Beim Geschäftsessen

Als ich nach meinem nächtlichen Abenteuer mit der „Betrunkenen“ zu Hause ankam, erreichte mich schon der Beweis, dass auf jede gute Tat eine entsprechende Antwort wartet. Ich hatte eine Einladung zum Geschäftsessen für Angestellte und gute Kunden der Nissay Versicherung erhalten. Um zu erklären, weshalb ein Student zu solcher Veranstaltung eingeladen wird, muss ich etwas ausholen:

Der geneigte Leser wird sich bestimmt noch an den Hippo Family Club mit den genialen Liedern in Richtung „Ich bin ein Nilpferd, du bist ein Nilpferd“ erinnern. Als wir Yuko, einem Kind der Gruppe, bei der Vorbereitung ihrer Zeit in Deutschland geholfen haben, tauschten wir auch Telefonnummern mit ihr aus. Vor ein paar Tagen kam dann die Einladung zu einer neuen Feier des Clubs. Zu meiner Überraschung wurde diese aber durch Yuko und nicht durch die eigentliche Vorsitzende der Gruppe, welche mich normalerweise anruft, ausgesprochen. Im Vertrauen, dass das schon alles seine Richtigkeit hat, nahmen Orsolya und ich uns für die Veranstaltung Zeit. Dann erfuhren wir aber kurz vor Beginn der Veranstaltung, dass Yuko nicht kommen wird. Da wir eh die Zeit eingeplant hatten entschieden wir, trotzdem hinzugehen. Die Anwesenden waren sehr überrascht, da sie von Yukos Einladung natürlich nichts wussten. Es wurde trotzdem ein lustiger Abend, wobei es für mich eher ein Workout wurde, da ein 3-Jähriger und ein 5-Jähriger mich als ihren Kletterbaum ausgesucht hatten und die gesamte Zeit mit mir spielen wollten. Die Tatsache, dass wir aber Yuko immer helfen und wir jetzt auch noch umsonst auf ihre Einladung erschienen sind, scheint jetzt aber ihre Mutter überzeugt zu haben, uns zu diesem Geschäftsessen einzuladen. Zudem sieht es natürlich immer gut aus, Ausländer zu kennen. So weit also zur Vorgeschichte.

Wir gingen nun also zu dieser Veranstaltung. Als wir noch versuchten die Mutter von Yuko anzurufen, lotsten uns einige Mitarbeiter auf die Party, weil wir wohl schon groß angekündigt waren. Da wir die einzigen Ausländer bei diesem Essen waren, ist dies wohl nicht verwunderlich! Zur Begrüßung mussten wir uns natürlich auch erst einmal beim obersten Chef der Firma vorstellen. Er zeigte sich begeistert davon, dass wir sowohl wissen, wie man Visitenkarten der japanischen Etikette entsprechend übergibt als auch dass wir selber welche hatten. Das Essen selber war super. Der Chef hatte dafür einen ganzen 60er Jahre Rock and Roll Club gemietet, in dem rund 100 Personen anwesend waren. Nach dem Essen gab es dann auch Livemusik, wo Japaner das Beste der 60er Jahre coverten. Allerdings konnte man sprachlich die Lieder kaum auseinanderhalten, was nicht zuletzt an ihrer schlechten Aussprache lag. Trotzdem war die Musik in Ordnung und nach viel Druck und dem Sichten einiger Musikvideos als Inspiration ließ ich mich sogar kurzzeitig auf die Tanzfläche schieben, wo wir eine bessere Figur als die meisten Anwesenden abgaben. Es war aber interessant zu sehen, wie sich die Japaner gehen ließen. Vom gesitteten Auftreten im Dienst war nichts übrig und mehr als Einer gab zumindest vor, betrunken zu sein, denn in diesem Zustand konnte ihnen der Chef das Verhalten nach japanischem Brauch nicht vorwerfen. So gab es eine Abteilungsleiterin, welche bis auf den Chef wohl jeden Mitarbeiter drückte und das, obwohl die Japaner sonst jede Berührung scheuen. Trotz allem fühlte ich mich etwas fremd und beobachtet, Spaß hatten wir aber auf jeden Fall. Dem Chef auf der anderen Seite scheint unser Auftreten auch gefallen zu haben. So wurden wir noch einmal von ihm persönlich mit Handschlag und vielen guten Ratschlägen verabschiedet. Im Zweifel können wir uns bei ihm melden, falls wir ein Problem in Japan haben, bei dem er behilflich sein könnte. Wer weiß schon, wozu das mal gut sein kann!

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