Reik-sensei

So schnell kann es gehen. War ich noch am Wochenende davon ausgegangen, dass ich eine ruhige Woche habe und mich ganz auf den Besuch von Dennis in einer Woche vorbereiten kann, so saß ich am Dienstag um 7.30 Uhr mit 32 japanischen Kindern und 5 Betreuern in einem Bus nach Zao, um als Englischlehrer zu fungieren. Wie konnte es so weit kommen?

Der YMCA hat eine 3-tägige Reise für Kinder organisiert, die auf diesem Weg Grundwerte, Selbstständigkeit und Englisch lernen sollen. Orsolya, als Lehrerin in der Sprachschule des YMCA, wusste deshalb schon seit Wochen, dass sie auf diese Reise gehen würde. Aber trotz vieler Versprechen wurde auf einmal klar, dass sie wohl keine Unterstützung durch andere Lehrer bekommen würde. Wie soll ein Lehrer alleine den Unterricht für 31 Kinder gestalten, wenn ohne Lehrbuch individuell auf alle Kinder eingegangen werden soll? In ihrem Unbehagen über die Situation entschied sie, mich den Verantwortlichen vorzustellen und diese stimmten zu, dass ich der zweite Lehrer werden sollte. Dank meiner Erfahrung als TA an der Uni und durch das Kidscamp des MafuMafu war ich auf solche Situationen wenigstens ein wenig vorbereitet, so dass ich im Endeffekt spontan zusagte.

Im Vergleich zum Camp des MafuMafu konnte ich mich schon von Beginn an begeistert zeigen. Die Vorbereitung war eine ganz andere, als es das MafuMafu macht. Alles war bis ins Detail durchgeplant und nichts wurde dem Zufall überlassen. Unsere Gruppe bestand aus 16 Jungen und 16 Mädchen. Das Alter lag zwischen 7 und 13 Jahren, die Mädchen waren teilweise älter als die Jungen. Die 32 Teilnehmer wurden auf 5 Gruppenleiter verteilt, welche mit ihrem Vornamen und der Endung leader angesprochen wurden. Diese „Leader“ konnten nicht viel mehr Englisch als die Kinder. Ihre Aufgabe bestand darin, sich um die Kinder zu kümmern. Zu diesen 5 Gruppen kamen dann noch wir 2 Lehrer, welche auch mit dem Vornamen + sensei angesprochen wurden. Als Lehrer hatten wir eine Sonderstellung. Wir mussten vier Unterrichtseinheiten für die Kinder veranstalten und ansonsten mit ihnen auf Englisch reden. Da bei Orsolya aufgrund ihrer Lehrertätigkeit in der Schule für die Kinder klar war, dass sie Japanisch spricht, wurde ich direkt als nicht der Sprache mächtig vorgestellt und die Kinder wurden so gezwungen, mit mir auf Englisch zu sprechen. Ansonsten sollten wir den Betreuern noch etwas unter die Arme greifen. Den Betreuer mussten in den Zimmern der Kinder schlafen. Aufgrund unserer Sonderstellung bekamen wir Lehrer jeweils ein Einzelzimmer, wodurch ich ein 4-Personen-Tatamizimmer für mich alleine hatte. Von so etwas hätte ich beim MafuMafu-Camp nur träumen können.

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