Einblicke in die japanische Universität

Jetzt studiere ich schon 1,5 Jahre an einer japanischen Universität, aber man kann mich immer noch überraschen. Im Rahmen meiner Doktorarbeit muss ich Unterlagen aus einigen Archiven hierzulande besorgen. Leider hört sich dieses Vorhaben leichter an, als es im Endeffekt ist. So werde ich seit Wochen von einem Archiv vertröstet. Mal ist es nicht geöffnet, mal fehlt der richtige Ansprechpartner und eigentlich ist man sowieso immer überrascht, dass ich mich als Student melde. Nach langen Telefonaten und Versuchen habe ich es in der letzten Woche nun endlich geschafft, die vermeintliche Lagerstätte einiger interessanter Akten zu erfahren und zu meiner Freude kann man von diesen auch Kopien direkt nach Sendai bestellen. Wozu habe ich also einen neuen Tutor? Mit Norihiro im Gepäck ging es direkt in die Universitätsbibliothek, um die Kopien zu bestellen. Im Rahmen dieser Bestellung fand ich nun endlich heraus, wieso ich die derzeitigen Probleme mit den Archiven in Japan habe:

In Deutschland wird von einem Studenten erwartet, dass er sich um solche Dinge wie die Materialbeschaffung selbstständig kümmert. Kontakt aufnehmen, Informationen bekommen und Akten besorgen ist dabei nur ein Schritt. Natürlich ist die gesamte Forschung zuvor auch durch den Studenten zu vollziehen. Hier in Japan scheint dies anders zu laufen, wie ich jetzt selbst erleben konnte. Anstatt einfach nur meine Unterlagen zu besorgen, schickte mir ein Mitarbeiter der Bibliothek eine Stunde nach meiner Bestellung eine E-Mail, dass sie ein passendes Buch zu dem Thema gefunden hätten. Schön, dachte ich mir, die denken mit und bemühen sich wirklich um einen. Es kam aber noch besser: Einen Tag später erhielt ich erneut eine E-Mail, dass die Bibliothek mittlerweile in einem anderen Archiv auf weitere Unterlagen gestoßen ist, die für mich interessant sein könnten. Endlich verstand ich, dass dies nicht nur einfaches Mitdenken ist. Nein, in Japan ist es nicht vorgesehen, dass Studenten selber forschen müssen. Mit meiner Bestellung habe ich im Endeffekt einen Forschungsauftrag eingereicht und die Bibliothek versucht nun, für mich Material zu meinem Thema heranzuschaffen. Das ist natürlich für die Archive auch besser. So müssen sie ihre wertvollen Archivalien nicht in die Hände von „Amateuren“ (also Studenten) geben, sondern können mit ausgebildeten Bibliothekaren kommunizieren. Wieder einmal bestätigt sich, dass es in Japan schwerer ist, in die Universität zu kommen, als in ihr zu bleiben. Aus diesem Grund hatten also Studenten der Geisteswissenschaften in meinem Kenkyoshitsu noch nie etwas von dem Wort Archiv gehört und waren so überrascht, als ich von meinen Plänen erzählt habe. Hierzulande braucht das ein Student also nicht selbst zu machen. Für mich heißt das wiederum, dass die Archive, die sich bisher quergestellt haben, von nun an über meine Bibliothek kontaktiert werden. So sollte die Forschung endlich vorangehen.

Übrigens fühlte ich mich bei meinem Bibliotheksbesuch noch aus einem anderen Grund wie im falschen Film: Seit meiner Ankunft gibt es hier nur eine Behelfsbibliothek, da das Hauptgebäude im Bau ist. Seit Neuestem ist der Eingang zur Bibliothek in der Nähe eines Notausgangs zwischen Zeitschriften- und Zeitungsbeständen. Und welche Zeitung strahlt mich dabei in vollständiger Auflage an? Das „Neue Deutschland“, die Propagandazeitung meines Geburtslandes bzw. „das Zentralorgan der SED“. Als ich noch über diesen Zufall grübelte und mit Norihiro die Bestellungen durchsprach, sprach mich zudem noch wie beiläufig mein Nachbar an und fragte im akzentfreien Deutsch, was ich denn hier mache. Als ich noch unbekümmert auf Deutsch antwortete, wurde mir schlagartig klar, wo ich mich befand und dass dies kein normales Gespräch war. Ich hatte es geschafft, mich neben einen Japaner zu stellen, welcher vor zwanzig Jahren in Münster promoviert hat und heute in Sendai Deutsch unterrichtet. Die Welt ist wirklich klein!

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Alltagsprobleme

Wie heißt es so schön: Jedes Land hat seine Eigenheiten und Probleme. Hier in Japan ist das natürlich genauso wie auch in anderen Ländern. Meinen Unmut über das Wetter habe ich ja schon geäußert, aber es gibt so einige Eigenheiten, welche in letzter Zeit besonders auffallen. Welcher Student kennt das Problem nicht: Es ist abends, die nächste Bank ist weit entfernt und man braucht noch dringend einige Lebensmittel, ohne die man vor wirklichen Problemen steht. Zu allem Überfluss ist Japan auch noch das Land, in dem die Bankautomaten Schließzeiten haben. Man kann ja schließlich nicht verantworten, dass der Kunde bei einem Defekt ohne Hilfe vor einem der Automaten steht. Eine Kartenzahlung ist hierzulande auch nicht immer möglich, so dass man ohne Bargeldbestände gerne mal alt aussieht. Vor ein paar Monaten war das alles noch kein Problem. Kurzerhand schaute man in die Geldbörse und entschied, für genau die noch vorhandenen 20 Euro etwas zu kaufen. Man musste beim Einkaufen dann nur noch die Preise im Kopf zusammenrechnen und schon reichte es für das Essen und man hatte bis zur Öffnung der Bank Zeit gewonnen.

Im April änderte sich dies schlagartig und dank des Besuchs meiner Eltern sogar noch relativ unbemerkt für mich. In Anbetracht der Wirtschaftsprobleme Japans wurde zu dieser Zeit die Mehrwertsteuer von fünf auf acht Prozent angehoben. Als ob nicht diese Teuerung schon schlimm genug ist, haben die örtlichen Supermärkte in diesem Zusammenhang auch noch eine neue Marktlücke entdeckt: Anstatt die Mehrwertsteuer wie zuvor auf den Etiketten zu vermerken, wird heutzutage ein kleines Kanji hinter dem Preis angebracht. Dieses weist darauf hin, dass man zusätzlich zum ausgezeichneten Preis auch noch Steuern bezahlen „darf“. Für jemanden, der dies nicht kennt, ist dies eine große Umstellung. Immer öfter beobachte ich lange Schlangen im örtlichen Supermarkt, weil Rentner oder Studenten auf einmal an der Kasse anfangen Geld zu suchen, da sie mit geringeren Beträgen gerechnet haben. Aber auch ich hatte mit dieser Umstellung schon meine Probleme, als ich vor kurzem mit begrenzten Barmitteln zum Shoppen in den örtlichen Importladen ging. Da nicht ersichtlich war, ob nun die acht Prozent extra zu sehen sind oder nicht, entschied ich, erst einmal etwas weniger zu kaufen. Nach dem ersten Einscannen verschwand ich dann noch einmal um die Ecke, um zusätzliche Sachen zu besorgen, die ich mir dann doch noch leisten konnte. Mittel, um ihre Kunden zu schröpfen, kennen sie auf jeden Fall in allen Ländern der Welt. Und ich trainiere endlich mal wieder meine Kopfrechenfähigkeiten. Wozu war ich schließlich an einem mathematischen Gymnasium?!

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Beim Geschäftsessen

Als ich nach meinem nächtlichen Abenteuer mit der „Betrunkenen“ zu Hause ankam, erreichte mich schon der Beweis, dass auf jede gute Tat eine entsprechende Antwort wartet. Ich hatte eine Einladung zum Geschäftsessen für Angestellte und gute Kunden der Nissay Versicherung erhalten. Um zu erklären, weshalb ein Student zu solcher Veranstaltung eingeladen wird, muss ich etwas ausholen:

Der geneigte Leser wird sich bestimmt noch an den Hippo Family Club mit den genialen Liedern in Richtung „Ich bin ein Nilpferd, du bist ein Nilpferd“ erinnern. Als wir Yuko, einem Kind der Gruppe, bei der Vorbereitung ihrer Zeit in Deutschland geholfen haben, tauschten wir auch Telefonnummern mit ihr aus. Vor ein paar Tagen kam dann die Einladung zu einer neuen Feier des Clubs. Zu meiner Überraschung wurde diese aber durch Yuko und nicht durch die eigentliche Vorsitzende der Gruppe, welche mich normalerweise anruft, ausgesprochen. Im Vertrauen, dass das schon alles seine Richtigkeit hat, nahmen Orsolya und ich uns für die Veranstaltung Zeit. Dann erfuhren wir aber kurz vor Beginn der Veranstaltung, dass Yuko nicht kommen wird. Da wir eh die Zeit eingeplant hatten entschieden wir, trotzdem hinzugehen. Die Anwesenden waren sehr überrascht, da sie von Yukos Einladung natürlich nichts wussten. Es wurde trotzdem ein lustiger Abend, wobei es für mich eher ein Workout wurde, da ein 3-Jähriger und ein 5-Jähriger mich als ihren Kletterbaum ausgesucht hatten und die gesamte Zeit mit mir spielen wollten. Die Tatsache, dass wir aber Yuko immer helfen und wir jetzt auch noch umsonst auf ihre Einladung erschienen sind, scheint jetzt aber ihre Mutter überzeugt zu haben, uns zu diesem Geschäftsessen einzuladen. Zudem sieht es natürlich immer gut aus, Ausländer zu kennen. So weit also zur Vorgeschichte.

Wir gingen nun also zu dieser Veranstaltung. Als wir noch versuchten die Mutter von Yuko anzurufen, lotsten uns einige Mitarbeiter auf die Party, weil wir wohl schon groß angekündigt waren. Da wir die einzigen Ausländer bei diesem Essen waren, ist dies wohl nicht verwunderlich! Zur Begrüßung mussten wir uns natürlich auch erst einmal beim obersten Chef der Firma vorstellen. Er zeigte sich begeistert davon, dass wir sowohl wissen, wie man Visitenkarten der japanischen Etikette entsprechend übergibt als auch dass wir selber welche hatten. Das Essen selber war super. Der Chef hatte dafür einen ganzen 60er Jahre Rock and Roll Club gemietet, in dem rund 100 Personen anwesend waren. Nach dem Essen gab es dann auch Livemusik, wo Japaner das Beste der 60er Jahre coverten. Allerdings konnte man sprachlich die Lieder kaum auseinanderhalten, was nicht zuletzt an ihrer schlechten Aussprache lag. Trotzdem war die Musik in Ordnung und nach viel Druck und dem Sichten einiger Musikvideos als Inspiration ließ ich mich sogar kurzzeitig auf die Tanzfläche schieben, wo wir eine bessere Figur als die meisten Anwesenden abgaben. Es war aber interessant zu sehen, wie sich die Japaner gehen ließen. Vom gesitteten Auftreten im Dienst war nichts übrig und mehr als Einer gab zumindest vor, betrunken zu sein, denn in diesem Zustand konnte ihnen der Chef das Verhalten nach japanischem Brauch nicht vorwerfen. So gab es eine Abteilungsleiterin, welche bis auf den Chef wohl jeden Mitarbeiter drückte und das, obwohl die Japaner sonst jede Berührung scheuen. Trotz allem fühlte ich mich etwas fremd und beobachtet, Spaß hatten wir aber auf jeden Fall. Dem Chef auf der anderen Seite scheint unser Auftreten auch gefallen zu haben. So wurden wir noch einmal von ihm persönlich mit Handschlag und vielen guten Ratschlägen verabschiedet. Im Zweifel können wir uns bei ihm melden, falls wir ein Problem in Japan haben, bei dem er behilflich sein könnte. Wer weiß schon, wozu das mal gut sein kann!

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Reisen durch das nächtliche Sendai

Es gibt Dinge, die werde ich wohl nie verstehen. Eine dieser Sachen ist der Unwille von Menschen, anderen in einer Notlage zu helfen. Besonders seit ich vor ungefähr 5 Jahren einmal auf dem Bahnhof in Braunschweig krank wurde und sich niemand kümmerte, schaue ich dagegen heutzutage lieber zweimal hin. Als ich heute spät abends durch Sendai in Richtung Heimat radelte, traf ich auf ein seltsames Bild: In einem Eingang lag eine Frau mittleren Alters und zeigte keine Regung. Was sollte ich machen? Einfach weiterfahren entspricht nicht meinem Naturell, aber auch das Anhalten war zu fortgeschrittener Stunde nicht unbedingt ganz oben auf meiner Liste der Beschäftigungen. Da ich aber nun mal die Situation gesehen hatte, hielt ich an, um mich mit der Situation zu beschäftigen.

Da stand ich nun. Die Dame zeigte keine Regung und selbst eine Atmung konnte man auf die Entfernung nicht feststellen. Ein Ansprechen ergab kein Ergebnis. Die Betroffene blieb bewusstlos. Wie sollte ich also vorgehen? In Japan darf man eine Person vom anderen Geschlecht nicht einfach anfassen. Selbst unter guten Vorsätzen kann ein Anfassen schon eine Vergewaltigungsanklage auslösen. Immerhin konnte ich nach längerem Betrachten der Situation eine Atmung feststellen, was mich schon einmal etwas beruhigte. Noch unschlüssig, wie ich mich verhalten soll, hielt ich Ausschau nach einem Polizeiauto oder einem Japaner, der mir vielleicht helfen könnte. Natülich gab es nichts, wie hätte es auch anders sein können! Die Japaner schauten lieber in die andere Richtung und beim direktem Ansprechen konnte natürlich niemand mein Japanisch verstehen. Es ist ja auch so schwer, eins und eins zusammenzuzählen, wenn ein Ausländer auf eine bewusstlose Person zeigt und um Hilfe bittet. So langsam wurde ich genervt und drehte die Musik meines Handys lauter und sprach noch einmal mit lauter Stimme auf die Dame ein, welche endlich ein Stöhnen von sich gab. Apathisch gab sie aber keine Antwort an mich sondern sie versuchte, unter Röcheln ihre Goldkette vom Hals zu bekommen, als ob sie nicht atmen konnte. Immerhin, sie war zwar nicht ansprechbar, die erste große Gefahr schien aber beseitigt zu sein. Obwohl die Situation besser war, war ich noch nicht zufrieden. Offensichtlich ging es ihr nicht gut und sie war desorientiert. Kurzerhand lief ich rüber zum örtlichen Combini, wo für einen Gast drei Angestellte Dienst hatten. Ich erklärte kurz dem ersten Angestellten die Situation, nur damit dieser gemütlich zum Kollegen schlenderte und ihm die Situation schilderte. Zusammen schauten sie aus der Tür rüber und entschieden nach unendlichen Minuten, den dritten Mitarbeiter zu fragen. Das Schauspiel wiederholte sich bis sie ihren Vorgesetzten riefen, welcher dann endlich mit mir losging, um nach dem Rechten zu schauen.

Die Dame lag natürlich immer noch da und rührte sich nicht wirklich. Mein Begleiter sprach sie laut aus der Entfernung an, ob sie in Ordnung sei. Endlich erwachte sie wirklich und vermeldete, in Ordnung zu sein Dies reichte dem Angestellten, um wieder zur Arbeit zu gehen. Dass die Frau es weder schaffte sich aufzusetzen, noch ein klares Wort herauszubringen, bemerkte er zwar, entschied aber auf zu viel Alkohol. Mir persönlich war diese Einschätzung zu oberflächlich, schließlich sprachen verschiedene Dinge dagegen. Zum einen betrinkt man sich nicht unbedingt beim Einkaufen und drei Taschen zeugten von einer Shoppingtour in der Innenstadt und zum anderen roch man auch keinen Alkohol. Unentschlossen beriet ich mich über Telefon mit Orsolya und entschied, nach einigen Minuten noch einmal nach dem Befinden zu fragen und mich zu erkundigen, ob ich vielleicht ein Taxi besorgen soll. Da mir nun zwar nicht überzeugend, aber immerhin an mich gerichtet, gesagt wurde, dass dies nicht notwendig sei, ließ ich es auf sich beruhen und ging nach Hause. Die Frage ist nur weiterhin: Wie viel Wahrheit steckt dahinter? Japaner hassen es, Schwäche zu zeigen und schon die eine oder andere mindestens 90-Jährige hat den im Bus angebotenen Sitzplatz abgelehnt, da sie ja schließlich noch fit sei. Immerhin war aber mein Gewissen beruhigt und ich konnte den Abend noch genießen.

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Vegalta Sendai – Sanfrecce Hiroshima

sendai1Drei Fußballspiele in kürzester Zeit hintereinander – so etwas ist für mich in Deutschland zwar Standard, hier in Japan ist es aber schon alleine aus finanziellen Gründen eine Seltenheit. Trotzdem merkte ich in den letzten Wochen, wie sehr mir das eigentlich gefehlt hat. Man gewöhnt sich ja doch daran, seinem Club wöchentlich über die Dörfer zu folgen. Umso schöner war es in Yokohama, Hiroshima und Sendai, endlich mal wieder dem runden Leder folgen zu können. Leider geht diese Zeit jetzt schon wieder zu Ende. Obwohl hierzulande die Saison erst im März anfängt, gibt es im Juni schon die Sommerpause, welche dieses Jahr dank der Weltmeisterschaft sogar noch um einiges früher starten wird. Die Weltmeisterschaft ist nun bekanntlich nicht unbedingt mein Lieblingsfußballereignis. Deshalb wollte ich die Chance nutzen, um mir noch einmal Ligafußball anschauen zu können. Was konnte es also Besseres geben, als dass diese Woche ein spezieller Gegner in Sendai aufschlägt. Vegalta, immer noch Vorletzter in der Tabelle, sollte gegen Sanfrecce Hiroshima antreten und eigentlich war sogar noch meine neue Bekanntschaft aus Hiroshima angemeldet. Aus einer Eingebung heraus ging ich schon am Anfang der Woche Tickets kaufen und erhielt mit etwas Glück noch zwei der letzten Tickets im ausverkauften Stadion. So war alles für ein Fußballfest angerichtet. Die gesamte Woche verbrachte ich, nicht zuletzt auch aufgrund einer sendai2durchgemachten Nacht mit dem Höhepunkt des Magdeburger Pokalsiegs, auf einem Stimmungshoch. Ich nutzte gleich jede Gelegenheit, um Orsolya das Spiel etwas näherzubringen und ich traf den richtigen Nerv. Solange es Vegalta ist, ist sie mittlerweile ebenfalls sehr interessiert und stellt auch schon mal von sich aus Fragen nach Spielern oder Spielen.

sendai4Im Stadion trafen wir natürlich erst einmal unsere alten Bekannten rund um Kuma und Mütze. Vor allem Kuma war dabei auf einem Stimmungshoch. Orsolya mutmaßte schon, dass da bestimmt etwas mehr Bier im Spiel war. Die gesamte Zeit über war er wie aufgekratzt und die Kinder nutzten das gnadenlos aus, um mit ihm zu spielen. Das Spiel selber sollte das neue Selbstverständnis von Vegalta einmal mehr unterstreichen. Aus einer felsenfesten Abwehr, welche der zweiten Halbzeit des Spiels gegen Kobe entsprach, wurden immer wieder Nadelstiche gesetzt. Diesmal galt dabei nicht mal unbedingt die Regel, alle Bälle auf Wilson. Auch Akamine, der zweite Stürmer, erhielt einige hundertprozentige Torchancen, welche er aber alle kläglich vergab. Als die ersten Fans, insbesondere Kuma, schon die Auswechslung forderten, kam aber aus dem Nichts seine Chance und aus der Drehung versenkte er eine Flanke unhaltbar im Netz von Hiroshima. Man muss dazu sagen, dass der Torwart von Hiroshima, Hayashi, letztes Jahr noch das Tor von Sendai hütete. Der Jubel im Stadion kannte keine Grenzen und in den nächsten 60 Minuten fand Hiroshima auch nicht im Ansatz einen Weg, um das Abwehrbollwerk von Sendai zu überwinden. Der Sieg war unser und damit auch der Nichtabstiegsplatz in der Sommerpause. Dank guter Ergebnisse liegt die Mannschaft sogar auf Platz 11, sendai3noch vor Yokohama, die momentan ein echtes Sturmproblem haben. Bei bestem Sonnenschein und netter Begleitung in Form unserer Freunde, blieben wir so noch eine Weile im Stadion. Wir feierten mit den Spielern, spielten mit den Kindern und stellten fest, dass Orsolya mit ihren fünf Fußballspielen die Spiele schon besser kommentieren kann, als einige Personen nach mehreren Saisons.

Als Ausgleich zum Fußballspielen fuhren wir im Anschluss dann noch weiter mit dem Fahrrad. Wenn wir schon mal mit dem Rad da sind, kann man auch in Izumi zum Shoppen fahren. So schafften wir es dann erst im Dunkeln, gegen 23 Uhr, zurück nach Hause. Wir kauften auf dem Weg gleich noch eine neue Waschmaschine, nachdem sich unsere alte anhört, als ob sie gleich in die Luft gehen würde. Es war also ein rundum gelungener Tag und ich freue mich schon auf die Rückrunde. Vielleicht schaffe ich es ja mit meinem Lehrergehalt mal öfter ins Stadion!

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Groundhopping Yokohama

Das hat man nun davon, wenn man anderen vertraut! Auf einmal war Orsolya nicht mehr so überzeugt, ob ihr Wort eine 4-stündige Anfahrt nach Osaka für das Auswärtsspiel von Vegalta beinhaltete oder nicht. Dabei war die Idee genial. yokohama2Nach langem Hin und Her entschieden wir uns, ein Fußballspiel in nicht so weiter Entfernung von Tokyo anzusehen. Und was wäre da besser, als Vaters Lieblingsmannschaft hierzulande, die Yokohama F Marinos, anzusehen. Das passte besonders, da wir im Jahr 2010 das WM-Stadion verpasst haben, wo sie eigentlich spielen.

yokohama1Das WM-Stadion ist auch wirklich sehr beachtlich, für einen Fußballverein wie Yokohama aber doch überdimensioniert. Am Endspielort der Weltmeisterschaft 2002 stießen wir natürlich auch auf eine Vielzahl von Bildern der deutschen Nationalmannschaft und Herr Khan durfte sich vor dem Stadion verewigen.

Das Spiel ist schnell beschrieben. Gegner war Sagan Tosu, ein Gegner von der Insel Kyushu und einer von zwei Vereinen, welche in der Liga in Rosa auflaufen. Als ob diese Geschmacksverirrung nicht schon schlimm genug ist, wird dazu noch die Farbe Babyblau gemischt. Normalerweise sollte der Vorjahreszweite Yokohama in dieser Begegnung haushoher Favorit sein, aufgrund einer anhaltenden Stürmermisere ist dieser aber weit von der Vorjahresform entfernt. Tosu auf der anderen Seite nutzte in dieser Saison die Schwäche der Teams in der oberen Tabellenhälfte, welche sich allesamt auf die Asia League konzentrierten, und schaffte es mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung auf den vorderen Tabellenplatz. Genau diese Situation spiegelte sich auch im Spiel wieder, wo Yokohama zwar anständig kombinierte, aber vor dem Sechzehner irgendwie das Schießen vergaß. Tosu nutzte seine wenigen Konter um direkt in der ersten Halbzeit durch individuelle Fehler zum 2 : 0 zu erhöhen. Erst in der zweiten Hälfte wurde Yokohamas Spiel etwas besser, als der alte Spielführer und Europalegionär Nakamura eingewechselt wurde. Dieser konnte das Spiel zwar nicht mehr drehen, mit einem genialen Schuss aus vierzig Metern aber immerhin das Spiel noch offen halten. In den letzten Minuten hatten dann noch drei Spieler den Ausgleich auf dem Fuß. Wer aber nicht schießt, kann auch nicht treffen. yokohama3So verließen die Fans mit gesenktem Kopf das Stadion und Yokohama findet sich im Abstiegskampf wieder. Ich selber muss sagen, dass ich die Stimmung bei Vegalta bevorzuge, auch wenn Yokohama sichtlich bemüht war. Aus diesem Grund besorgte ich mir dann auch gleich im Anschluss Karten für Sendais letztes Spiel vor der Sommerpause.

Natürlich war damit aber unsere Zeit in Tokyo noch nicht vorbei. Die restlichen Tage verbrachten wir beim Shoppen, wobei uns eine schreckliche neue Mode auffiel – der Zwillingslook. Überall waren besonders Mädchen wie Zwillinge gekleidet, in so kindlichen Klamotten, wie es für ihr Alter nun so gar nicht angemessen war. Den schlimmsten Fall konnte ich in Odaiba beobachten, wo ein paar Zwillinge sich auch noch gleich aussehende Freunde ausgesucht hatten. Hoffentlich schwappt so etwas nicht nach Deutschland über!

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Disneyland oder „Wo ist hier bitte Dagobert?????“

Es gibt Sachen, die habe ich als Kind schon nicht so begeistert aufgenommen, wie meine Altersgenossen. Vor über zwanzig Jahren ging es für mich nach Disneyland Paris und trotz riesiger Vorfreude blieb es irgendwie als Enttäuschung in Erinnerung. Zum einen lag das an den riesigen Schlangen, zum anderen daran, dass ich mit der Hauptfigur von Disney – Mickey – so rein gar nichts anfangen konnte. Ich war immer mehr ein Fan der Ducktales und da besonders der „reichsten Ente der Welt“. Dagobert erlebte immer Abenteuer mit Geschichtshintergrund und konnte dazu noch im Geld baden. Disney5Was kann man sich mehr wünschen? In Japan ist aber sowieso vieles anders und eines dieser Dinge ist Disneyland. Nicht unbedingt Kinder, sondern Erwachsene sind das Hauptpublikum des Parks. Dabei sind besonders Paare zu beobachten, aber auch Absolventen japanischer Unis suchen sich den Park gerne als Abschlussreise aus.

Während meiner Resttage in Tokyo wurde ich so „gezwungen“, mir mit Orsolya Disneyland anzuschauen. Die Tickets lagen schon eine Weile herum und ich wurde mit Versprechen wie der Möglichkeit, dass ich die Organisation des nächsten Tages übernehmen kann, geködert. Na warte, sie weiß gar nicht, worauf sie sich da einlässt….

Disney4So ging es am frühen Freitag ins Disneyland und schon beim Einlass schauderte es mir. Jeder – und ich übertreibe leider überhaupt nicht – hatte eine Disneymütze oder irgendwelche Ohren der Charaktere auf! Auch T-Shirts und Figuren waren allerorts zu sehen. Die Merchandise-Maschine von Disney scheint auf jeden Fall zu funktionieren und die Leute geben Unsummen aus. Mich trifft das natürlich weniger, denn wozu bitte noch extra Geld ausgeben? Auch die ewig lange Schlange zum Shakehands mit Mickey konnte ich mit einem müden Lächeln bedenken, trieb mich doch da rein gar nichts hin. Stattdessen fanden wir das erste Fahrgeschäft. Weshalb die Japaner die Durchsagen bei der „Fluch der Karibik – Fahrt“ auf Englisch belassen, verstehe ich schon mal nicht. Natürlich ist es besser für die Ausländer, aber die Japaner und besonders die Kinder sind doch überfordert damit und man nimmt ihnen den Spaß!

Disney1Nach dieser kurzen Fahrt sollte eigentlich eine Parade anstehen. Ein kurzfristiger Wolkenbruch machte das aber zunichte, so dass wir erst einmal eine Ewigkeit unter einem Dach verbrachten, bis auf einmal die Sonne wieder hervorkam. Es wurde aber nicht besser. Ewigkeiten verbrachten wir jetzt vor den Fahrgeschäften, die alle für die Wartezeiten viel zu kurz waren. Für einen normalen Mitteleuropäer war das aber auch besser so, denn von Beinfreiheit kann man nicht unbedingt in den Achterbahnen sprechen. Man bekommt schon Angstanfälle, ob man sein Bein nach der Fahrt noch spürt. Wir fanden auch noch ein paar Fahrgeschäfte, die lustig waren. Das war zum Beispiel die „Star Wars – Fahrt“. Überzeugen konnte mich das Ganze aber nicht wirklich und die Tatsache, dass Dagobert wieder übergangen wurde, blieb auch im Raum stehen. So blieben wir bis zur Nachtparade und dem Feuerwerk und ich kann sagen: Einmal reicht!

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Dafür wird meine Rache morgen umso schlimmer werden – ich habe da so eine Idee!

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Die letzten Tage

zug1Nach dem Highlight in Form eines Fußballspiels wird es Zeit, die letzten unserer 4.900 km durch Japan zurückzulegen. Zu diesem Zweck trennten wir uns für einige Stunden. Während ich einige Dinge in der Universität zu klären hatte, ging es für meine Eltern mit dem Zug in Richtung Nikko. Nikko ist eine Stadt mit vielen Tempelanlagen. Sie ist aber in einem anderen Bereich weltberühmt, ohne dass die Leute es unbedingt mit dem Namen verbinden. Nikko ist die Stadt der drei Affen, wovon einer nichts hört, der nächste nichts sieht und der dritte nichts sagt. Persönlich bevorzuge ich ja die gegenteilige Variante aus Onomichi, aber berühmter ist nun mal diese. Da diese Reise mit dem Gepäck meiner Eltern nur bedingt zu verbinden gewesen wäre, ging es für sie mit leichtem Gepäck los, während ich später mit ihren Koffern folgte. Als Abschluss ihrer Rundreise gefiel ihnen die Stadt mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten wohl auch sehr gut, auch wenn es schon sehr von Ausländern überlaufen ist. Aus eigenen Erinnerungen weiß ich noch, dass man wohl bei jedem Tempel auch extra Eintritt bezahlen musste.

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Elektronikviertel

Elektronikviertel

Im Anschluss trafen wir uns dann in Tokyo, wo es nach dem Abstellen der Koffer erst einmal zum Schauen in das Elektronikviertel nach Akihabara ging. Ich glaube, meinem Vater war gar nicht bewusst, was ihn da wirklich erwartet. Akihabara hat zwar den Ruf als Anime-Mekka, in Wirklichkeit ist es aber das Elektronikviertel. Was immer gerade auf dem Markt ist, man findet es hier und ich kannte zudem noch die kleinen Geschäfte in den Seitengassen.

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Nach einem erschöpfenden Shoppingmarsch entschieden wir deshalb, nicht wie geplant noch zur großen Kreuzung nach Shibuya zu fahren, sondern in einem Fischrestaurant einzukehren. Dieses fanden wir in nächster Nähe unseres Hotels und die Kellner hatten wohl mehr Angst vor uns, als wir vor ihnen. So bemüht wie hier, waren die Kellner um mich selten. Man erklärte mir ausladend jeden einzelnen Punkt auf der Karte und schaffte es so, meinen Eltern ein abwechslungsreiches Essen zum Abschied auf den Tisch zu stellen.

Tokyo04Am nächsten Morgen hieß es dann, früh aufstehen und zum Flughafen fahren. Dort wurde noch einmal anständig gefrühstückt und zum Abschluss noch einmal Sashimi und Sushi gegessen. Meine Eltern haben wirklich Gefallen an der japanischen Version des Sushis gefunden. Aus diesem Grund gab es von mir zum Abschied für meinen Vater auch einen Maguro-Sushi-Schlüsselanhänger als Motivation, um wieder herzukommen. So endete dann auch die lange Reise mit meinen Eltern und ich bin wieder ohne Familie in Japan. An Normalität war aber noch nicht zu denken, denn ein paar Tage in Tokyo mussten noch sein, wenn man schon mal da ist.

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Vegalta Sendai vs. Vissel Kobe

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Unsere Freunde

Unsere Freund „Mütze“

Es gibt Sachen, die muss man einfach mitmachen, um sie zu verstehen. Da kann ich noch so oft erzählen, wie gut der Support bei Vegalta Sendai ist und wie viel Spaß es doch macht, auch wenn es nicht der FCM ist. Glauben tut man es erst, wenn man live dabei war. Aus diesem Grund haben wir uns heute Tickets für das Spiel von Vegalta Sendai gegen Vissel Kobe gekauft und meinen Eltern damit den ersten Besuch für ein Heimspiel von Sendai ermöglicht. Schon im Vorfeld hatte ich deswegen meine Fußballfreunde
Unsere Freund Kuma

Unsere Freund Kuma

rund um Kuma informiert und sie hielten uns dankbarerweise ein paar Plätze in der Fankurve frei. Als „Dank“ verschüttete ich mein Bier, um meinen Vorderleuten erst einmal einen nassen Rucksack zu verpassen. Aber ansonsten wurden wir sehr gut aufgenommen. Meine Eltern bekamen sogar zwei Paar exklusive Stäbchen und Sendaier Süßigkeiten als Geschenke überreicht. Der Dritte im Bunde, von meinem Vater der Einfachheit halber „Mütze“ genannt, hatte uns als Verpflegung sogar selbst gemachte Octopusbällchen mitgebracht. Da konnten wir natürlich nicht nachstehen und verteilten Osterschokolade.

Unser Freund

Unser Freund

Unsere Freunde

Unsere Freunde

Aber wir waren ja nicht nur deswegen im Stadion, sondern um das Fußballspiel zu sehen. Und das begann alles andere als gut! Schon nach wenigen Minuten schaffte Marqinos, der Urtyp eines Söldners, der auch schon ein Spiel für Sendai machte, das 1 : 0 für Kobe. Wenig später folgte das 2 : 0. Alles sah nach einer Klatsche für Sendai aus. Sendai hat seit meinem letzten Besuch zwar reagiert und endlich den australischen Trainer nach 8 Spielen ohne Sieg beurlaubt. Dessen komische Taktikentscheidungen steckten aber noch in den Köpfen der Spieler. Irgendwie schaffte er es, dass eine Mannschaft, welche an guten Tagen jede Mannschaft schlagen konnte, mittlerweile Angst vor jedem Gegner in der Liga hat.

Elfmeter - Toor!

Elfmeter – Toor (Ball in linker oberer Ecke)!

Der beste Mann - Wilson!

Der beste Mann auf dem Platz – Wilson!

Den Posten des Trainers hat mittlerweile der Co-Trainer übernommen. Das ist ein ehemaliger Spieler und dieser fand in der Halbzeit anscheinend die richtigen Worte. Zu diesem Zeitpunkt sangen die Unterstützer zwar noch, aber so wirklich glaubte schon keiner mehr an ein Unentschieden oder gar einen Sieg. Vegalta kam nach einer Taktikumstellung und mit einem neuen Stürmer wie verwandelt aus der Kabine. Zuerst schaffte der Brasilianer Wilson, einen Elfer zu erhalten. Diesen verwandelte er sofort, nur um wenige Minuten später der gegnerischen Abwehr davonzurennen und den Ausgleich zu erzielen. Die Taktik wandelte sich zu einem reinen „Gib den Ball zu Wilson“ und Kobe war sichtlich geschockt. Trotzdem gelang ihnen bei einem der wenigen Entlastungskonter das 3 : 2. In der bisherigen Saison wäre dies für Vegalta das Ende gewesen, was insgesamt nur 4 Tore in den letzten 8 Ligaspielen belegen. Unter dem alten Trainer wurden davon übrigens nur zwei geschossen. Heute war aber alles anders und unter dem lautstarken Gesang der Sendaier erzielte man das viel umjubelte 3 : 3, nur um kurze Zeit später auch noch das Siegtor zu schießen.

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Sendai hatte genau so viele Tore geschossen, wie in der Saison zusammen und ein Spiel gedreht. Das Stadion stand Kopf! Hinter uns ging es so weit, dass eine Frau ihren Freund trösten musste, da dieser vor Freude über den ersten Heimsieg hemmungslos weinte. Der Tag war also rundum gelungen. Einzig um einen Japaner tat es mir etwas leid. Aus Freude über den Sieg wollten einige Japaner mit uns abklatschen und nicht immer hat man die eigene Kraft im Blick. Dadurch wurde der Arm eines Abklatschpartners meines Vaters ziemlich zurückgeschleudert. Der Sieg wird es ihm aber wert gewesen sein!

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Abends ging es dann noch in ein Fünfziger Jahre – Restaurant. Damit boten wir meinen Eltern noch einmal etwas ganz Anderes, wenn auch das Essen eventuell durch die orginal fünfziger Jahre Rezepte qualitativ mit den Tagen zuvor nicht mithalten konnte.

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Man muss den Eltern ja immer etwas Neues bieten! Das ist in einer Region wie Sendai, welche kulturell gesehen immer etwas im Hintertreffen zu den Fürstentümern im Süden Japans war, nicht immer ganz einfach, ohne längere Strecken zu fahren. Heute ging es aber einmal zu einem leichteren Ziel – Shiogama. Shiogama liegt nur eine halbe Stunde von Sendai entfernt und hat den größten Thunfischfanghafen Japans.

Shiogama03Das eigentliche Highlight ist aber eine große Tempelanlage, welche von Liebenden sowie insbesondere auch von kleinen Kindern, in regelmäßigen Abständen besucht werden soll. Der Tempel ist sehr ansehnlich, das eigentliche Highlight war aber eine stattfindende Hochzeit. Man stelle sich das einmal in Deutschland vor: Man heiratet in der örtlichen Kirche und im Rundgang laufen die Besucher der Kirche herum, Shiogama01als ob gerade nichts los wäre und läuten dazu auch noch in regelmäßigen Abständen die Glocken. Unvorstellbar? Tja, hier in Japan ist alles ein wenig anders! Hier konnte jeder die Hochzeitsgesellschaft beobachten und trotzdem standen die Glocken zum Beten eigentlich nie still. Ich als Bräutigam wäre aber garantiert genervt gewesen. In Anbetracht der Dauer der Zeremonie und bei dem Zeitraum, in dem man Shiogama02dafür stehen musste, wäre die Gefahr bei mir aber letztendlich wohl gering, da ich nach kürzester Zeit wohl eingeschlafen wäre. So eine Zeremonie geht natürlich nicht nur ein paar Minuten. Man betet, wird rituell gereinigt und die Mikos führen traditionelle Rituale vor. Währenddessen stehen Braut und Bräutigam am jeweils anderen Ende des Tempels, bis sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich in der Mitte des Raumes treffen dürfen.

Shiogama04Im Anschluss an den Besuch des Tempels ging es dann zum Hafen, wo meine Eltern erst einmal frisch gefangenen Fisch und Meeresfrüchte probierten, während Orsolya sich mit einem Standverkäufer für eingelegtes Gemüse anfreundete und uns so mehrere kostenlose Proben besorgte. Man muss schon zugeben, mit ihren sehr guten Japanisch-Kenntnissen macht sie hier schon sehr viel Endruck und die Leute honorieren das dementsprechend!

Ein weiteres Highlight des Tages sollte dann das Abendessen werden. Schon zwei Tage zuvor hatten wir vier Pltze in einem japanischen Restaurant gesichert, welches Sendaier Spezialitäten anbietet. Den Ehrenplatz erhielt dabei mein Vater. Er saß neben der lebensgroßen Puppe einer Sendaier Persönlichkeit und sah ihr auch noch ähnlich. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gab es einen Mönch welchem nachgesagt wurde, dass er Glück brachte, wenn er ein Restaurant besuchte. Dieses Glück gab es letztendlich sogar wirklich, da seine Anwesenheit als Zeichen guten Essens gesehen wurde. Deshalb kehrten die Sendaier anschließend ebenfalls dort ein und ermöglichten somit den Besitzern das Geschäft ihres Lebens. Seit diesen Tagen ist es nun in den Restaurants von Sendai Tradition, ein Foto oder ähnliches von diesem Mönch aufzustellen. Im Falle dieses Restaurants ging man aber noch einen Schritt weiter und setzte eine Puppe auf einen Tresenplatz. Sie blockiert diesen Platz ständig, hat einen Teller vor sich zu stehen und verfügt so immer über gutes Essen. Bei ungenauer Betrachtung sieht das dann schon mal so aus, als ob man neben jemandem sitzt. Aber auch das Essen war sehr gut und wir konnten meinen Eltern einige Neuheiten zeigen, welche sie wohl so noch nicht gegessen hatten. So langsam haben wir damit alle Spezialitäten Japans abgedeckt.

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