Imoni-kai und die Deutschen

Für einen Universitätsstudenten sind natürlich das Forschen und die Qualität der Lehre sehr wichtig. Nach diesem Prinzip werden nicht umsonst jährlich die Bestenlisten der Universitäten erstellt, in denen die Universität Göttingen seit Jahren einen sehr guten Platz erreicht und nur mit den Münchenern um die Vormachtstellung in Deutschland kämpft. Ein Punkt, bei dem die Universitäten in Deutschland meines Erachtens etwas zurückbleiben und den sie zugunsten des Wettkampfes und der Leistungen zurückstellen, ist der Punkt der Gemeinschaft. Man kennt sich natürlich trotz allem, aber die Bekanntschaften sind in der Freizeit zu schließen und in mehr als einem Kolloquium habe ich erlebt, dass sie auch gerne mal nur bis zum Kursraum halten.

Hier in Japan sieht das Ganze etwas anders aus: Wir haben ein Kenkyushitsu, das ist eine Bibliothek, ein Aufenthaltsraum und eigentlich auch gleich das Zentrum des Studiums eines Studienganges. Dabei ist das ganze Leben wie bei einer Familie gegliedert. Die älteren Studenten kümmern sich um die Jüngeren, der Professor ist bestens über alle seine Studenten informiert. Ein Studium, wie es einige Studenten in Deutschland praktizieren, wo kein Professor ihren Namen kennt, wäre hier so nicht möglich. In unserem Büro ist das sogar noch weiter fortgeschritten. Professor Morimoto weiß wirklich alles über seine Studenten, ihre Beziehungen und ihr Privatleben. Sogar über den weiteren Lebensweg von Studenten, die vor 3 Jahren ihren Abschluss gemacht haben, ist er noch auf dem Laufenden.

 

Eines der Elemente, um die Studenten zueinander zu bringen, ist das Imoni-kai. Das ist ein Kochfest am Fluss, wo sich die Studenten und Professoren treffen und eine spezielle Gemüsesuppe kochen und diese je nach Herkunft mit Miso oder Sojasoße verfeinern. Dieses Festival stand nun mal wieder an. Die Zweitsemester, in der Hierarchie des Büros an der untersten Stelle, da man sich erst im zweiten Semester einem Büro anschließen kann, waren mit der Zubereitung beauftragt. Für mich ergab sich erst einmal die ausgezeichnete Möglichkeit, Professor Morimoto über meine Ziele und Erkenntnisse der Forschungen auf dem Laufenden zu halten. Gleichzeitig kam ich auch endlich wirklich mit den neuen und alten Gesichtern des Büros ins Gespräch. Als ausgezeichnete Hilfe erwies sich dabei der gute alte Norihiro. Der Arme, der selber gerade erst nach einem Jahr Göttingen nach Japan zurückgekehrt ist, hatte sich der Aufgabe verschrieben, sich mein gebrochenes Japanisch anzuhören, es zu verbessern und den Japanern zum Verständnis zu erläutern. Besondere Aufmerksamkeit erhielt dabei meine Fleischverweigerung. Wie sich herausstellte, gab es eine Vegetarierin in der Gruppe, eine wirkliche Seltenheit. Verwunderlich an der Tatsache waren aber ihre Fragen und ihre Gründe für die Verweigerung von Fleisch und Eiern. Das Konzept, dass es in Deutschland wirklich Menschen gibt, welchen die Tiere leidtun, überraschte und faszinierte sie gleichzeitig. Für sie waren diese Menschen in Deutschland, besonders wenn sie noch Veganer waren, eine Religion. Natürlich gibt es auch unter den Veganern und Vegetariern einige, die es fast wie eine Religion zelebrieren, aber die sind doch bei weitem die Minderheit. Mich betrifft das Ganze aber ja sowieso nicht, schließlich mag ich einfach den Geschmack nicht. Wie es aussieht, gibt es aber auf alle Fälle mittlerweile eine Vegetarierbewegung in Japan, welche kein Fleisch und Ei isst, weil es doch so schlecht für die Haut und die Gesundheit ist und bekanntlich machen Japaner für das Aussehen alles.

Nach dem Imoni ging es dann noch zurück in das Büro und bei Pizza und Alkohol wurde weitergefeiert, auch wenn mir bald nach einer Neuigkeit die Lust verging. Die Insel, auf der Shimizus Verwandtschaft wohnt, wurde von dem Taifun stark beschädigt und es gab einige Tote. Zum Glück war keiner von Shimizus Verwandten betroffen, wie er mir mittlerweile mitteilen konnte. Aber trotzdem ist sein Haus leicht beschädigt und das Hotel von Shimizus Onkel muss komplett erneuert werden. Shimizu sieht das Ganze aber zum Glück sehr gelassen und meinte nur, so wird es wenigstens mal wieder sauber.

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