Wie ich in vielen vorherigen Einträgen ja schon so leicht angedeutet habe, macht mir Deutschunterricht wirklich Spaß. Es gibt aber einen Punkt in der ganzen Sache, mit dem ich so wirklich Probleme habe: Jede zweite Woche soll ich etwas aus Deutschland vorstellen. Dies ist leichter gesagt als getan, wenn man keine Vorgaben bekommt und die Japaner im Äußern ihrer Wünsche auch nicht wirklich hilfreich sind. Das einzige Thema, was ein Student einmal erbat, war, doch bitte über Musik in Deutschland zu reden. Musik in Deutschland, nichts leichter als das! Es ist ja nicht so, als ob man mit dem Thema nicht Bücher füllen könnte. Im Endeffekt schaffte ich es, ein Referat zu erstellen, was halbwegs interessant war, aber leicht war es nicht. Nachdem ich jetzt schon fast jeden der groben Aspekte des Lebens in Deutschland vorgestellt habe, fällt es mir immer schwerer, noch ein Thema zu finden, von dem ich wirklich überzeugt bin.
Letzte Woche ergab es sich aber, dass wir im Unterricht über Spiele redeten. Die Studenten sollten einen Beispielsatz zum Thema Brettspiele sagen. Niemand, nicht einmal unsere Professorin, verstand aber, dass das Go-Brett im Beispielbild nur ein Beispiel für den Begriff Brettspiele sein sollte. Auch bei Kartenspielen wurde nur „Trumpf“, ein bekanntes Kartenspiel in Japan, erwähnt. Während ich also ein paar Kartenspiele aus Deutschland namentlich nannte, musste ich feststellen, dass man hierzulande keins davon kannte. Kein Wunder, denn Japaner spielen nicht mit den typischen Skatkartendecks, sondern mit den großen Rommédecks. Mein Thema war mir damit wirklich in den Schoß gefallen. Ich musste nur entscheiden, ob ich den Leuten Mau-Mau oder Skat zeige. Da Skat aber das wirklich deutsche Spiel ist und zudem noch in Altenburg, also Thüringen, erfunden wurde, war die Entscheidung schnell gefallen und meine Professorin wurde informiert. Leider hörte diese aber nicht wirklich zu und informierte sich vor meinem Vortrag nur kurz über Mau-Mau.
Die Zeit des Unterrichts war also gekommen und ich erklärte Skat, ein Spiel, das viele Deutsche schon kaum verstehen, besonders die Reizregeln. Leider stellte sich heraus, dass die Japaner nicht einmal das Prinzip des Trumpfs verstanden, obwohl sie ein Spiel haben, was eben jenen Namen hat. So wurde der Vortrag zwar interessant für die Studenten, verstanden haben sie es aber nicht wirklich. Das war ein wirklich demütigender Augenblick für mich und dementsprechend gedrückt erreichte ich das Büro. Dort wartete aber die Rettung. Shimizu war da und präsentierte seinen neuen Rockstarbart. In unserem Gespräch klagte ich ihm mein Leid und fragte, ob er Skat in Wien kennengelernt hat. Hatte er natürlich auch nicht, aber er fragte, ob ich es ihm denn nicht zeigen könnte. Keine Frage, so spielten wir eine Runde Offiziersskat und schon nach der ersten Runde hatte er es verstanden. Da ich es ihm nicht anders erklärte, als meiner Klasse, konnte das Problem also nicht nur an mir liegen. Im nächsten Moment betrat Norihiro, welcher schon meine Präsentation Probe gelesen hatte, den Raum. Wie das Referat gelaufen ist, wollte er wissen. Es ergab sich die Gelegenheit, ihn zu überzeugen, alles stehen und liegen zu lassen und Skat mit uns zu spielen. Es dauerte genau ein Spiel und sowohl Norihiro als auch Shimizu hatten alles verstanden. So saßen wir zusammen im Büro und spielten Karten, während andere zuschauten. Als die deutsche Professorin ins Büro kam, konnte sie nur leicht den Kopf schütteln, dass wir einfach mal eines der komplizierteren Kartenspiele Deutschlands fehlerfrei im Lab spielten. Ich hatte so viel Spaß, wie das Ganze Jahr nicht, das ich jetzt schon wieder da bin. Shimizu hat es in den paar Wochen, die er wieder hier ist, geschafft, mich ins Kenkyushitsu einzubinden und das Ganze hier wieder viel lebhafter zu gestalten. Endlich freue ich mich wieder auf jeden Tag, den ich dort verbringen kann. Um mein Glück perfekt zu machen, hatte Shimizu so viel Spaß, dass er gleich erst mal eine Skatapplikation auf seinem Handy installierte. Das erste Mal seit der Schulzeit habe ich also regelmäßig die Chance, das Spiel wieder zu spielen. Auch im Lab ergab es sich, dass nach meinem Kurs ein Student Fragen stellte und ich so ein Thema für das nächste Referat erhielt. Dieses Mal verstehen den Inhalt dann hoffentlich auch wieder alle.
1 Kommentar
Hallo Reik,
kennst Du eigentlich das typische deutsche Skat-Sprichwort “ Skatspielen und das Singen – das kann man nicht erzwingen“ ?
Finde ich ja große Klasse, daß Du unser Thüringer Welt-Kulturgut jetzt in Japan bekannt machst.
Blau-weiße Grüße aus der Heimat und am Mittwoch hauen wir die Aspirinis wech !!!