Das mit der Planung hat schon mal besser funktioniert! Aufgrund eines Kommunikationsfehlers, welchen ich wohl zumindest in großen Teilen auf mich nehmen muss, schafften wir es heute, den Bus zu verpassen, welcher uns eigentlich zu einem Tempel bringen sollte. Nun war guter Rat teuer. Wir entschieden uns für eine Fahrt nach Shiroichi, einem kleinen Ort südlich von Sendai. Dieser Ort hat sich insbesondere auf die Herstellung traditioneller Puppen und einer bestimmten Nudelsorte verschrieben. Eigentliches Highlight ist aber ein Schloss. Miyagi, die Präfektur von Sendai, ist die einzige Präfektur, welche mehr als ein Schloss besaß. Zum einen gab es eines in Sendai, welches leider zerstört wurde und aufgrund von Geldmangel nicht wieder errichtet werden konnte und zum anderen eines im eben genannten Shirochi. Von diesem ist auch nur ein Teil erhalten, aber damit immerhin mehr als in Sendai. Der erhaltene Wachturm ist dabei auf jeden Fall sehenswert. Man hat eine schöne Aussicht auf die Berge um die Stadt und man hat außerdem die Möglichkeit, traditionelle japanische Gewandungen anzuprobieren. In unserem Fall waren das bei den Frauen schwere Kimonos. Zwar beschwerten sie sich über das Gewicht, in Anbetracht der Raumtemperatur zeigte sich aber der Vorteil des dicken Stoffes und man blieb überraschend warm. Zu unserem Glück freute sich der örtliche Rentner so sehr über das Kommen von uns Ausländern, dass er uns gleich eine Privatführung ermöglichte. Im Anschluss an das Schloss ging es dann noch weiter in eine Samuraibehausung, welche nach traditionellem Vorbild erhalten ist und einen schönen Einblick in das Leben in Japan vor mehreren Jahrhunderten ermöglicht.
Nach der Kultur ging es dann ans Schlemmen. Vor mehreren Jahrhunderten erkrankte der Sage nach ein Vater an Magenschmerzen und keine Medizin wollte helfen. Sein Sohn versuchte alles, um das Leiden seines Vaters zu lindern, wobei er auf ein Rezept für leicht bekömmliche Nudeln stieß. Diese Nudeln ermöglichten die Gesundung des Vaters und als der Herrscher von der Geschichte erfuhr, erließ er das Dekret, dass von nun an nur Shiroishi diese Nudeln herstellen soll, welche als Umen bekannt wurden. Über den Wahrheitsgehalt der Sage kann ich zwar nichts sagen, aber die Nudeln schmecken nachweislich.
Im Anschluss an das Essen musste es aber schnell gehen. Es galt zurück nach Sendai zu fahren, wo uns ein Mitglied unserer Fußballfreunde schon mit ihrem Kind erwartete. Sie war leider bei unserem Treffen krank, wollte meinen Eltern aber wenigstens noch eine Kleinigkeit schenken, weshalb diese von nun an mit einem neuen Lehrbuch und viel gutem Papier Origami üben müssen.
Leider blieb dieses Treffen aber viel zu kurz, denn wir waren schon wieder verabredet. Die Mutter, von der ich vor kurzem über den Schulaustausch ihrer Tochter nach Deutschland berichtete, hatte uns eingeladen. Sichtlich nervös wartete sie schon auf uns, merklich angespannt, ob meine Eltern auch Spaß an dem Treffen haben würden. Es fühlte sich so an, als ob sie extra deswegen schon den ganzen Tag in der Küche gestanden hatte. Es wurde aber ein lustiger Abend, wobei Orsolya und ich viel Übersetzungsarbeit leisten mussten. Unsere Gastgeberin hatte noch die Leiterin der Sprachgruppe eingeladen, wodurch wir viele Gesprächsthemen fanden und selbst meine Eltern es etwas leichter hatten zu kommunizieren. Zum Essen gab es leckeren Nabetopf, frittierten Fisch und viel zu viel Nachtisch. Es war ein schöner Abend, den wir gerne einmal wiederholen können. Auf jeden Fall hatten wir die Möglichkeit, auch noch mal ein paar Missverständnisse und Sorgen ihrerseits bezüglich ihrer Tochter zu beseitigen und meine Eltern konnten endlich einmal echtes japanisches Familienleben erleben.
Neueste Kommentare