Weihnachten an der Uni

Es ist wieder einmal so weit und zum vierten Mal in mittlerweile fünf Jahren werde ich das Weihnachtsfest nicht in Deutschland verbringen. So wirklich vermissen tue ich es eigentlich auch nicht, das Chaos in Deutschland um Weihnachten ist mir nur zu bekannt und ich brauche es nicht wirklich. Das heißt aber nicht, dass ich gar keinen Trubel habe. Erst einmal standen die Weihnachtsvorlesungen an und natürlich wollte jeder meiner drei Kurse genau über das Weihnachtsfest in Deutschland unterrichtet werden. Eigentlich sollte die ganze Sache für mich sehr entspannt verlaufen, hatte doch schon vor zwei Jahren eine Lehrassistentin eine Präsentation angefertigt, mit der die Studenten auf Weihnachten eingestimmt werden sollten. Ich sollte einfach die Präsentation vorstellen, dann würde das schon alles werden. So einfach kann es natürlich für mich nicht laufen. Die Erstellerin der Präsentation war Österreicherin und so wurde Weihnachten als extrem christlich vorgestellt und der spaßige Teil der Geschenke zum Beispiel blieb komplett außen vor. Auch die Aktivitäten waren zumindest fragwürdig: Jedes Kind würde zum Beispiel in Deutschland Christengel basteln und so sollten unsere Studenten das ebenfalls machen. Eine Gruppe 20jähriger Buddhisten bastelte so also fleißig Engel. Als weiteres Beispiel sei das obligatorische Weihnachtslied genannt. Meine Studenten lernen seit 10 Monaten Deutsch und aufgrund des japanischen Unterrichts sind sie bei weitem noch nicht so weit in der Sprache, wie sie es sein könnten. Anstatt ihnen nun ein einfaches Lied wie „O Tannenbaum“ beizubringen, sollten sie mithilfe einer CD des Thomanerchors „O du fröhliche, o du selige“ nachsingen. Das war ein riesiges Fiasko! Viele Sachen musste ich leider so hinnehmen und konnte sie nicht ändern, die Präsentation dagegen konnte ich aber erweitern. So blieb zwar die Hälfte des Ganzen christliche Propaganda, welche in dieser Form ziemlich sicher auf Süddeutschland und Österreich, also die katholischen Gebiete, zutreffen mag, ein anderer Teil wurde aber protestantisch sowie auch atheistisch geprägt und merklich horchten die Studenten hier auf. Anstelle einer Religionsstunde erhielten sie auf einmal Allgemeinwissen. „Wie wird gefeiert?“ und vor allem „Wie stelle ich Glühwein her?“ sind natürlich viel interessanter als die Frage, nach welchen Richtlinien Sternsinger auftreten müssen. Meine Studenten hatten auf jeden Fall ihren Spaß und ich hatte das Gefühl, dass sie sehr dankbar waren, etwas Abwechslung zu erhalten. Vielleicht schaffe ich es ja doch noch wenigstens bei ein paar Leuten, die süddeutsche Prägung zu verhindern.

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