Nach dem Nostalgietrip am gestrigen Tag erinnerten Dennis und ich uns an eine Aussage, welche wir vor acht Jahren trafen: Wenn wir in Japan sind, wieso sollten wir dann bitte nach Chinatown? Aus diesem Grund entschieden wir damals, einen großen Bogen um Chinatown in Yokohama zu machen, obwohl uns die Stadt ansonsten sehr gefiel. In acht Jahren ändern sich da ja aber doch die Prioritäten und deshalb entschieden wir, dass wir dem Viertel eine Chance geben. Zu diesem Zweck ging es heute früh los in Richtung Yokohama.
Dort endlich angekommen, konnte ich die Wirkung von mehrjährigem Konditionstraining erleben. Früher hat sich Dennis gerne über meine nicht immer sehr kurzen Laufpläne beschwert. Heute entschied er von sich aus, dass wir ja unseren morgendliche Elan nutzen und zum anderen Endes der Innenstadt laufen könnten, anstatt mit der U-Bahn zu fahren. Was sind schon so um die 15 km? Das lasse ich mir ja nicht zweimal sagen und so ging es in einem kleinen Spaziergang (laut Dennis ein Gewaltmarsch, wie auch immer er darauf kommt…) durch die Stadt. Yokohama ist wirklich eine schöne Stadt und mir persönlich gefällt sie etwas besser als Tokyo. Leider wurde der Eindruck heute durch einen leichten Nieselregen etwas getrübt. Chinatown ist ein interessantes Gebiet in der Stadt. Während Yokohamas Geschäfte eher organisiert und die Verkäufer sehr zurückhaltend sind, stellt Chintown den kompletten Gegenentwurf dazu dar. Überall stehen Verkäufer, welche lautstark ihre Produkte an den Mann oder die Frau bringen wollen. Im Endeffekt muss man sich eine Straße vorstellen, welche durch Menschen, die wie Marktschreier ihre Waren anpreisen, belebt wird. Auch die Geschäfte selber sind verkramter und interessanterweise sehr auf Pandas fixiert, welche als das universelle Symbol Chinas sterilisiert werden. Für eine Stunde stellt Chinatown so einen angenehmen Gegenpart zu Japan dar, welcher durch die Japaner auch ausgiebig angenommen wird. Mir selber reichte es aber sehr schnell damit. Die japanische Mentalität liegt mir dann doch mehr.
Im Anschluss an Chinatown ging es zu Fuß in Richtung Hafen und von da aus wieder zum Bahnhof. Auf dem Weg stellten wir fest, dass dank des Regens am Hafen fast nichts auf dem Meer zu sehen war, aber immerhin fanden wir einiges Interessantes auf dem Weg. In den letzten Jahren hat sich Yokohama seiner Geschichte erinnert und Gedenktafeln zu Ehren der Öffnung des Landes aufgestellt. Für jemanden, der sich mit genau dieser Zeit beschäftigt, hatte ich so eine interessante Tour. Auf halber Strecke entschieden wir uns dann für einen kurzen Zwischenstopp in einem Vergnügungspark. Dennis beschloss, dass er unbedingt mit der Achterbahn fahren muss. Zu seinem Glück schaffte er es gerade so, seine Beine im Wagen unterzubringen. Bei mir wäre es unmöglich gewesen, weshalb er auch auf mich als Beifahrer verzichten musste. Obwohl die Fahrt für den Preis etwas zu kurz war, hatte er doch seinen Spaß.
Im Anschluss an die Gewaltmärsche ging es zurück nach Tokyo, wo wir uns in Shinjuku etwas Essbares suchten. Dabei stießen wir in dem Viertel mit den meisten Hochhäusern der Stadt auf eine sehr kleine Straße, dem Aussehen nach gebaut in den Sechzigern, in der kleinste Imbissbuden Essen anboten. Auf Komfort oder gar Hygienestandards wie in Deutschland musste man dabei zwar verzichten, dem Ambiente und Geschmack tat das aber keinen Abbruch. Aufgrund der Vielfalt des Angebotes suchten wir uns die ältesten Köche, die wir finden konnten. So landeten wir in einer kleinen Bude, geführt von drei alten Menschen, welche wohl im Schnitt siebzig Jahre alt waren.
Laut den Geschichten, die wir mithören konnten, waren die drei Betreiber seit der Errichtung dieser kulinarischen Straße in diesem Laden und betreiben den Stand täglich. Der Mann ist dabei für das Kochen zuständig, während die beiden weiblichen Mitarbeiter den Rest übernehmen. Diese Erfahrung konnte man dabei sehr genau schmecken. Es waren mit die besten Tsukemen, die ich bisher in Japan hatte. Ich bin mir sicher, dass ich mich auch in Zukunft noch öfter in diese Straße verirren werde.
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