Dezember 2013 Archiv

Weihnachtsfeier, die II.

Eine Sache, die sich in drei Jahren nicht geändert hat, ist meine Verbandelung mit dem MafuMafu. Zwar hat das Cafe zugemacht und meine wirklichen Freunde haben mittlerweile andere Berufe, aber doch kennt man sich und hilft einander. Trotzdem war die Mail, welche Orsolya vor einigen Tagen erhielt, schon etwas seltsam. Dort hieß es doch wirklich, dass man gerade zu wenige Helfer habe und ob Orsolya nicht mich schicken könnte, um zu helfen. Normalerweise lasse ich mich ja ungerne herumkommandieren und solche plumpen Versuche ignoriere ich erst recht, aber die alte Verbundenheit zu Yusukes und Thomas alter Arbeitsstelle überwog dann doch und so machte sich Orsolya auf zu einem Heimaturlaub in Ungarn und ich zu besagter Weihnachtsfeier. Es ist nun schon meine dritte Weihnachtsfeier mit dem MafuMafu und ich muss sagen, ich wurde sehr enttäuscht. Vor drei Jahren war es eine Feier mit dreihundert Teilnehmern und einem bunten Programm unter Thomas Leitung. Letztes Jahr gab es eine Liveband, rund 250 Teilnehmer und eine super Stimmung unter Yusukes Leitung und ich dachte, das MafuMafu hat endlich gelernt, wie man Feiern veranstaltet. Aber dieses Jahr hat mich auf den Boden der Realität zurückgebracht.

Der größte Fehler war wohl, dass das Cafe zugemacht hat. Auch wenn es ein Zuschussgeschäft war, so hat es doch ein Alleinstellungsmerkmal für die Sprachschule ausgemacht, welches wohl nicht zu ersetzen sein dürfte. Man war nahe an den Ausländern dran und konnte diese zu Veranstaltungen gewinnen. Wenn also hundert Ausländer für eine Sprachfeier gewonnen werden konnten, so war es sicher, dass die dreifache Anzahl an Japanern bereit war, für die Veranstaltung Geld auszugeben und auch zu erscheinen. Genau dieses fehlte diesmal und die Feier verlief ziemlich klein mit rund 23 Ausländern, von denen noch 8 Leute gar nicht auftauchten und rund 70 Japanern. Auch die Feier verlief so ab, wie vor drei Jahren die kleinen monatlichen Sprachpartys abliefen. Nur diese waren damals monatlich und keine Besonderheit, so dass sich zu Weihnachten die Anzahl der Teilnehmer stark erhöhte.

Aber genug davon. Meine Aufgabe war es, beim Aufbau und Abbau zu helfen und die Rezeption zu übernehmen. Ein sehr dankbarer Job, konnte ich doch immer wieder Leute von drinnen überzeugen, mir etwas Essbares zu besorgen und bevor ich mein Getränk auch nur schräg anschauen konnte, hatte ich auch schon ein neues Bier in der Hand.  Besser hätte es für mich eigentlich nicht laufen können. Nur der Abbau zeugte von fehlender Organisation. Während 4 Japaner einen Tisch trugen, tat ich selbiges allein. Dementsprechend ließen sie mich gleich den ganzen Abbau machen, während sie die Kisten einpackten. Nur einmal wurde ich in meiner Ehre gekränkt. Wir hatten 4 große Paletten als Bühne. Während wiederum 4 Leute eine trugen, hielt es die zierliche Mitarbeiterin des Hauses nicht aus und trug eine alleine. Als ich das sah, konnte ich natürlich nicht nachstehen und tat es ihr gleich, auch wenn ich dazu die Dame vertreiben musste, als sie dann bei mir helfen wollte.

Insgesamt war es aber ein lustiger Abend, da ich mich gerne mit den Japanern unterhalte und ich so einige nette Bekanntschaften machte. Trotzdem tat es mir, wie man glaube ich auch im Text erkennen kann, in der Seele weh zu sehen, wie mein alter Lieblingstreff in nur drei Jahren abgebaut hat. Vielleicht sollte ich doch noch mal bei Gelegenheit einwerfen, dass sie sich doch vertrauensvoll an mich wenden sollen, wenn sie einen Ersatz für Thomas bei einer etwaigen Neueröffnung des Cafés benötigen. Aber eins kann ich sagen, es wird Zeit, dass Weihnachten vorbei ist. Ich kann die schlechten Coverversionen von europäischen und amerikanischen Weihnachtsliedern auf Japanisch nicht mehr hören.

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Der unhöfliche Koch und die zwei Russen

Wenn ich eine Sache hier in Sendai bereue, dann, dass ich eigentlich im Verhältnis zu 2010 relativ wenig Ausländer kenne. Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen will sich das Kameradschaftsgefühl nicht so wirklich einstellen, da ich nicht in einem Wohnheim wohne und auch nicht wirklich in einem Programm bin und zum anderen hat sich in den letzten Jahren die Ausländeranzahl stark erhöht, weshalb man nicht mehr jeden kennt, sondern nur noch in seinem Programm vernetzt ist. Als jemand, der kein Programm hat, bin ich in solchen Zirkeln dann natürlich etwas außen vor. Aber das ganze Problem lässt sich ja leicht umgehen, solange regelmäßig Besuch aus Deutschland kommt und genau diesen gab es diese Woche. Mein guter alter „Senpai“ Daniel war in Japan und welcher Ort wäre besser für eine Reise geeignet, als das gute alte Sendai. Keine Frage also, dass wir uns unbedingt treffen mussten.

Das erste Treffen verging dabei relativ ruhig, die neuesten Nachrichten wurden mitgeteilt und man sprach über Gott und die Welt. Bei unserem zweiten Treffen gingen wir aber eigentlich mit einem direkten Plan vor. Daniel hatte schon vor mir für ein Jahr in Sendai gelebt und mich damals auf meinen ersten Aufenthalt vorbereitet und wenn ich nervös wurde, auch mal wieder aufgebaut. Dementsprechend gibt es natürlich viele Läden und Orte, die man mal wieder besuchen muss. Zu diesem Zweck fuhr Daniel nach Yamadera, dies ist ein Bergtempel und einer meiner Lieblingsorte in Japan und nach Sakunami in eine Onsen. Danach sollte es nahe des Wohnheims in ein Restaurant gehen, das die besten Gyoza herstellt. Dabei handelt es sich um eine Art von Maultaschen, welche mit Fleisch gefüllt und dann in der Pfanne scharf angebraten werden. Gerade Sendai ist für diese Spezialität berühmt und der kleine Laden nahe des Wohnheims wirbt nicht unbedingt zu Unrecht mit dem Titel der besten Gyozas der Stadt. Trotzdem oder gerade aufgrund des Erfolges ist dem Besitzer offensichtlich die japanische Höflichkeit abhanden gekommen. Aber wer will es ihm verübeln, sind seine besten Kunden doch die Ausländer, welche nicht unbedingt für ihre Höflichkeit bekannt sind. Auf jeden Fall erreichten wir im strömenden Regen den Laden und suchten erst einmal vor der Tür die Öffnungszeiten. Da es keine gab und die Tür auf und Licht an war, betraten wir den Laden, nur um herrisch angefahren zu werden, dass ja schließlich noch nicht offen sei und wir in einer Stunde wieder kommen sollen. Da das Wohnheim nicht weit von meiner Wohnung entfernt liegt, gingen wir kurzentschlossen zu mir und warteten die Stunde. Nach unserer Rückkehr wurde sein Verhalten nicht besser. Da seine Karte nur besagtes Gyosa kennt beschlossen wir, dass nur Daniel etwas isst und ich warte. Selbst wenn der Inhaber des Restaurants etwas gegen einen nur rumsitzenden Gast hätte, hätte er uns ohne weiteres die Teigtaschen mitgeben können, schließlich bietet er dies groß vor seinem Laden an. Leider entschied er kurzerhand, dass er solche Kunden gar nicht braucht und erklärte uns kurz angebunden, dass er nur für einen nicht kocht und dass wir so nichts bekommen. Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen und schon hatten wir den Laden wieder verlassen. Schade für Daniel, dass er nun bei diesem Besuch nicht in diesem Restaurant essen wird, aber das müssen wir uns ja nicht gefallen lassen.

Während wir noch angeregt über diesen untypischen, da so unhöflichen Japaner aufregten, hörten wir auf einmal hinter uns zwei Stimmen. Zwei Grundschüler folgten uns auf Schritt und Tritt und versuchten herauszufinden, wo wir herstammen. Mit unserer komischen Sprache können wir doch nur Russen sein, erklärte der eine selbstsicher. Keine Frage, dass wir uns bei dieser Diskussion beteiligen mussten und kurzerhand lautstark die paar Fetzen Russisch herausholten, die wir noch können. Aber mal wirklich, sehen wir denn so russisch aus? So viele davon hat Sendai doch gar nicht, da wäre französisch doch schon viel wahrscheinlicher…

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Alle Jahre wieder

Der Dezember hat begonnen und ich habe es noch nicht einmal wirklich bemerkt. Während in Deutschland schon zu meiner Abreise die ersten Lebkuchen und Stollen verkauft wurden, ist die sogenannte „besinnliche“ Zeit des Jahres in Japan zum Glück genau das, besinnlich. Während in Deutschland schon alle Geschäfte mit Weihnachtsmusik beschallt werden, merkt man den Dezember in Sendai eigentlich nur an zwei Sachen: Auf der einen Seite hat in der Innenstadt die Straße des Sternenlichtes angefangen. Das ist eine Straße, auf der alle Bäume mit Lichtern geschmückt werden, damit die Stimmung der Japaner auch im tristen Dezember hochgehalten wird. Auf der anderen Seite mehren sich die Diskussionen, ob man wie ich im Dezember wirklich nur T-Shirt und Windjacke benötigt. Für Japaner sind die rund zehn Grad, die wir hier momentan im Durchschnitt haben, so viel wie bei uns in Deutschland minus zehn sein würden. Umso häufiger finden auch die Nachfragen statt. Meine Erklärung, für mich sei das hier Sommer, will man dabei nicht gelten lassen und die Spekulationen über meine Herkunft (ob ich nun ein Roboter, ein Dämon oder vielleicht doch ein echter Samurai bin) schießen dabei immer mehr in die Höhe. Dabei scheine ich ja alles richtig zu machen. Während mittlerweile schon mein gesamtes Kenkyushitsu von Krankheiten befallen wurde, bin ich der Einzige, der bisher durchgehalten hat. Dafür, dass ich bei 10 Grad noch nicht mit drei Pullovern rumrenne, wie zum Beispiel Norihiro und Orsolya, habe ich später bei wirklich schlechten Temperaturen noch mehr Möglichkeiten, mich warm zu halten. Auf der anderen Seite kann ich versichern, dass mein Auftreten auf jeden Fall ein Eisbrecher ist. So viele Japaner haben mich aus dem Grund schon angesprochen.
Aber egal, es sollte hier ja nicht um meine angeblich seltsame Kleidungsordnung oder die wirklich seltsame der Japaner gehen, sondern um den Dezember. Zwar genieße ich die Ruhe hierzulande, indem ich vom Weihnachtsstress verschont bleibe, schließlich macht meine Forschung schon genug Mühe, aber auf der anderen Seite kann man manchen Sachen nie ganz entfliehen. So geschah es, dass vor einigen Tagen eine Einladung zu einer deutschen Weihnachtsfeier bei mir einflatterte. „Deutsche Weihnachtsfeier?“ werden einige Leser jetzt fragen, da ich bekanntlich bisher nur bedingt Kontakt zu Deutschen in Sendai hatte. Aber die Antwort ist einfach: Frau Wilhelm, die Leiterin der Japanisch-Deutschen Gesellschaft erinnerte sich daran, dass ich mittlerweile wieder in Japan bin und fragte an, ob ich nicht Lust hätte, zu erscheinen. Bekanntlich sagt man bei kostenlosem Essen nie nein und schon befand ich mich auf dem Weg zu der Feier. Wie sich herausstellte, war der verwendete Name „Party“ aber ziemlich optimistisch gewählt. Zum Schock der Anwesenden 4 Deutschen und des einen Österreichers befanden wir uns in feinster Gesellschaft mit rund 40 Leuten, wovon etwa 30 über 70 Jahre alt gewesen sein dürften. Der allgemeine Altersdurchschnitt wurde nur durch den Österreicher und mich gesenkt und dürfte wohl gut und gerne bei ca. 60 Jahre gelegen haben. Die Anwesenden waren dementsprechend auch sehr fein angezogen und alle im Anzug erschienen. Gut, wir waren Ausländer, also stachen wir ja eh hervor, da fällt so ein kleiner Fauxpas schon gar nicht mehr auf.
Die Feier selbst fand in einer edlen Bar mit zwei Etagen statt, in der normalerweise Hochzeiten gefeiert werden. Etwas verwunderte der Name der Bar, denn „Palinka“ ist ja eigentlich ein hochprozentiger ungarischer Obstbrand, aber der Laden machte an sich keine Anzeichen, etwas mit Ungarn zu tun zu haben. Das zeigte sich auch schon bei den Anwesenden bei unserer Ankunft, als ein Japaner versuchte, uns eine Flasche Palinka anzudrehen, um mit uns zu trinken. Schließlich sei Palinka ja „polnisch“ und damit fast deutsch. In diesem Satz fanden sich so viele Fehler, dass ich froh war, dass er wegen unserem Desinteresse aufgab und von dannen zog. Schade, dass Orsolya nicht anwesend war, um den Herrn zu berichtigen. So begann die Feier glücklicherweise trocken und mit einer Ansprache von Frau Wilhelm, wo wir öffentlich vorgestellt wurden. Schon hier stellten wir unseren größten Fehler fest: Während der japanerfahrene Professor sich aus der Affäre gezogen hatte und gleich den oberen Rang besuchte, standen wir unten bei Frau Wilhelm und der „über 60 Gesellschaft“. Uns wurde erklärt, dass hier nur Leute über 60 seien und die jüngeren oben wären. Dummerweise mussten wir uns durch die Masse der älteren Herrschaften kämpfen, die uns mit Fragen löcherten und den 2-Minuten-Gang zu einem halbstündigen Spießrutenlauf verkommen ließen. Besonders vorsichtig wurde ich, als ich es mit Professor Morimotos Vorgänger zu tun bekam, denn man möchte ja kein falsches Wort verlieren. Immerhin stellte sich heraus, dass der österreichische Japanologe weniger Japanisch sprach als ich, was schon einmal ein kleiner innerer Vorbeimarsch für mich war. Nach einer Weile retteten wir uns aber nach oben, wo wir mit einigen Japanern und allen Deutschen eine Lästergruppe über die deutsche Terrorpresse und unsere Japanerfahrungen aufmachten. Allgemein war es sehr angenehm, mich mit einigen Professoren mit Geschichtsinteresse zu unterhalten und so meine Netzwerke für meine Doktorarbeit zu verbessern. Aber auch einige Japaner fanden sich als Gesprächspartner. So wollen zwei Damen unbedingt mal mit mir zum Fußball gehen. Wie lange habe ich auf solche Worte in Deutschland gewartet, wo noch nicht mal Lars mit mir auf der gleichen Seite ein Magdeburgspiel besuchte. Auf diesem Weg nebenbei mal kurz noch ein „gute Besserung“ an ihn, ich hoffe deine Schuler ist nach der OP bald wieder normal. Aber nicht nur in Deutschland gibt es medizinische Notfälle, auch unter den Anwenden Rentnern kippte auf einmal einer um und der Notarzt musste gerufen werden. Eine sehr lustige Szene ereignete sich dabei nach der Frage, wer Arzt ist, da eine Vielzahl der Anzugträger früher in diesem Gebiet agierte und sich dann eine Traube von ihnen um ihn drängelte und über die Behandlung diskutierte. Währenddessen ließen sich die Veranstalter aber nicht beirren und mit einer Seelenruhe wurde das Programm durchgezogen. Ein Teil des Programms war dabei ein Theaterstück über Frau Wilhelms Deutschunterricht und eine Sängerin gab erst japanische Lieder und dann deutsche Weihnachtslieder zum Besten, wo dann alle aufgefordert wurden, doch bitte bei „O Tannenbaum“ einzustimmen.

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So erlebte ich nun für einige Stunden ein deutsches Weihnachtsfest, inklusive des ersten Weihnachtsbaums mit echten Kerzen in meinem Leben, am anderen Ende der Welt, wo ich doch eigentlich froh war, dem Chaos in Deutschland entkommen zu sein. Trotzdem war es ein interessanter und aus Sicht der neuen Bekanntschaften auch erfolgreicher Abend.

 

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Der Sucht erlegen

Während der ruhmreiche 1. FC Magdeburg sich in Deutschland von Sieg zu Sieg kämpft, um sich noch Chancen auf einen möglichen Aufstieg zu erhalten, sitzt im fernen Sendai ein Treueringbesitzer am Liveticker und leidet an Entzugserscheinungen. So kann das nicht weitergehen! Zwei Monate ohne Fußball, das ist ja fast wie Sommerpause. Das halte ich nicht ewig aus. Aus diesem Grund überzeugte ich Orsolya, mich am Samstag zum Fußball zu begleiten. Sendai spielte gegen die Shimizu S-Pulse. Dies war das letzte Spiel der Saison in Sendai, deshalb wurden die Tickets schon frühzeitig besorgt und seit Wochen fieberte ich dem Spiel entgegen. Um so schlimmer war die Nachfrage, ob ich bei dem schon erwähnten Sprachkurs teilnehmen könnte. Erst nach der Versicherung, dass es eine Stunde vor dem Spiel endet und ich so noch rechtzeitig im Stadion sein würde, überzeugte mich. Der erste Schock kam aber schon im Sprachkurs – man überzog. Orsolya bemerkte, wie ich nervös auf die Uhr und die Tasche starrte und bot mir schon frühzeitig an nachzukommen, während ich schon mal vorgehe. So sehr mich das Angebot reizte, ich blieb bis zum Ende und rannte später zum Stadion, das ich gerade noch so zum Anpfiff das Stadion erreichte.

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Aufgrund all dieser Probleme im Voraus hatte ich natürlich auch nicht Kuma und meine anderen Freunde informiert. Zum Glück standen die aber leicht findbar nahe ihres üblichen Platzes und freudestrahlend wurden wir von ihnen in ihrer Mitte aufgenommen. Wenn ich jetzt noch über ein Jahr bleibe, ob ich nicht gleich eine Dauerkarte kaufen möchte? Eigentlich ist das eine berechtigte Frage, ich sollte diesem Thema mal einige Gedanken widmen.

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Erst aber ging das Spiel los. Vegalta tut sich diese Saison ziemlich schwer. Nachdem im letzten Jahr die Meisterschaft am vorletzten Spieltag noch äußerst unglücklich verloren wurde, spielt man nicht zuletzt dank der Doppelbelastung mit dem internationalen Wettbewerb nur im Mittelfeld der Tabelle und belegt den 11. Platz. Ähnlich ergeht es den S-Pulse, welche eigentlich hofften, um die internationalen Plätze mitzuspielen, aber auch nur einen enttäuschenden 8. Platz belegten. Das Spiel selber offenbarte auch die Gründe für den Saisonverlauf. Vegalta erspielte sich eine Überlegenheit von rund 70 Prozent Ballbesitz. Leider reichte dies nur bis zum gegnerischen Strafraum. Anstelle einmal aus der zweiten Reihe abzuziehen, ging man jedes Mal den Weg zur Eckfahne, um eine Flanke auf die zwei Stürmer zu schlagen, welche den Ball nicht verwerten konnten. S-Pulse dagegen verlegte sich aufs Kontern und in bester Magdeburger Tradition führten zwei dieser Konter, welchen von Vegalta nur Geleitschutz gegeben wurde anstelle einfach mal dazwischen zu grätschen, zu einer 2:0 Führung zur Halbzeit. Nach der Halbzeit kamen die S-Pulse nun fast gar nicht mehr aus ihrer Hälfte heraus, aber für Vegalta reichte es nur noch zum Anschlusstreffer durch einen Elfer. Dieser Spielverlauf entspricht eigentlich der gesamten Saison und erklärt das schlechte Abschneiden der ansonsten stark besetzten Sendaier Mannschaft. Eventuell gibt es aber in der nächsten Saison neue Impulse, nachdem der alte Trainer nach 6 Jahren das Team für die Olympiamannschaft Japans verlässt und ein neuer Trainer das Amt übernimmt.

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Aber das Spiel ist nicht alles, wenn man in Japan zum Fußball geht. Den meisten Spaß hatten wir mit meinen Freunden. Orsolya tauschte fleißig Rezepte mit der anwesenden Mutter aus, während Kuma mich zu einer Neujahrsparty einlud und mir erklärte, dass ich ihn anrufen soll, wenn Orsolya über die Weihnachtszeit nach Europa reist und ich darum einsam bin bzw. verhungere. Seine Frau und er würden sich schon darum kümmern. Auch ansonsten lernte ich wieder mal einige neue und sehr sympathische Menschen kennen und kann nur jedem den Rat geben, wenn man Japaner kennen lernen will, einfach zum Fußball zu gehen. Nur ob ich die Neujahrsparty bei Kuma mitmache, muss ich mir noch überlegen. Ohne Übersetzer wird das bestimmt ziemlich kompliziert. Mein Japanisch ist noch nicht so perfekt.

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Du bist doch Deutscher

Es gibt viele Fragen, welche ich bei dem alljährlichen Kochfestival vor einigen Wochn erwartet hatte. Die beliebtesten sind da zum Beispiel: Wo liegt eigentlich Ungarn? Ich war schon mal in Ungarn, können wir uns über meine Erlebnisse unterhalten? Und besonders kommt natürlich die Frage: Ist das wirklich ungarisches Essen? Womit ich hingegen nicht gerechnet hatte war eine Japanerin, welche mich mit gebrochenem Deutsch fragte, ob ich denn ein Deutscher sei. Wie sich herausstellte, war die Dame eine Bekannte von Marisabel und die Leiterin einer Sprachgruppe. Die wirklichen Zusammenhänge verstand ich beim Kochfest aber noch nicht, außerdem waren die Palatschinken eh viel wichtiger. So erklärte man mir, dass eine Bekannte dringend Hilfe für einen Deutschlandaufenthalt benötigte und ob ich nicht aushelfen könnte. Im Vorbeigehen sagte ich zu und vergab meine Visitenkarte. Damit war für mich das Thema eigentlich erledigt und geriet in Vergessenheit, besonders da in den nächsten zwei Wochen keine Rückmeldung kam. Vor ein paar Tagen änderte sich die Situation aber schlagartig.

Mittwochmorgen fand ich eine Mail vor, die mich bat, doch am Samstag an einer Sprachveranstaltung teilzunehmen. Im Falle meiner Zusage sollte das ganze Event unter das Motto „Deutschland“ gestellt werden. Da ich nicht schnell genug antwortete, erhielt ich schon 24 Stunden später einen Anruf mit der gleichen Bitte, worauf ich zusagte, obwohl ich eigentlich am Samstag etwas später noch wichtigere Pläne hatte. Aber wenn man sich schon so um mich bemüht, dann will ich ihnen auch zur Hand gehen. Orsolya wurde kurzerhand auch noch zur „Deutschen ehrenhalber“ ernannt, damit es nicht zu seltsam wird und der Samstag konnte kommen.

Leider erwies es sich schon als erste Hürde, die Veranstaltung zu finden. Die Ortsangaben, welche ich vorher erhielt, waren ungenau, so dass ich erst einmal 15 Minuten zu spät ankam. Was mir als Feier vorgestellt wurde, war dann zu allem Überfluss keine. Es handelte sich um eine Art Sprachgruppe für die ganze Familie, welche versucht, das Erlernen von Sprachen durch Kinder zu simulieren und damit Fremdsprachen zu erlernen. Damit erklärte sich auch das seltsame gebrochene Deutsch der Dame beim Kochfestival. Die Spracherlernung scheint dabei auch ziemlich sinnvoll durch Spaß und Spiel zu erfolgen, aber trotzdem habe ich so meine Probleme damit. Wie sich herausstellte, erfolgt die Übung neuer Worte besonders durch CDs im normalen deutschen Gesprächstempo. Dabei hören die Teilnehmer die Gespräche und sprechen Worte, welche sie sich merken können, nach. Nur kenne ich es zu gut, dass selbst Deutsche ihre Probleme bekommen, wenn ich zu schnell spreche und diese CDs fühlten sich an, als ob jemand aus Versehen auf die doppelte Geschwindigkeit beim Abspielen gedrückt hat. Selbst ich hatte zu schwitzen, um den ganzen Dialog nachzusprechen. Aber nur, wenn ich oder der zweite anwesende Deutsche (ein Aserbaidschaner, welcher sein ganzes Leben in Berlin lebte) die Sätze nachsprachen, verstanden die Anwesenden überhaupt etwas. So war es nicht verwunderlich, dass bei der Vorstellung der einzelnen Personen am Anfang der Sitzung, durch alle Teilnehmer bei jeder Gelegenheit das „Bitte“ und „Danke“ verwendet wurde, weil sie den Dialog zur Vorstellung nur zur Hälfte gehört hatten und dadurch das „Darf ich mich setzen? Bitte. Oh, Danke!“ als Teil der Vorstellung und ohne die eigentliche Frage verstanden hatten. Die Methode mag also ziemlich gut sein, die Frage, die sich stellt ist aber, ob man auf diese Weise ohne einen Experten diese Sprache lernen kann. Ich habe meine Zweifel. So ist es im Endeffekt auch nicht verwunderlich, dass die Frage, welche eine japanische Schülerin für ihren Deutschlandaufenthalt hatte, in Wirklichkeit komplette Unkenntnis über Deutschland und die Bitte um die Hilfe bei dem Ausfüllen aller ihrer Unterlagen war.

Trotz allem war es aber spaßig und vielleicht verbessert sich durch diese Übungen ja auch das schon ziemlich gute Deutsch der „Aushilfsdeutschen“ Orsolya, weshalb ich wohl von nun an öfter aushelfen werde.

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