Reik geht baden

Im Laufe von knapp 1.5 Jahren, welche ich mittlerweile schon in Japan verbracht habe, habe ich einiges gemacht: Ich bin an unerlaubter Stelle im Meer geschwommen, mit dem Rad bin ich in der falschen Stadt gelandet und mit Halbschuhen habe ich den Fuji-san und die Japanischen Alpen bezwungen. Eine der Sachen, die mir in meiner Beschäftigungsliste noch fehlen, ist das Schwimmengehen. Ich gebe offen zu, bis auf das Radfahren bin ich nicht gerade der größte Freund von Sport. Stupides Wiederholen von Übungen oder das Rennen ohne besonderen Grund sind mir ein Graus. Eine Ausnahme mache ich in dieser Angelegenheit nur beim Schwimmen. Durch das Wasser gleiten und die Seele baumeln lassen ist eine Beschäftigung, welcher ich nur zu gerne nachgehe. Um so größer war meine Freude als ich gefragt wurde, ob ich nicht mit zum Schwimmen gehen wollte.

Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme für die Idee, hatte ich doch bei den letzten Aufenthalten verzweifelt und wenig erfolgreich nach Schwimmbädern gesucht. Die Japaner haben eine seltsame Art. Schwimmen bedeutet ja, den Körper fremden Leuten zu zeigen. In öffentlichen Bädern hat niemand Probleme damit, aber in einem Schwimmbad ist dies auf einmal verpönt. So findet man zum Beispiel kaum Bikinis hierzulande und in vielen Schwimmbädern sind sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses nicht gestattet. Da Japanerinnen in den meisten Fällen eh wie Schulmädchen aussehen und in Bikinis nichts zu präsentieren hätten, mag dieses Vorgehen ja noch verständlich sein. Was mich aber im Schwimmbad erwartete, überraschte mich schon sehr.

Zur Einführung muss man festhalten, dass das Schwimmbad kein öffentliches Bad war, sondern Teil eines Fitnessstudios ist. Dies schlägt sich auch im Preis nieder, wobei schon ein normales Schwimmbad Preise zwischen 8-10 Euro pro Besuch verlangt und ich spreche nicht von Spaßbädern, welche die Japaner noch nicht einmal kennen, sondern von normalen Schwimmbädern mit 25-Meter-Bahn. Im Verhältnis zu diesen Preisen ist das Fitnessstudio noch relativ preisgünstig, ich bin aber trotzdem froh, eine sehr günstige Probewoche gebucht zu haben. Schon die Umkleidekabine war eine erste Überraschung. Rennen wir Deutschen alle in abgetrennte Kabinen, um unsere Sachen zu wechseln, so ist in Japan nur eine große Halle mit Schlössern vorhanden, wo sich alle direkt umziehen. So kamen mir gleich beim Eintreten die ersten nackten Männer entgegen. Während ich mich im falschen Film wähnte, zog ich mich schnell um und betrat den Schwimmbereich. Für die ansonsten ach so prüden Japaner war sogar ein Zeichen befestigt, doch bitte von hier an die Badesachen zu tragen. Ich prüfte extra das Bild, ob ich richtig gekleidet war, aber es wurde nur ein Mann in Badehose oder in einem Neoprenschwimmanzug gezeigt, welchen man auch gleich vor Ort kaufen konnte.

Ok, das Problem ist umgegangen, also konnte es endlich ins kalte Nass, welches warme 28 Grad hatte, gehen. Nur was war das? Das ich im Eintrittsbereich des Beckens nur mit dem Beinen unter Wasser stehen kann verstehe ich ja noch, aber das ganze Becken war so. Was solls, schließlich bin ich ja zum Schwimmen da und so zog ich meine erste Bahn. Leider erwartete mich dort schon die Aufseherin. Wieso man 6 Rettungsschwimmerinnen für 1 Meter tiefes Wasser gebrauchen kann erschließt sich mir zwar nicht, aber das ist nicht Teil des Problems. Nein, ich hatte einen Fehler gemacht, denn ich erhielt die Nachfrage, ob ich meine Mütze verloren hätte. Mütze verloren? Nein, ich hab doch seit ich Schwimmen gelernt habe, keine Mütze gehabt. So durfte ich das Bad gleich wieder verlassen, denn ohne Badekappe schwimmen, das geht ja nun wirklich nicht. Ich könne mir aber gerne eine leihen und der Preis war auch wirklich anständig, wenn diese Mütze denn auch nur in Ansätzen für einen europäischen Kopf geeignet gewesen wäre. Mit dieser auf Japaner ausgelegten Mütze hätte ich aber maximal als Imam in einer Moschee auftreten können, für einen Schwimmer hätte sie ihren Nutzen verfehlt.

Egal, wenn ich nicht schwimmen darf, dann geht es halt in die Sauna. Sauna in Japan bedeutet, dass man zuerst in einen japanischen Waschbereich kommt. Dort duscht man sich, wäscht die Haare und dann geht es in ein japanisches Onsenbad bei Temperaturen zwischen 35-40 Grad. Für einige mir namentlich bekannte Damen mag diese Temperatur maximal lauwarm sein, für mich ist das aber schon die oberste Grenze des Zumutbaren. Trotzdem ging ich kurz hinein, nur um festzustellen, dass von den 8 Japanern, die vor mir drin waren, innerhalb von 30 Sekunden niemand mehr übrig blieb. Ich hatte mich ja eigentlich geduscht, deshalb kann ich nicht so gestunken haben. Deshalb fand ich das Verhalten schon unhöflich, aber was solls. Nach einer kurzen Pause ging es dann in die Sauna. Ich sah schon durch das Fenster, dass die Herren der Schöpfung eben so wie bei ihrer Schöpfung in der Sauna saßen – jedenfalls bis ich kam. Nach meinem Eintreten erinnerten sich auf einmal alle, wozu sie ihre Handtücher noch so benutzen könnten.

Nach einer Stunde hatte ich auf jeden Fall genug von der Show und ich bezweifele, dass man mich in diesem Laden noch einmal sehen wird. Das Schwimmbad ist seltsam und von allen Japanern ängstlich begafft zu werden, das brauche ich auch nicht unbedingt. Trotzdem war es mal eine Erfahrung.

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