Das Bettenproblem

So sehr ich das Leben in Japan auch mag, das Schlafen ist seit meinem ersten Aufenthalt ein Problem. In Japan ist es üblich, die Nächte mit einer dünnen Matratze auf dem Boden zu verbringen. Zu diesem Zweck wird die Wohnung in einem der Räume nicht mit Teppich oder normalem Belag, sondern mit sogenanntem Tatami ausgestattet. Tatami ist eine aus Reisstroh geflochtene Bodenplatte. Diese Platten sind weicher, aber deshalb auch sehr anfällig für Schäden und in dem Fall teuer zu ersetzen. Schon aus diesem Grund habe ich meine Probleme mit dem Tatamizimmer in meiner Wohnung, da ich immer in der Sorge lebe, etwas zu beschädigen. Auf jeden Fall verwendet man normalerweise auf diesen Matten eine „Futon“ genannte Matratze, auf der man die Nacht verbringen soll. Aber ab einer gewissen Körpergröße muss ich leider feststellen, dass diese Art des Schlafens für ein paar Nächte ihre Vorteile hat, aber in meinem Fall nicht für die Ewigkeit geeignet ist.
Natürlich kennen die Japaner auch Betten. Diese sind aber unverhältnismäßig teurer und meist in einem nicht idealen Zustand. So quälte ich mich im Jahr 2010 mit einem dünnen Futon, welches als Matratze auf eine Holzplatte gelegt wurde. Bei 2 cm Futondicke war das ein Trauerspiel sondergleichen. Eigentlich hätte ich gleich auf dem Holz schlafen können und trotzdem die gleichen Ergebnisse erzielt. Damals setzte ich noch all meine Hoffnung auf meine eigene Wohnung. Nur weil ein Wohnheim schlechte Betten hat, wird doch nicht ganz Japan auf diese schlechte Weise schlafen, oder? Tja, was soll ich sagen, ich lag falsch. In der neuen Wohnung stand ich nun also vor der Wahl, wieder auf dem Boden zu schlafen oder irgendwo ein vernünftiges Bett zu besorgen.
Die Rettung, so schien es, kam aus Richtung von Mayumi, meiner alten Konversationspartnerin. Sie ist gerade umgezogen und benötigte ihr altes Bett nicht mehr. Das Bett an sich ist schon ziemlich gut, aber die Matratze ist ein schlechter Witz. Sie machte teilweise mehr Probleme, als mir lieb war. So begann also die Mission, eine Alternative zu besorgen, welche mein Wochenende füllen sollte. Eine ausgiebige Suche ergab, dass meine Probleme natürlich nicht am Alter von Mayumis Bett lagen. Wie es aussieht, hat die Matratze die normalen Probleme, die auch andere Matratzen haben, welche nicht mindestens umgerechnet 2.000 Euro kosten. In keinem Laden, den ich besuchte, konnte ich ein halbwegs preiswertes Exemplar ergattern. Mehr noch, die normale Frage war, warum ich nicht einfach auf dem Boden schlafe, ist doch eh viel gesünder für mich. Nach langen Diskussionen stellte sich heraus, es geht den Japanern stark ums Prinzip. Wer bitte würde es wagen, den Japanern ihr Futon wegzunehmen? Wie es aussieht, kaufen die Japaner weiche Matratzen als Tatamiersatz und legen darüber Futons, welche dann das Gefühl des „auf-dem-Boden-Schlafens“ vermitteln. Die Matratze von Mayumi musste also so sein. Wieso man nicht gleich normale Matratzen anbietet, erschließt sich mir bis auf den Hintergrund des Doppelkaufes nicht, aber immerhin sind Futons leichter zu bekommen. So stand ich nach zwei Tagen aufwändiger Suche und vielen verwirrten Blicken aufgrund meiner verrückten Matratzenwünsche, endlich in einem Laden und hatte ein Futon in meiner Hand. Nebenbei gibt es hierzulande natürlich auch keine normalen Bettlaken. Nein, das wäre ja auch viel zu einfach! Vielmehr werden Bettlaken verwendet, welche das Futon einschließen sollen. Wer schon von Bettwäsche genervt ist, der soll mal versuchen, eine über zwei Meter große Matratze in so eine Tasche zu stecken. Aber egal, es wurde gekauft und jetzt stand ich vor einem kleinen Problem: Soll ich noch einmal fast den ganzen Kaufpreis für die Lieferung ausgeben, vom anderen Ende der Stadt nach Hause laufen oder gar ein Taxi besorgen? Ich entschied mich für die vierte Variante und bastelte mir mit meinem Fahrradschloss eine Halterung, mit der ich mir die riesige (gefaltete) Matratze auf dem Rücken befestigte. Ich war der Blickfang für alle Japaner, kam aber irgendwie heim und kann endlich wieder vernünftig schlafen. Dazu hängt auch endlich die FCM-Fahne über dem Bett, da kann eigentlich nichts mehr den guten Schlaf unterbrechen.

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