Morgens um 6 Uhr in Deutschland

Wir schreiben Mittwoch, den 18. September 2013, weniger als 24 Stunden verbleiben bis zu meinem Flug und ich erhalte eine E-Mail: Bitte checken sie online für ihren Lufthansa Flug ein. Lufthansa? So war das eigentlich nicht geplant!

Nachdem die Verantwortlichen der Tohoku Universität auch erfuhren, dass sie mir den Flug suchen sollten, überließ  man mir die Wahl, welches Datum und welchen Flug ich bevorzugen würde. Als Datum war schnell der 19. September 2013 ausgemacht, weil an diesem Tag noch jemand in der Lage war, mich zum Flughafen zu bringen. Nur welchen Flug nehme ich und wie teuer darf dieser werden? Morimoto-Sensei schrieb mir, ich könne ja einen Flug nach Sendai nehmen und Shimizu würde mich sogar am Flughafen abholen. Gesagt, getan: ein guter Flug wurde gefunden, mit welchem ich um 10 Uhr morgens in Sendai ankommen würde. Umsteigen war dabei nur in Tokyo nötig. So aber nicht mit der japanischen Regierung. Es wird nur die erste Landung in Japan bezahlt, ansonsten hätte ich aber freie Wahl und freie Preise. Das lasse ich mir doch nicht zweimal sagen! Kurzerhand suchte ich einen 2.500 Euro Flug direkt nach Sendai heraus.  Die Zwischenlandung wäre dabei in Korea gewesen. Wohlwissend, dass einige Japaner in Anbetracht des Preises wohl ins Koma fallen, legte ich noch einen Flug nach Tokyo bei. Dieser wurde von ANA angeboten, dies ist eine der besten Fluglinien der Welt, und ermöglichte, Tokyo von Frankfurt aus ohne Umsteigen zu erreichen. Zwar war sie dadurch nicht so billig wie Aeroflot, aber wenn man mir schon so einen Ärger wegen Sendai macht, können sie wenigstens mal bei der Fluglinie klotzen. So kam es auch, auch wenn sich die Uni erst weigerte, den Flug von Hannover zu zahlen, da ich bei meiner Bewerbung als Abflugort nach Japan Frankfurt als nächsten internationalen Flughafen einordnete. Wer rechnet Hannover mit seinen Kurzstreckenflügen schon als internationalen Flughafen? Erst eine Intervention von Professor Morimoto, welcher sehr erbost über das Gebären seines Arbeitsgebers war, ermöglichte mir diesen Flug. So erhielt ich also einen Flug mit Lufthansa nach Frankfurt und von da aus mit ANA nach Tokyo.

Nun sollte ich also bei der Lufthansa für diesen Flug einchecken. Bei dem Versuch wurde ich gleich für den ANA Flug mit eingecheckt. Moment, sagte mein Ticket nicht aus, dass es zwei getrennte Flüge sind? Aber ANA bietet doch gerade an, dass man 2 Gepäckstücke mit je 23 Kilo nach Japan mitnehmen kann. Lufthansa hat ein ähnliches Angebot, also was machen? Kurzerhand rief ich Lufthansa an und fragte nach. Die sehr hilfsbereite Mitarbeiterin versicherte mir, dass sie sofort nachfragt. Sie  schmiss mich durch einen Fehler aber aus der Leitung. Mein Rückruf verband mich mit  einem Herren, der die Antwort natürlich genau wusste: Wir sind da doch nicht dafür zuständig, das ist nur von ANA abhängig und die geben ihnen nur einen Koffer kostenlos. Kein Einspruch half und ich wurde abgewiegelt. Wenn alles nur von ANA abhängt, dann müsste man doch eigentlich auch nur deren Erlaubnis einholen und dann damit Lufthansa beeindrucken. Nach einem Anruf bei ANA später war die Verwirrung komplett. Die Dame wusste auch nicht wie es funktioniert und telefonierte erst einmal 30 Minuten rum, um eine Lösung zu finden. Das Endergebnis war ein Schreiben von ANA, welches mir die 2 Gepäckstücke ermöglichte aber wo unklar war, ob Lufthansa dieses annimmt. Egal, ich habe etwas in der Hand, also rief ich wieder bei der Lufthansa an. Diese Dame war endgültig durch die Situation überfordert. Mittlerweile hatte die Nachfrage der ersten Dame wohl ergeben, dass ich nur eines mitnehmen kann, aber so änderten sich durch das Schreiben von ANA ja die Voraussetzungen. Ein Rundrufmarathon startete, dem die Aussage folgte, wir wissen es auch nicht, sie sind leider ein Sonderfall. Wie oft habe ich das nun schon in meinem Leben gehört? Nun gut, ich erhielt gut gemeinte Hinweise, wie ich weiter vorgehen könnte. Eventuell könne mir das Reisebüro in Japan helfen oder im Zweifel soll ich das Gepäckstück nach Frankfurt zahlen und da neu einchecken. Im Endeffekt könne mir aber nur der Check-in Schalter helfen. Die Nacht und Nebelaktion, mein Reisebüro in Japan zu kontaktieren, schlug wie zu erwarten natürlich ganz fehl. Wer hat auch schon mal gehört, Japaner seien flexibel? 2 Gepäckstücke, nein das lasse ja nicht mal die japanische Regierung zu und das gibt es auf keinen Fall.

So leicht lässt sich ein Reik aber nicht einschüchtern, wer die Bürokratie des Siemens Gymnasiums, der Georg-Augusta und der Tohoku übersteht, der übersteht auch das. So stand ich 6 Uhr morgens am Check-in mit 2 Koffern, welche am Vortag kurzerhand noch umgefüllt wurden und mit Schokolade für Japan ergänzt wurden. Der Check-in ist natürlich voll und es ergibt sich bei den 3 Schalterangestellten ein erschütterndes Bild: Eine Dame erscheint sehr arrogant und wiegelt alle Kunden ab, eine zweite erscheint unsicher und weiß bestimmt nicht unbedingt, wie sie vorgehen soll und ein Herr mit Krawatte, welcher aussieht, als ob er einen höheren Posten hat. Jetzt gilt es Daumen drücken und den Herren zu erhalten. Natürlich bekommt der Kunde vor mir den Herren und ich werde leicht nervös. Bloß nicht die Arrogante, welche ihren Kunden fast fertig hat! Zum Glück schafft es der Herr, seinen Kunden eine Sekunde früher zu bearbeiten und ich renne rüber. Zwar meint er, ich muss für einen zusätzlichen Koffer bis Frankfurt  bezahlen, ein leidendes Gesicht später checkt er aber beides ein und wünscht mir auf Japanisch viel Spaß. Es ist doch immer gut, wenn die eigene Menschenkenntnis nicht ganz verkehrt läuft.

Japan mit 46 Kilo Gepäck, hier komme ich! Die 18 Monate können beginnen!

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://rj-webspace.de/20-09-2013-morgens-um-6-uhr-in-deutschland/

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.