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Auf der Südhalbkugel

Was soll ich woanders, wo es mir nicht gefällt? Diese Frage stelle ich mir manchmal und habe aus diesem Grund bisher alle Chancen verstreichen lassen, um von Japan aus andere Länder zu bereisen. Zwar gibt es einige Länder, die von Japan aus schneller zu erreichen sind und bestimmt von Interesse für mich, aber es gibt so viele Orte in Japan, welche ich noch sehen will, weshalb ich erst einmal Prioritäten setzten musste. Dieser Vorsatz wurde jetzt aber über den Haufen geworfen. Orsolyas Mutter wollte sich mit Orsolya zu einem Urlaub in Bali treffen und ich wurde als Begleiter eingeladen. Da kann man natürlich nicht nein sagen. Interessant ist gleichzeitig, dass ich mich damit das erste Mal in meinem Leben unterhalb des Äquators befinde.

Die Reisevorbereitungen verliefen ziemlich entspannt und ohne große Vorkommnisse. Im Gegensatz zu Reisenden aus Europa, kann man hier direkt in Japan das Visa für Indonesien beantragen. Normalerweise müsste man in Indonesien auf dem Flughafen das Geld für das Visum bezahlen und im Anschluss die gesamte Beantragungsprozedur, welche gerne mal 3 Stunden dauert, über sich ergehen lassen. Auf unserem Flug sollte es einfacher gehen. Man bezahlt auf dem Flughafen in Narita die Gebühren und bekommt im Flugzeug das Visum. Zu diesem Zweck fliegt auf der Strecke ein Beamter mit, der mit Stempelkissen durch das Flugzeug marschiert und das Visum einträgt. Das war für mich eine neue Erfahrung, hat uns bei der Ankunft aber viel Zeit erspart, die man sonst mit Schlange stehen verbringt.

Von Bali selber habe ich noch nicht so viel gesehen, außer die Autobahn. Das war ein Verkehr! Verkehrsregeln scheint es auf dieser Insel nicht zu geben. Motorräder drücken sich in jede Ecke und Autos halten sich an keine Regeln. Überholen wird nur per kurzem Hupen angekündigt und wer dann noch im Weg steht, hat halt Pech gehabt. Auch von Sicherheitsaspekten scheinen Indonesier nicht viel zu halten. Mehrmals sahen wir Paare, die auf einem 1-Personen-Roller mit ihrem Baby zwischen sich gepresst, mit überhöhter Geschwindigkeit an uns vorbeischossen. Dass viele Autos die zweispurige Straße versperrten, weil sie auf dem Mittelstreifen fuhren, war bei dem ganzen Verkehr wirklich noch das Geringste. Die Unfallstatistik für Bali muss ich unbedingt mal finden. Das Hotel macht aber einen guten Eindruck und ich habe ein Bungalowzimmer, was sehr ordentlich ist. Hier lässt es sich auf jeden Fall aushalten, besonders, da es einen Pool und einen Zugang zum Strand gibt. Mal schauen, was die nächsten Tage so bringen.

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Vegalta vs. Nagoya

Nagoya, der Name einer Stadt, die in den letzten Wochen für mich der Inbegriff des Feindbildes geworden ist. Vor vier Monaten habe ich dort mein Fahrrad gekauft und seit vier Wochen befindet sich dieses wieder in eben jenem Ort. Nachdem ich innerhalb von drei Wochen kein Lebenszeichen erhalten habe, ob denn mein Rad überhaupt den Weg dorthin überstanden hat, habe ich letzten Montag dort anrufen lassen. Wie sich herausstellte, wartet man immer noch auf die Ersatzteile. Angeblich ist der Schaden so gar nicht möglich und das Rad muss auf unmöglichen Wegen querfeldein gefahren worden sein. So jedenfalls erklärte der Besitzer des Fahrradladens die Situation und sagte aber gleichzeitig, dass er das Rad trotzdem repariert. Zum einen habe ich das Rad aber nur in Sendai und normal gefahren und zum anderen überrascht mich die Aussage mit dem trotzdem doch etwas. Vor drei Wochen hat er sich nur unwillig bereit erklärt, das Rad überhaupt anzuschauen und jetzt macht er etwas aus Kulanz? Der Herr kann mir viel erzählen, aber die Geschichte glaube weder ich, noch die Japaner, welche das Telefonat für mich führten. Vielmehr scheint er eingesehen zu haben, dass der Fehler beim Radladen lag und die Geschichte dient dazu, sein Gesicht zu wahren. Trotzdem darf ich jetzt noch weiter auf mein Rad warten, bis endlich die Ersatzteile aus den Vereinigten Staaten eintreffen.

Aber was soll es, dann lenke ich mich halt etwas von der ganzen Sache ab und gehe zum Fußball. Im Gegensatz zu Europa hat hier die Saison schon wieder angefangen und Vegalta braucht jeden Punkt, den sie bekommen können. Da bin ich doch gerne bereit, meinen Anteil zu leisten. Besonders, da der Gegner am Mittwoch aus einer gewissen Stadt kommt, auf die ich im Moment eh nicht so gut zu sprechen bin. Die Nagoya Grampus Eight geben sich in Sendai die Ehre. Der Meister von 2010 ist relativ finanzstark und mit einigen in Japan bekannten Gesichtern ausgestattet. Besonders sei hier die Nummer 4 Tulio, in Halbjapaner und langjähriger Nationalspieler, genannt. Aber auch die Brasilianer im Team brauchen sich nicht zu verstecken. Trotz der namenhaften Spieler tut sich Nagoya aber extrem schwer, um in der Liga mitzuhalten. Vegalta sollte also auf jeden Fall Chancen haben. So kam es dann auch. Vegalta hat in dieser Saison einen besonders starken Zusammenhalt. Daszeigte sich in diesem Spiel schon dadurch, dass Wilson und drei andere Spieler angeschlagen in das Spiel gingen, um Vegalta die wichtigen Punkte zu sichern. Das Spiel fing auch gut an und in der ersten Halbzeit konnte Akanime durch einen Abwehrfehler ungefährdet alleine auf den Torwart zu rennen und den Ball einschieben. Nagoya fand zu diesem Zeitpunkt keinen Zugriff auf das Spiel, welches Vegalta sehr geschickt durch eine tiefstehende Abwehr mit schnellen Kontern lenkte.

Während sich nach der ersten Halbzeit keiner wirklich vorstellen konnte, wie Nagoya noch gefährlich werden könnte, kam es kurz nach Wiederanpfiff zum Ausgleich aus dem Nichts. Vegalta zeigte sich unbeeindruckt und stellte den alten Abstand durch eine Standardsituation wieder her, nur um kurz später aus eben solcher wieder den Ausgleich zu kassieren. Während Vegalta nun auf dem Zahnfleisch kroch, was bei Temperaturen um die 35 Grad nicht überraschend war, versuchte Nagoya mit aller Macht, das Spiel zu drehen. Aus einem erneuten Standard schaffte Vegalta wieder die erneute Führung. Bis zur 93. Minute sah alles nach drei Punkte für Vegalta aus. Nagoya rannte wütend an und Vegalta verteidigte gut. Als man aber in der 93. den Ball nicht aus der Gefahrenzone bekam, fiel der erneute Ausgleich nach einem Fernschuss aus 25 Metern eigentlich mit Ansage. Vegalta hatte viel investiert, gut gekämpft und trotzdem nur einen Punkt gesichert. Die Enttäuschung war den Fans ins Gesicht geschrieben. Und für mich war es besonders schwer, hatte ich Nagoya doch alles erdenklich Schlechte gewünscht, als Rache für mein Fahrrad.

Na gut, wenn ich für die nächste Zeit kein Rad habe, dann mache ich halt erst mal Urlaub. Aus diesem Grund wird mein nächster Blogeintrag dann aus Bali erfolgen. Bis dann also!

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Reik, der Oberlehrer

Es ist endlich geschafft! Die Weltmeisterschaft ist zu Ende und „wir sind Weltmeister“. Ok, ich eher nicht, denn mit meinen Fußballfähigkeiten hätte ich wohl eher jemandem vom gegnerischen Team das Bein gebrochen, ehe ich den Ball bekommen hätte und geschaut habe ich auch kein Spiel. Hier in Japan gratuliert mir aber trotzdem jeder, als ob ich aus dem gelobten Land komme. Die Liebe zum Fußball, welche eine Weltmeisterschaft entstehen lassen kann, ist schon überraschend. Nachdem ich mittlerweile drei Weltmeisterschaften hier in Japan verbracht habe, merke ich, wie die Begeisterung für den Sport mehr und mehr zunimmt und nicht einmal die eher bescheidenen Leistungen der blauen Samurai können an dieser Tatsache etwas ändern. Trotzdem gibt es eine Gruppe von Menschen, die sich vielleicht mehr mit der Weltmeisterschaft beschäftigen hätte sollen – meine Studenten!

Es ist Hochsommer und damit Prüfungszeit. Das erste Mal in meinem Leben stehe ich auf der anderen Seite des Raumes und so langsam verstehe ich die sadistischen Adern meiner ehemaligen Lehrer. So manch einer ihrer Charakterzüge muss entstanden sein, als sie uns schwitzend über einer Klausur brütend sehen mussten. Es ist schon etwas anderes, den Prüflingen über die Schultern zu schauen und ihre Fehler direkt zu sehen, als selber schwitzend im Raum zu sitzen und zu versuchen, sich an das Gelernte zu erinnern. Der Test, der dabei in unserem Kurs zu schreiben war, war eher einfacher Natur. Im Schnitt war er locker in einer Stunde zu bewältigen und die Übungen waren einfache. Wenn ich dagegen an gewisse Kanjiprüfungen denke, wo 260 Kanjis zu wissen waren und die Aufgaben in der Größenordnung gestellt wurden, dass man nur Sekunden zum Überlegen hatte, dann waren wir wirklich human.
Aber nun zur kurzen Beschreibung: Japanische Klausuren laufen anders als in Deutschland ab. Man hat einen Vordruck und muss bei diesem nur Freistellen ausfüllen. Damit man diese auch ändern kann, ist das Verwenden von Bleistiften zu meiner großen Überraschung ebenfalls gestattet und kein Student nutzte einen Kugelschreiber. Die Aufgaben umfassten das Deklinieren, das Übersetzen mehrerer einfacher Sätze ins Japanische, eine Leseverständnisaufgabe und eine kurze Vorstellung der eigenen Person. Als Abschluss gab es dann noch eine Hörübung. Solange es bei den Auswendiglern-Aufgaben blieb, gab es für die Meisten dann auch kein Problem. Ich habe so ein wenig das Gefühl, als ob Japaner die Könige im Auswendiglernen sind. Dabei entsteht aber das Problem, welches sich bei den Anwendungsaufgaben zeigte. Schon vor einigen Wochen hatte ich bemerkt, dass meine Studenten zwar das Alphabet aufsagen können, wenn es aber nicht in der Gruppe oder gar aus der Reihe geschehen soll, dann haben sie große Probleme. Dies hängt mit der Besonderheit der Japaner zusammen, dass hier im seltensten Fall mal Aufgaben einzeln gelöst werden müssen. Im Selbstverständnis des Lehrens hierzulande ist das Wiederholen das geeignetste Lehrmittel und dabei sollen alle sprechen. Wenn einer dabei aber Fehler macht, ist es für die Lehrkraft fast unmöglich, diese eine Person herauszufiltern und sie zu berichtigen. Dementsprechend hat auch mein Kurs einige Schwächen wie zum Beispiel, dass einige meiner Studenten einzelne Buchstaben falsch schreiben. Da sie mir aber ihr Geschriebenes nie zeigen müssen, bleibt mir nur, vor dem Unterricht durch die Reihen der Lernenden zu gehen und ihnen da Tipps zu geben.

Das erste Problem war die eigene Vorstellung. Einige Studenten waren der Meinung, mit ihrem Wissen angeben zu müssen. Natürlich kann man bei Sachen, die einem gefallen, die eigentlichen Interessen angeben. Wieso sie dann aber versuchen, Hardcore Techno oder spezielle schwere Worte wie Ingenieur zu schreiben, wenn sie auch einfach Musik und Technik (von der Professorin vorgegebener Begriff für alle technischen Fachrichtungen) benutzen könnten, muss man nicht verstehen. Wobei, ich verstehe es, weil ich es in meinen Sprachkursen früher genauso gemacht hätte und vermutlich genauso viele Fehler wie meine Studenten eingebaut hätte. Trotzdem finde ich es interessant, wie anders ich doch in solcher Situation denke, obwohl ich erst ein halbes Jahr unterrichte. Die weit schwerere Aufgabe war aber eine andere. Im Hörverständnis reichte es, wenn die Studenten einen sechsmal genannten und dabei zweimal buchstabierten Namen aufschreiben konnten. Wie sich zeigte, schauten die wenigsten von ihnen Fußball und so zerstörte Deutschlands defensives Mittelfeld, in Form von Herrn Schweinsteiger, die Träume von 85 Prozent meiner Studenten, eine perfekte Note zu bekommen. Eigentlich hätte denen doch klar sein müssen, dass irgend ein Thema mit Fußball kommt, so oft wie meine Professorin die WM erwähnt hat. Beim Buchstabieren zeigten sich dann zwei große Probleme: Der Unterschied zwischen einem B und einem W war für die meisten Studenten einfach nicht zu hören und auch das L oder R konnten sie nicht unterscheiden. Zu sehr sind die Japaner in ihrer Katakana-Umschrift gefangen, die bei diesen Tönen keinen Unterschied macht.

Auf jeden Fall hatte ich dieses Semester meinen Spaß und meinen Studenten scheine ich auch gefallen zu haben, denn nächstes Semester bekomme ich noch einen Kurs extra. Ich muss sagen, ich freue mich schon darauf, denn es macht schon Spaß. Und was ich lerne, weil ich vor dem Kurs reden und präsentieren muss, kann ich auch garantiert später noch einsetzen, um Präsentationen zu halten.

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Wieder mal Probleme mit der Technik

Was würde ich ohne die globalisierte Welt machen! Es hätte ein ganz normaler Tag werden können. Nachdem ich anfänglich den Fehler machte, meine neuen Unterlagen kreuz und quer auf dem Rechner zu lagern, entschied ich mich, endlich mal Ordnung in die Doktorarbeitsunterlagen zu bringen und ein Forschungsbuch anzulegen. Während ich vor mich hinschreibe, Dateien ordne und umbenenne, passiert es plötzlich: ich kann kein g und kein h mehr schreiben. Insgesamt fünf Tasten geben ohne ersichtlichen Grund den Geist auf und ich kann das Arbeiten vergessen. Was mache ich nur? Japanische Tastaturen haben ein anderes Tastaturlayout und sowieso, wenn ich einen Laptop habe, will ich diesen auch benutzen. Da ich die Tastatur kurz vor Japan schon einmal austauschen musste, wusste ich wenigstens, wie man diese leicht aus dem PC bekommt. Eine kurze Untersuchung und bange Minuten später ergeben einen komischen braunen Film auf dem Tastaturflachband. Mittlerweile habe ich einen Puls von 200. Alle Stromquellen vom PC getrennt, PC eingepackt – das soll sich ein Experte anschauen. Auch in Japan gibt es schließlich die guten alten Minicomputerläden. In Deutschland sind es diese, die im besten Fall einen echten Bastler als Besitzer haben, welcher sich die Situation für einen Obolus einmal anschaut.

Einen langen Fußmarsch später habe ich 5 verschiedene dieser Läden abgesucht und keiner hat auch nur das kleinste Fünkchen Ahnung von der Materie. Wieso soll ich eigentlich nicht gleich bei den großen Discountläden kaufen, welche die Stadt hat, die jeden PC zur Hälfte anbieten, wenn der einzige Mehrwert der kleinen Läden, die kompetente Beratung, hierzulande wegfällt?

Schweren Herzens entschied ich mich dafür, erst einmal selber eine Reinigung zu versuchen. Mit Reinigungsalkohol aus einem Labor an der Uni setzte ich mich mehrere Stunden hin und kümmerte mich um den PC, aber auch diese Sache brachte nicht die erhoffte Lösung. Eine externe Tastatur musste her und wie heißt der schöne Spruch noch einmal: wer billig kauft, kauft zweimal. Die Tastatur war gut verpackt und erschien auf dem Karton größer, als es in der Realität der Fall war. Mit europäischen Wurstfingern schafft man es dabei leicht, mehrere Tasten auf einmal zu treffen. Während ich noch mit dem Schicksal haderte, bestellte mein Vater auf meine Bitte eine neue Tastatur für den Laptop in Deutschland. Nun geschah das Seltsame. Während ich aus Versehen die Tastatur meines Laptops nutze und nicht die neue externe Tastatur, funktionierte auf einmal die Laptoptastatur wieder. Wie das angeht, ist mir total unklar. Nach dem Anstellen war die Tastatur erst für fünf Minuten nicht zu benutzten und dann, wie auf Zuruf, entschieden sich die Tasten, wieder mit mir zu arbeiten. Dies war zwar schon besser als vorher, aber auf Dauer nervig. Irgendwann ging es dann wieder gar nicht mehr. Die Rettung kam aber innerhalb von zwei Wochen nach dem Start des gesamten Problems in Form eines Paketes aus Deutschland und die neue Tastatur hauchte meinem PC ein neues Leben ein. Nun kann ich nur hoffen, dass dieses Mal vielleicht meine beiden PCs den Japanaufenthalt überstehen, nicht wie 2010, wo ich gleich zwei Opfer zu beklagen hatte. Auf diesem Weg auf jeden Fall noch einmal Danke für das schnelle Carepaket. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das früher ohne Skype und Fünf-Tage-Versand zwischen Deutschland und Japan funktioniert hat, wenn man dringend Unterstützung benötigte.

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Warum studiert ihr eigentlich Deutsch?

Eine der Sachen, welche sich durch meinen Lehrerberuf geändert haben, ist, dass ich heutzutage mehr darauf achte, was die Studenten antreibt, ihre Fächer zu studieren und auch Sprachen zu lernen. Man merkt den Unterschied zwischen den Studenten, welche nur Deutsch lernen, weil sie für ihr Studium eine Sprache benötigen und denen, welche einen Aufenthalt in dem Land planen, schon ziemlich stark. Besonders die Studenten, die einen Deutschlandaufenthalt planen, stellen viel mehr Fragen. Und was mich natürlich besonders freut: Sie hören aufmerksamer zu, was ich in meinen Deutschlandvorträgen so erzähle. Vor ein paar Tagen hatte ich die interessante Möglichkeit zu hören, warum einige meiner Mitstudenten sich für Deutsch entschieden haben und die Gründe sind wirklich abstrus. Zum einen gibt es das Problem, dass die Eltern erwarten, dass man studiert und dass dadurch auf jeden Fall die Entscheidung für ein Feld fallen muss. Nach einer groben Orientierung in eine Studienrichtung, also Naturwissenschaften, BWL, Medizin oder Philosophische Fakultät, hat man ein Jahr Zeit, sich für ein Fach zu entscheiden. Einer meiner Mitstudenten mochte nun deutsche Bands wie Rammstein oder Kraftwerk und nahm dies zum sehr schlüssigen Anlass, doch die Sprache zu studieren. Die nächste ist begeistert von deutschen Autos. Ein Charakter in einem Anime fährt einen Volkswagen Käfer und dieser gefällt ihr so gut, dass sie mehr über Deutschland lernen will. Eine dritte Begründung war das deutsche Brot. Eine Studentin mag deutsche Backwaren und will auf diesem Weg lernen, wie man diese herstellt.

In meinen Augen stellt sich die berechtigte Frage, inwiefern bei solchen Gründen jetzt gerade das Lernen von deutscher Literatur der Weg ist, um diese Ziele zu erreichen. Ein breites Spektrum an Wissen über das Nibelungenlied oder Kafka dürfte jetzt nicht gerade dazu beitragen, dass die Personen besser in ihrem Bereich zurechtkommen. Im Endeffekt geben die Fragen nach der Zukunft der Beteiligten schon die notwendige Antwort. Ein Großteil will Beamter werden und dafür benötigt man nur einen Abschluss in einem Fach der Philosophischen Fakultät und da ist der Grund egal. Auch ansonsten verlangt ein Großteil der japanischen Berufe ein abgeschlossenes Studium, aber nicht unbedingt in einem vorgeschriebenen Fachbereich. Trotz allem muss ich sagen, ich habe schon seltsame Gründe gehört, warum man ein Fach studiert und seien es all die Lehramtsstudenten, die denken, dass Lehrer ja so viel Freizeit haben. Aber die Japaner schlagen wirklich alles. Man kann nur hoffen, dass in Deutschland das System nie so verwässert wird, wie es hier bei einigen Studenten passiert.

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Der Besuch im Krankenhaus

Vor einigen Tagen musste ich wegen unsäglichen Zahnschmerzen in die Notfallaufnahme des Krankenhauses. Im Endeffekt konnte sich die Schmerzen aber niemand erklären und sie gingen dann auch von alleine wieder weg. Deshalb hatte ich für die nächste Zeit eigentlich erst einmal genug von Krankenhäusern. Der plötzliche Anruf von meiner alten Konversationspartnerin Mayumi ließ meine Entscheidung aber kurzfristig wanken. Die Arme wurde für mehrere Monate ins Krankenhaus eingewiesen, da es Komplikationen bei der Geburt ihrer Zwillinge geben könnte. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen und sofort machte ich mich zusammen mit Orsolya auf den Weg in das drei Orte entfernt liegende Kinderkrankenhaus von Miyagi, in dem sie sich langweilen musste.

Dieses Krankenhaus war so anders als alles, was ich bis dato von Krankenhäusern erwartet habe. So schafften wir es zum Beispiel in mehreren Stunden Aufenthalt in einem Kinderkrankenhaus, in dem wir auch in der Lobby Zeit verbrachten, genau ein Kind zu sehen. Noch viel überraschender waren aber die Zugangsvoraussetzungen. Einfach mal kurz einen Überraschungsbesuch im Krankenhaus ableisten? Nein, so etwas wäre ja verrückt! Am Eingang des Krankenhauses wurden wir abgefangen und mussten alle möglichen Formulare ausfüllen, damit wir Zugang bekommen. Dann erhielten wir einen Besucherausweis, mit dem wir uns aber praktisch nirgends bewegen konnten, ohne dass Mayumi dabei war. Alle Türen zum Besucherzentrum öffneten sich nur unter der Voraussetzung, dass Mayumi ihre Krankennummer nannte. Wir fühlten uns wie in einem Gefängnis. Wie das laufen soll, wenn Mayumi später ans Bett gefesselt ist, will ich mir gar nicht vorstellen.

Im Großen und Ganzen geht es Mayumi zu unserer Freude aber gut. Das Gespräch mit ihr ergab aber interessante Einblicke in die Psysche der Japaner. Während andere werdende Eltern sich wohl erst einmal Gedanken über den Namen der Kinder, das Kinderzimmer und eventuell auch schon über die Betreuung der Kleinen in der Zukunft machen, wird hier in Japan schon gerechnet, wie man das Geld für das Studium der Kinder zusammenbekommt und ob man ihnen ein Auslandssemester ermöglichen kann. Der Punkt, dass sich die Kinder eventuell ganz anders entwickeln und gar kein Interesse für die Uni haben könnten, kommt gar nicht in Betracht. Im Prinzip hat Mayumi genauso wie viele andere japanische Eltern die ich kenne, schon den Lebensplan der noch nicht mal geborenen Zwillinge im Kopf. Ich bin auf jeden Fall schon gespannt, was im Endeffekt dabei herauskommt und habe versprochen, dass ich dann dabei helfe, die Kinder mit ins Fußballstadion zu nehmen. Als cooler Onkel sollte ich mich ganz gut machen. Trotz der Prozedur am Eingang, werden wir Mayumi von jetzt an auf jeden Fall regelmäßig besuchen, damit sie sich nicht zu sehr langweilt.

Ach und wenn ich gerade bei Krankenbesuchen bin: Auf diesem Weg auch noch einmal gute Besserung und eine schnelle Genesung an meine Großmutter in Deutschland, die im Moment auch ans Bett gefesselt ist!

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Das Problem mit der Waschmaschine

Es gibt Dinge, für die ich ein besonderes Talent habe. Eines dieser Talente ist eher unfreiwillig und hat mit dem Defekt von Gebrauchsgegenständen zu tun, welche ich eigentlich nur ungern ersetzen will. So warte ich jetzt schon seit Wochen auf die Rückkehr meines geliebten fahrbaren Untersatzes und verliere viel Zeit durch das unsägliche Laufen – oder schlimmer noch, ich verschwende Geld für den Bus. Aber auch ein anderer Gegenstand wollte auf einmal nicht mehr so, wie ich will. Meine Waschmaschine hat nach 4 Jahren Waschen von westlicher Kleidung den Geist aufgegeben. Wobei, von Geistaufgeben kann nicht die Rede sein. Eher funktioniert sie wunderbar, verursacht beim Betrieb aber eine Geräuschkulisse, welche jeden Bewohner des Hauses senkrecht im Bett stehen lässt. Nach langem hin und her gab es keine andere Lösung, als endlich für Ersatz zu sorgen.

Dieser Ersatz steht mittlerweile in meiner Wohnung und wurde relativ günstig in einem Gebrauchtladen gekauft. Nun stehe ich aber vor einem Dilemma: Neben der neuen Waschmaschine steht auch noch die alte Maschine noch da. Die Wohnung mag noch so groß sein, für zwei Waschmaschinen habe ich trotzdem eigentlich nicht die Kapazitäten. Schon in der ersten Woche nach dem Kauf meldete ich mich von daher bei der Stadt, um die Abholung von Sperrmüll zu beantragen. Wie sich herausstellte, war dies ein sinnloses Unterfangen. Waschmaschinen sind vom Sperrmüll ausgeschlossen und das Geschäft, welches meine neue Maschine geliefert hat, sollte auch die alte Waschmaschine mitnehmen. Wie es aber so häufig ist, wenn man billig kauft, kauft man doppelt und das Geschäft meinte, dass diese Regel nur für neu gekaufte Maschinen gelten würde. Was macht man also? Eine einfache Läsung war nicht in Sicht. Die Gebrauchtläden, welche ich fragte, wollten die Maschine nicht, da sie ja zu alt sei. Die Müllabfuhr wollte sie nicht, weil sie ja nicht von ihnen abgeholt werden darf. Ich wurde so verzweifelt, dass ich sie schon einem Nachbarhaus vor die Tür stellen wollte, damit die sich mit dem Problem rumschlagen können.

Mittlerweile nimmt die Maschine schon einen Monat Platz weg, den ich weitaus besser nutzen könnte und ich sitze in der Falle. Wie immer habe ich es geschafft, einen solchen ungewöhnlichen Fall zu provozieren, dass niemand so wirklich wusste, wie man mir helfen kann. Im Endeffekt kam die Lösung durch meine Touren an den Stadtrand. Am anderen Ende der Stadt konnte ich einen Laden überzeugen, die Maschine eventuell zu kaufen. Die Angestellten wollen in zwei Wochen vorbeikommen und sich die Waschmaschine anschauen. Da sie die Maschine ungetestet mitnehmen wollen hoffe ich, dass sie diese im Notfall auch umsonst behalten, weil die Tankkosten für das Zurückbringen teurer wären. Trotz der hoffentlich erfolgreichen Lösung stehe ich aber schon vor dem nächsten Problem. Was mache ich mit all den Sachen, wenn ich zurückkehre? Über das Problem hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht! Aber Ausstattung für die Wohnung sollte ich mir auf jeden Fall nicht mehr kaufen, ehe ich eine Lösung gefunden habe.

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Mein armes Fahrrad

Zwei Computer, mehrere Klamotten, eine Uhr und noch so einiges mehr, habe ich in den zwei Jahren, die ich bisher in Japan lebte, bereits zerstört. Eine Sache, die aber bisher jedes Problem überstand, waren meine Fahrräder. Dies sollte sich diesem Monat ändern. Im Februar war es endlich so weit, ich erhielt mein neues Fahrrad. Nach einem kurzen Test des durch den Verkäufer bereits erfolgten Zusammenbaus, schwang ich mich auf das Rad, um mit ihm Sendai zu erkunden und es machte wirklich Spaß. Mit den 26 Gängen kommt man gut voran, das Rad lief sehr gut, die Scheibenbremsen zeigten starke Wirkung und man hörte kein Geräusch. Man könnte sagen, ich war wunschlos glücklich. Als Ausgleich pflegte ich mein Fahrrad so sehr, dass Orsolya sich schon lustig machte, dass ich es übertreiben würde. Als ich aber vor ein paar Wochen mit dem Rad auf einer Rundtour durch Sendai war, passierte es. Das Hinterrad eierte leicht und dank dieses Eierns schlug die Scheibenbremse bei jeder Umdrehung gegen die Bremsklötze. Dies führte zu sehr nervigen Geräuschen, die meilenweilt zu hören waren. Noch dachte ich an eigenes Verschulden und versuchte, die Fehler ausfindig zu machen. Im Endeffekt musste etwas passieren und ich suchte einen örtlichen Fahrradladen auf. Der Verkäufer schaute sich das Rad an und stellte nach weniger Augenblicken trocken fest, dass es schlecht zusammengebaut ist. Wie konnte mir das nur entgehen? Während ich noch an mir zweifelte, zeigte er mir, wie viele der Speichen zum Beispiel null Spannung vorwiesen. Ich hatte es beim Testen geschafft, genau die anderen Speichen zu berühren. Aufgrund dieser Probleme war es dann aber auch kein Wunder, dass sich das Rad selbst bei normaler Nutzung leicht verbog.

Im Endeffekt blieb ich leicht ratlos und mit einem Kostenvoranschlag für fast hundert Euro zurück. Für diesen Preis sollte das Rad komplett neu zusammengebaut werden, irgend welche Ersatzteile waren darin nicht eingerechnet. So kann das ja auch nicht gehen und so entschloss ich mich, den Verkäufer zu kontaktieren und mich auf meine Jahresgarantie zu berufen. Da für so etwas Japaner doch besser geeignet sind, bat ich eine Japanerin um Hilfe. Sie rief kurz an und teilte mir die schlechten Nachrichten mit: Der Laden weigerte sich, auch nur den kleinen Finger zu rühren. Ich sei ja wohl eindeutig viel zu schwer für ein Fahrrad, welches maximal für 65 Kilo geeignet wäre. Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Meine japanische Bekannte hat sich wirklich leicht abwürgen lassen – in Japan kann man doch kein Faß aufmachen. Ein Fahrrad für 1,80 – 1,85 Meter Körpergröße, in den Staaten gebaut, soll maximal für 65 Kilo ausgelegt sein? Mein Kampfgeist war geweckt und ich überlegte, wie ich zurückschlagen könnte. Mein Büro und meine Professoren fielen raus, diese waren eindeutig zu nett und wagen es nicht auch nur eine leichte Diskussion zu führen. Sie sind einfach zu sehr Japaner. Eigentlich kenne ich nur eine Person in Japan, welche in dieser Situation helfen könnte. Rieko, meine alte Freundin, hätte aus dem Laden in kürzester Zeit verbales Kleinholz gemacht, aber die ist leider in Akita und führt ihre Kämpfe dort weiter. Die rettende Idee kam von Orsolya. Monti, eine ihrer Bekannten vom MafuMafu, ist nur Halbjapanerin und hat dadurch nicht die Zurückhaltung geerbt, wie es eigentlich alle Japaner im Blut haben. Ein Telefonat von ihr später und endlich lenkte der Radladen ein. Das Fahrrad sollte Ende der Woche abgeholt und repariert werden. Für mich bedeutete dies eine Grundreinigung und das Rad soweit zurückzubauen, dass es reisefertig war. So kam der Samstag und es geschah… nichts.

Der Fahrradladen hatte mich, vermutlich absichtlich, versetzt. Langsam wurde ich ungemütlich und überlegte schon, den Herren mal meine Meinung auf Englisch zu geigen. Aber erst einmal sollte Monti es noch einmal versuchen. Was dann geschah, war ein reines Schauspiel. In den höflichsten Worten, die ich jemals von einem verärgerten Kunden gehört habe, nahm Monti den Chef des Ladens auseinander. Nach tausenden Entschuldigungen versprach er uns, das Rad auf jeden Fall zu holen und diesmal erschienen sie auch wirklich. Jetzt bleibt mir nur zu hoffen, dass ich es bald wie neu zurückbekomme, denn bis auf dieses Problem war das Fahrrad genial und ohne Rad macht es in Sendai nur halb so viel Spaß. Und die Moral von der Geschichte ? Wenn es ein Problem und Kritik gibt, werde ich nie wieder versuchen, es über einen Japaner zu lösen. Wenn nicht wenigstens ein Elternteil Ausländer ist, ist die angeborene Zurückhaltung der Japaner so extrem, dass sie sich alles gefallen lassen. Und die japanischen Firmen nutzen das schamlos aus!

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Immer diese Vorurteile gegen Deutsche …

2006, 2010 und 2014, irgendwie habe ich es geschafft, die letzten drei Fußballweltmeisterschaften zu verpassen und stattdessen einen Aufenthalt in Japan einzuschieben. Selbst als Fußballfan stört mich die Tatsache nicht sonderlich, schließlich war ich nie der größte Fan von Nationalmannschaften. Im Endeffekt warte ich mehr darauf, dass Vegalta und der FCM endlich wieder spielen, als dass ich die Weltmeisterschaft verfolge. Trotzdem verfolgt mich das Turnier sondersgleichen. Man geht hier davon aus, dass man als Ausländer auf jeden Fall adäquater Ansprechpartner für das Thema ist. Jeder Japaner und auch die anderen Ausländer fragen zuerst, ob Deutschland denn nun Weltmeister wird oder warum Gomez zuhause geblieben ist und ein Klose nicht von Anfang an spielt. Bin ich Bundestrainer? Im Endeffekt stört mich die Situation nicht sonderlich. Ich bin im Fußball bewandert genug, um die Tatsache zu überspielen, dass ich bisher noch kein einziges Spiel gesehen habe.

In einer Situation wurde ich dann aber doch sprachlos hinterlassen: Wie bekannt ist, unterrichte ich mittlerweile seit zwei Monaten arme Japaner in den Freuden der deutschen Sprache. Der Unterricht macht auch viel Spaß und es ist interessant, die Situation des Unterrichts einmal von der anderen Seite zu erleben. Man bekommt aus der Lehrerposition wirklich alles mit, wenn man das möchte. Ich sehe zum Beispiel das Flüstern mit dem Nachbarn oder unerlaubte Hilfsmittel beim Test, wo man als Schüler eventuell dachte, das fällt niemandem auf. Es gibt Studenten, die zu wenig Schlaf hatten und nun versuchen, im Unterricht wachzubleiben oder den Klassenstreber, welcher nach jeder Stunde zu mir kommt, um noch mehr über die deutsche Kultur zu lernen. Ich ließ auch schon meinen ersten Test schreiben. Aber auch abseits davon habe ich meinen Spaß und den Studenten scheint es auch zu gefallen. Zum Glück hatte ich während des Studiums noch nie Probleme mit Präsentationen und dem freien Sprechen und kann dieses Wissen jetzt nutzen, um die Stunden zu halten. Von Mal zu Mal lerne ich dann auch noch neue Kniffe, um die Zuhörer bei Laune zu halten, welche wiederum bei Vorträgen von Nutzen sein können. Nur an Eines muss ich mich noch gewöhnen: Auf offener Straße auf einmal mit einem lautstarken „Guten Tag, Herr Lehrer“ begrüßt zu werden, lässt mich ungewollt immer umblicken, ob nicht jemand anders gemeint ist, den ich ebenfalls grüßen sollte.

Der Unterricht verläuft im Ganzen ziemlich frei und besteht aus einer Symbiose aus Ideen der anwesenden Professorin und mir. Letzte Woche war ich deshalb erfreut, dass sich niemand so wirklich für das Thema Fußball zu interessieren schien und ich problemlos durch den Stoff kam, den ich mir für die Stunde vorgenommen hatte. Während ich gerade erklärte, wie man seinen Fachbereich vorstellt, erklang aus dem Hintergrund auf einmal eine Stimme: Wie hat eigentlich Deutschland gespielt? Während ich noch überlegte, wer so rüde meinen Unterricht stört, bemerkte ich, dass die Frage von der Professorin kam. So viel zum Lehrplan… Im Endeffekt musste ich Auskunft über Resultat und Torschützen geben. Die Studenten, welche allesamt nicht unbedingt sportbegeistert erscheinen, schauten mich an, als ob ich es verursacht hatte, dass wir auf dieses leidliche Thema gekommen sind. Das erste Mal in acht Stunden fühlte ich mich fehl am Platz. Im Endeffekt konnte ich das Thema dann aber doch noch ganz gut nutzen. Da meine Aufgaben alle zwei Wochen einen Vortrag über Deutschland beinhalten, berichtete ich in der nächsten Stunde über den echten deutschen Fußball, besonders in der vierten Liga.

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Die Regenzeit

„Hey Reik, ich komme mal ganz spontan Ende des Monats bei dir in Japan vorbei! Du hast doch hoffentlich Zeit?“ Ich bin zwar ein Freund von Spontanität, damit hatte es Dennis in diesem speziellen Fall aber übertrieben. Dies lag aber nicht daran, dass ich ihn nicht sehen möchte. Nein, darauf freue ich mich außerordentlich! Ich musste einfach nur feststellen, dass Dennis trotz seiner drei Japanreisen immer noch nicht die Besonderheiten des Landes verstanden hat.

Wir befinden uns im Moment mitten in der Regenzeit. Letzte Woche regnete es täglich wie aus Kübeln und der örtliche Fluss, der Hirose, begann, die ersten Grünflächen zu überschwemmen. Dieser Zustand ist zwar nicht wirklich gefährlich, da er normalerweise relativ wenig Wasser und ein großes Überschwemmungsgebiet hat. Aber es sieht schon ziemlich beachtlich aus und allgemein kann der ganze Regen einen schon etwas depressiv machen. Die Japaner haben sich an dieses Wetter dagegen schon gewöhnt. So bietet ein Modellladen vor unserer Haustür an Regentagen einen Rabatt von 10 Prozent an. Zum Glück soll wenigstens das Wochenende trocken werden.

10prozent

Auf jeden Fall hatte Dennis diesen Umstand nicht bedacht und sein Urlaub wäre so sprichwörtlich ins Wasser gefallen. Ich kann jedem Japanreisenden deshalb nur empfehlen, möglichst von Juni bis Mitte Juli auf eine Reise zu verzichten oder wenigstens die Wetterberichte im Voraus zu beachten. Mit Dennis habe ich zum Glück einen Ausgleichstermin gefunden und ich freue mich schon darauf, mit ihm die letzten Geheimnisse Japans zu erkunden.

Nichtsdestotrotz wurde es Zeit für eine neue Investition. Das einzige Mittel, um bei diesem Wetter das Schimmeln der Sachen in unserer Wohnung zu verhindern, ist ein Luftentfeuchter. Diesen besorgte ich kurzerhand und brachte ihn auf dem Fahrrad nach Hause. An solchen Tagen vermisse ich mein Auto hierzulande schon sehr! Aber die Investition in diesen Entfeuchter hat sich wirklich gelohnt. Es ist ein merklicher Unterschied und die Sachen sind auch in einem besseren Zustand, solange er aktiv ist. Dank der Lautstärke kann er aber leider nur tagsüber aktiv bleiben.

Weniger erfreulich sind allerdings meine neuen Nachbarn. Unser Nachbarhaus wird abgerissen und bis Dezember soll dort ein neues Wohnhaus errichtet werden. Leider lassen sich die Japaner weder von Regen noch von Wochenenden von den Arbeiten abhalten und so habe ich seit zwei Wochen täglich um acht Uhr einen Wecker in Form von Abrisslärm. Es ist zwar fraglich, inwiefern dies arbeitsschutztechnisch in Deutschland zugelassen werden würde, wenn man die sintflutartigen Regenfälle beachtet. Aber das müssen die Japaner ja wissen. Ich freue mich nur darauf, dass der Rohbau hoffentlich bald fertig ist und es dann mal wieder ruhiger wird.

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