotos von den Sushi machte, sondern auch ein japanisches Paar so begeistert war vom Essen, dass jedes Stück einzeln fotografiert wurde.

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Zu den Eagles ist zu sagen, dass sie am nächsten Tag den Titel holten, es aber nicht wirklich irgendwelche Feierlichkeiten gab, was mich schon enttäuschte. Dafür kamen unter den Ausländern schon die ersten Verschwörungstheorien auf. Die Spiele mussten doch in ein entscheidendes letztes Spiel gehen, sonst hätte die Spannung gefehlt. Und dass der letztjährige Prügelknabe der Liga auf einmal ohne große Verstärkung Meister wird und damit die Auferstehung von Tohoku in der Presse gefeiert werden kann, hat natürlich auch einige Verschwörungstheorien auf den Plan gerufen. Für uns war es aber auf jeden Fall ein gutes Ergebnis, nicht umsonst gibt es jetzt in der Stadt überall Sonderangebote.

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Das Schwimmbad, zum Zweiten

Was man einmal bezahlt hat, das benutzt man auch. Zwar bin ich immer noch sehr angefressen von der Behandlung beim ersten Mal im Schwimmbad, aber da ich eine Testwoche habe entschied ich, dem Bad noch einmal eine Chance zu geben. So geschah es, dass ich in einem Sportladen stand, um das erste Mal seit meinem Schwimmunterricht im Kindergarten wieder eine Badekappe zu kaufen. Leider ist dieses Unterfangen nicht so einfach, wie man sich das wünschen würde. Japan verkauft derartige Objekte bis zur maximalen Größe ll, was ich als Kindergröße identifizieren würde, aber für meinen Kopf nur bedingt zu gebrauchen ist. Viel besser fand ich aber die direkt daneben ausliegenden Polsterungen für Badeanzüge. Die sind für die Japanerinnen, die im echten Leben so sehr mit ihrer Oberweite schummeln, dass es auch im Bad nicht auffliegen darf. Aber was solls, nach einer Weile war eine halbwegs geeignete Kappe in blau gefunden, also konnte es losgehen.

Mit der Mütze hatte ich meine erste Prüfung bestanden, ich durfte wirklich ins Bad. Blöd nur, dass dieses Bad durchorganisiert ist. Es gibt die Laufstrecke, die Langsamschwimmstrecke, die etwas schnellere Strecke, die noch schnellere und die sehr schnelle Strecke. Wehe dem, der nicht konstant eine Geschwindigkeit schwimmt, es wird sich sofort ein Bademeister finden, welcher einen in die jetzt gültige Bahn schicken wird. Meine Lieblingsstrecke war aber die Laufstrecke. In dieser befanden sich 3 japanische Rentnerinnen, welche mit Badekappe und Schwimmerbrille die gesamte Zeit von einer Seite zur anderen liefen. Für sie bedeutete dies eine große Anstrengung, reichte bei ihnen das Wasser immerhin bis zur Brust. Bei mir dagegen war noch nicht einmal die Badehose wirklich unter Wasser. Der größte Frust trat bei mir aber ein, als wir auf einer freien Strecke in einer Bahn einmal ein Wettschwimmen veranstalteten. Schon stand am Ende ein Japaner bereit, welcher sich um Orsolya besorgt zeigte und gleich noch mich zurechtwies, dass Nebeneinanderschwimmen nicht gestattet ist. Wir haben weder jemanden belästigt, noch sonst irgendwelche Probleme verursacht und trotzdem werde ich durch die Blume belehrt, dass ich derartiges nicht wiederholen sollte, da ich sonst duschen gehen kann. Nun egal, im schlimmsten Fall bekomme ich kein Monatsticket. Ich werde es verkraften können. Ein Schwimmbad, wo ich beim Umdrehen auf dem Boden langschramme, ist eh nicht unbedingt meins. Mal schauen, wie sich das Ganze noch entwickelt.

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Essen auf Rädern

Seit meinem letzten Aufenthalt in Japan hat sich viel verändert. Aber nicht nur bei Land und Leuten, sondern auch bei mir. So langsam habe ich mich den Japanern angepasst und esse öfter auswärts. Wer frühestens um 21 Uhr nach Hause kommt, der mag nicht mehr unbedingt kochen und so ein großer Preisunterschied ist aufgrund der örtlichen Gemüsepreise zwischen den beiden Optionen auch nicht festzustellen. Da verzichte ich dann doch lieber auf das Mittagessen in der Mensa und gehe lieber am Abend irgendwo billig essen.

Neben der Liebe zu Museen ist eine der wichtigsten Lehren, welche mir meine Eltern in unzähligen Urlauben mitgegeben haben, ein Restaurant nicht unbedingt nach dem Äußeren zu beurteilen. Ein Restaurant kann noch so toll aussehen, aber wenn der Koch sein Handwerk nicht beherrscht, dann schmeckt es am Ende doch wie in einer Burgerbude. Aus diesem Grund sind auch in meinen eigenen Auslandsaufenthalten bisher immer andere Faktoren ausschlaggebend gewesen, ob ich in einem Laden esse oder nicht. Eines der sichersten Zeichen dabei ist zum Beispiel die Frage, wie groß eine Karte ist. Eine riesen Karte mag aufgrund der Auswahl zwar den Kunden freuen, eine kleinere ist dagegen ein ziemlich sicheres Zeichen, dass sich das Restaurant bei diesen Gerichten auskennt. Ein anderer Punkt dagegen hat sich für mich erst in Japan ergeben. Je seltsamer ein Laden aussieht, desto mehr Lust verspüre ich, ihn zu besuchen. Wenn der Koch dann auch noch interessant erscheint, dann ist es eigentlich sicher, dass ich den Laden irgendwann besuche.

So geschah es nun, dass ich in den letzten Wochen öfter in der Innenstadt an unserem größten Kaufhaus vorbeigekommen bin und davor ein mobiler Laden steht. Mobile Läden sind dabei mit europäischen Imbissbuden nur bedingt vergleichbar, da sie im Prinzip eins zu eins Restaurantessen bieten, dank ihrer Mobilität aber sehr flexibel sind. Trotzdem sieht ein Laden mit Propangasflasche draußen und einer Höhe von ungefähr 1,90 Meter schon etwas seltsam aus. Trotzdem, ich wollte ihn ausprobieren, wäre da nicht ein kleines Problem gewesen: er verkauft Soba. Soba, Buchweizennudeln, sind sehr lecker, nur leider habe ich eine gewisse Überreaktion auf sie, welche mich nach dem Verzehr für einige Stunden außer Gefecht setzt. Trotzdem, der Laden reizte mich und nachdem ich zum wiederholten Mal um ihn herumschlich fragte Orsolya, ob sie nicht eventuell auch Udon anbieten. Udon, eine weitere Nudelspezialität aus Japan, vertrage ich dagegen gut und sie sind eine meiner Lieblingsspeisen. Warum hatte ich nicht selber dran gedacht? Dank meiner Körpergröße konnte ich auch durch das Dach schauen und was für eine Überraschung, sie bieten natürlich keine Udon an, aber auch keine Soba sondern Oden, in einer speziellen Soße gekochtes Gemüse und Fleisch. Da bin ich doch sofort dabei.

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So entschieden wir, den Laden zu betreten, sehr zur Überraschung der anwesenden Japaner. Der Laden war geräumiger als wir dachten. Der Koch und seine Ehefrau saßen uns gegenüber und neben uns saß ein Japaner, der sofort zum Koch meinte, er könne nicht mit uns sprechen, er verstehe nur etwas Deutsch, aber kein Englisch. Tja, da war er an den Richtigen geraten. Wir waren die Attraktion des Ladens und sowohl der Koch, als auch die nachfolgenden Kunden sprachen alle mit uns, aber auch über uns. Die Gespräche über uns fand ich ja schon etwas seltsam. Man dachte, wir würden in den Momenten nichts verstehen. Die Aussagen waren auch alle auf jeden Fall diskussionswürdig. So müssen wir ja extrem schlau sein, als ausländische Studenten hier studieren zu können. Auch den Fakt, wir wären so gutaussehend, muss ich für mich zurückweisen. Damit kann nur Orsolya gemeint gewesen sein. Der Tiefschlag kam aber später. Ich bin es ja gewohnt, dass mir in Deutschland niemand große Hoffnung für die Zeit nach meinem Geschichtsstudiium macht, dass aber nun auch schon Japaner mich bemitleiden, hat mich dann schon schwer getroffen. Aber wenigstens fanden sie gut, dass ich meinen Interessen folge.

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Der Vorteil des Ladens, neben den Gesprächen, war aber besonders das Essen. So oft hat man nicht die Gelegenheit, sich mit dem Koch zu unterhalten. Auf diesem Weg erfuhren wir seine Empfehlungen und gleichzeitig erfuhren wir seine Spezialitäten, welche nur er in Sendai anbietet. Nur bei den Getränken lagen wir etwas daneben. In Japan ist es Brauch, zum Essen kostenlos Wasser oder Tee zu bekommen. Als Orsolya nach etwas Trinkbarem fragte, entschuldigten sich der Koch und seine Frau, dass man nur Alkohol habe. Da wir aber genau neben einem Getränkeautomaten standen, holte die Frau auf einmal aus diesem eine Flasche Mineralwasser und gab uns diese. Das Essen war auf jeden Fall sehr lecker und gleichzeitig gelang es mir, den für Deutschland interessierten Japaner von der, für mich, schönsten Stadt Deutschlands zu begeistern. Bei seiner nächsten Reise möchte er nun Magdeburg bereisen. Hoffentlich verrät ihm bis dahin keiner, das dies ein für Japaner eher unübliches Ziel ist.

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Als wir uns nach über 1.5 Stunden entschieden langsam aufzubrechen, war der Koch auf einmal verschwunden, aber nicht für lange. Er hatte die Zeit genutzt, im benachbarten Supermarkt seine Hände zu waschen, um uns am Ausgang des Ladens noch einmal mit japanischem Handschlag, welcher ein Umfassen der Hände des anderen und viele tiefe Verbeugungen beinhaltet, für unseren Besuch zu bedanken. Das wir so mutig waren und uns in seinen Laden getraut haben, hat ihn sehr gefreut, da sonst die Ausländer einen großen Bogen um ihn machen. Ein großer Fehler, wie Orsolya und ich uns einig sind.

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Folienkartoffeln einmal anders

Der Winter steht an und so langsam sollte ich mich darauf vorbereiten. Im Gegensatz zu Deutschland verfügen Japaner weder über eine Zentralheizung noch über eine Dämmung des Hauses, welche diesen Namen verdient. Nein anstelle dieser verwendet man stromfressende Klimaanlagen, welche auch warme Luft erzeugen können. Dazu beliebt sind noch Kotasus, eine Art von Tisch, an die eine Decke angebracht ist und unter der eine Heizung läuft. Aus Erfahrung ist aber bekannt, dass eine Klimaanlage kein geeignetes Mittel für das Heizen ist und unser Kotatsu hat keine Heizung mehr und ist deswegen unbrauchbar, eine Alternative muss her. Aus diesem Grund ging es vor einigen Tagen los, um eine neue Heizung zu kaufen. Zwar haben wir schon eine Elektroheizung im Zimmer stehen, diese braucht aber ewig für normale Temperaturen und erwärmt auch nur kleine Gebiete. Meine Wahl fiel deswegen auf eine Kerosinheizung. Man muss sich dies wie eine Flamme auf einem Gasherd vorstellen, die ein Metallstück erwärmt und diese Wärme verbreitet sich dann in der Wohnung. Da Kerosin sehr günstig ist und die Flamme durch Batterien betrieben wird, ist man mit diesem Gerät unabhängig von Strom und es erwärmt sich sehr schnell. Der Nachteil ist, dass ein Umkippen schnell mal einen Zimmerbrand erzeugen kann. Egal, in Japan sind diese Heizungen die erste Wahl, deshalb will ich sie auch einmal testen.

Nachdem der einstündige Marsch zur nächsten Tankstelle überstanden war und ich mit 18 Litern Kerosin heimkam, konnte sie dann endlich getestet werden. Und was soll ich sagen – ich bin begeistert. Ok, sie verbreitet beim An- und Ausstellen einen nervigen Kerosingeruch, welcher aber schnell wieder verfliegt. Ich rieche ihn dabei gar nicht, aber Orsolya kann beim Anstellen nicht im Raum sein. Wenn man das Gerät aber einmal steuern kann, erzeugt es eine Spitzenwärme und der Deckel ist so gebaut, dass man auch gleich noch eine Kanne Tee auf ihm erwärmen kann. Die Japaner denken doch an alles. Wobei, den besten Tipp erhielten wir von dem Verkäufer. Als wir gerade den Laden verlassen wollten hielt er uns noch mal kurz an. Wir dachten schon, jetzt kommt sonst was für eine Ansprache, aber es ging ihm nur um einen Tipp. Wir sollten doch Karoffeln in Folie einwickeln und oben drauf legen. Nach 15 Minuten sind diese dann durch und sehr lecker. Was soll ich sagen, der Mann hatte recht. Und wozu braucht man einen Kamin, wenn man auch mit der Heizung kochen kann? Wenn mir jetzt noch eine Lösung zum Abdichten unserer breiten Fensterfront einfällt, dann steht dem Winter nichts mehr im Wege.

heizung

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Reik geht baden

Im Laufe von knapp 1.5 Jahren, welche ich mittlerweile schon in Japan verbracht habe, habe ich einiges gemacht: Ich bin an unerlaubter Stelle im Meer geschwommen, mit dem Rad bin ich in der falschen Stadt gelandet und mit Halbschuhen habe ich den Fuji-san und die Japanischen Alpen bezwungen. Eine der Sachen, die mir in meiner Beschäftigungsliste noch fehlen, ist das Schwimmengehen. Ich gebe offen zu, bis auf das Radfahren bin ich nicht gerade der größte Freund von Sport. Stupides Wiederholen von Übungen oder das Rennen ohne besonderen Grund sind mir ein Graus. Eine Ausnahme mache ich in dieser Angelegenheit nur beim Schwimmen. Durch das Wasser gleiten und die Seele baumeln lassen ist eine Beschäftigung, welcher ich nur zu gerne nachgehe. Um so größer war meine Freude als ich gefragt wurde, ob ich nicht mit zum Schwimmen gehen wollte.

Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme für die Idee, hatte ich doch bei den letzten Aufenthalten verzweifelt und wenig erfolgreich nach Schwimmbädern gesucht. Die Japaner haben eine seltsame Art. Schwimmen bedeutet ja, den Körper fremden Leuten zu zeigen. In öffentlichen Bädern hat niemand Probleme damit, aber in einem Schwimmbad ist dies auf einmal verpönt. So findet man zum Beispiel kaum Bikinis hierzulande und in vielen Schwimmbädern sind sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses nicht gestattet. Da Japanerinnen in den meisten Fällen eh wie Schulmädchen aussehen und in Bikinis nichts zu präsentieren hätten, mag dieses Vorgehen ja noch verständlich sein. Was mich aber im Schwimmbad erwartete, überraschte mich schon sehr.

Zur Einführung muss man festhalten, dass das Schwimmbad kein öffentliches Bad war, sondern Teil eines Fitnessstudios ist. Dies schlägt sich auch im Preis nieder, wobei schon ein normales Schwimmbad Preise zwischen 8-10 Euro pro Besuch verlangt und ich spreche nicht von Spaßbädern, welche die Japaner noch nicht einmal kennen, sondern von normalen Schwimmbädern mit 25-Meter-Bahn. Im Verhältnis zu diesen Preisen ist das Fitnessstudio noch relativ preisgünstig, ich bin aber trotzdem froh, eine sehr günstige Probewoche gebucht zu haben. Schon die Umkleidekabine war eine erste Überraschung. Rennen wir Deutschen alle in abgetrennte Kabinen, um unsere Sachen zu wechseln, so ist in Japan nur eine große Halle mit Schlössern vorhanden, wo sich alle direkt umziehen. So kamen mir gleich beim Eintreten die ersten nackten Männer entgegen. Während ich mich im falschen Film wähnte, zog ich mich schnell um und betrat den Schwimmbereich. Für die ansonsten ach so prüden Japaner war sogar ein Zeichen befestigt, doch bitte von hier an die Badesachen zu tragen. Ich prüfte extra das Bild, ob ich richtig gekleidet war, aber es wurde nur ein Mann in Badehose oder in einem Neoprenschwimmanzug gezeigt, welchen man auch gleich vor Ort kaufen konnte.

Ok, das Problem ist umgegangen, also konnte es endlich ins kalte Nass, welches warme 28 Grad hatte, gehen. Nur was war das? Das ich im Eintrittsbereich des Beckens nur mit dem Beinen unter Wasser stehen kann verstehe ich ja noch, aber das ganze Becken war so. Was solls, schließlich bin ich ja zum Schwimmen da und so zog ich meine erste Bahn. Leider erwartete mich dort schon die Aufseherin. Wieso man 6 Rettungsschwimmerinnen für 1 Meter tiefes Wasser gebrauchen kann erschließt sich mir zwar nicht, aber das ist nicht Teil des Problems. Nein, ich hatte einen Fehler gemacht, denn ich erhielt die Nachfrage, ob ich meine Mütze verloren hätte. Mütze verloren? Nein, ich hab doch seit ich Schwimmen gelernt habe, keine Mütze gehabt. So durfte ich das Bad gleich wieder verlassen, denn ohne Badekappe schwimmen, das geht ja nun wirklich nicht. Ich könne mir aber gerne eine leihen und der Preis war auch wirklich anständig, wenn diese Mütze denn auch nur in Ansätzen für einen europäischen Kopf geeignet gewesen wäre. Mit dieser auf Japaner ausgelegten Mütze hätte ich aber maximal als Imam in einer Moschee auftreten können, für einen Schwimmer hätte sie ihren Nutzen verfehlt.

Egal, wenn ich nicht schwimmen darf, dann geht es halt in die Sauna. Sauna in Japan bedeutet, dass man zuerst in einen japanischen Waschbereich kommt. Dort duscht man sich, wäscht die Haare und dann geht es in ein japanisches Onsenbad bei Temperaturen zwischen 35-40 Grad. Für einige mir namentlich bekannte Damen mag diese Temperatur maximal lauwarm sein, für mich ist das aber schon die oberste Grenze des Zumutbaren. Trotzdem ging ich kurz hinein, nur um festzustellen, dass von den 8 Japanern, die vor mir drin waren, innerhalb von 30 Sekunden niemand mehr übrig blieb. Ich hatte mich ja eigentlich geduscht, deshalb kann ich nicht so gestunken haben. Deshalb fand ich das Verhalten schon unhöflich, aber was solls. Nach einer kurzen Pause ging es dann in die Sauna. Ich sah schon durch das Fenster, dass die Herren der Schöpfung eben so wie bei ihrer Schöpfung in der Sauna saßen – jedenfalls bis ich kam. Nach meinem Eintreten erinnerten sich auf einmal alle, wozu sie ihre Handtücher noch so benutzen könnten.

Nach einer Stunde hatte ich auf jeden Fall genug von der Show und ich bezweifele, dass man mich in diesem Laden noch einmal sehen wird. Das Schwimmbad ist seltsam und von allen Japanern ängstlich begafft zu werden, das brauche ich auch nicht unbedingt. Trotzdem war es mal eine Erfahrung.

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