Die Bürokratie an der Uni

Was, Deutschland soll bürokratisch sein? Wer so etwas behauptet, hat wirklich Japan noch nicht kennengelernt. Aber der Reihe nach: Das neue Semester hat angefangen und ich unterrichte wirklich einen Kurs mehr. 42 Jurastudenten sind meine Opfer, die zwar vermutlich besser Grammatik können als ich, aber kein Wort Deutsch sprechen. Ich muss sagen, unterrichten macht immer noch Spaß. Meine alten Klassen können immer noch die Sprache und wir haben unseren Spaß zusammen. Ok, jedenfalls die Meisten. Wie in allen Ländern der Erde üblich, verkriechen sich Studenten gerne in die letzte Reihe des Raumes, weil man sie da ja nicht sehen kann. In Japan stimmt diese Theorie auch wirklich. Eine 1,55 Meter große Professorin kann in einem Raum in der Uni wirklich nicht die letzte Reihe einsehen und einige Studenten nutzen das gerne, um zu schlafen. An sich habe ich damit kein Problem, nur zu gut kann ich mich an langweilige Stunden oder für die Uni durchgemachte Nächte erinnern. In die letzte Reihe sollten sich aber trotzdem nicht alle setzen, da man in den großen Räumen, wie wir sie haben, sonst die gesamte Zeit schreien muss, damit die Studenten einen hören. Aus diesem Grund bittet meine Professorin die Studenten immer, nach vorne zu kommen. Als sich dieses Mal eine Gruppe weigerte, erklärte ich, dass ich alles sehe, was sie in der letzten Reihe machen. Wie es sich für gute Studenten gehört, glaubten sie mir nicht, bis ich ernst machte und nur die Nebenbeschäftigungen der letzten Reihe unterband. Einige Studenten kriegten förmlich Paranoia, da ich wirklich alles sah, aber mich nur bei ihnen bemerkbar machte. Die Herren sitzen nächste Stunde garantiert näher und ich kann meine Stimme schonen.

Soviel zu der ersten Stunde. Trotz des kleinen Spiels mit den Studenten hatte ich meinen Spaß und der Job hat wirklich seine Vorteile, gäbe es da nicht die Verwaltung. Nach jeder Stunde muss ich im Verwaltungstrakt unterschreiben, dass ich auch wirklich anwesend war. Da man mir mit voller Selbstverständlichkeit erklärt hatte, dass ich mehr unterrichte, dachte ich mir also nichts Böses, als ich einmal mehr in die Verwaltung ging, um meinen Zettel zu unterschreiben. Leider rannte eine Mitarbeiterin auf mich zu und redete auf mich ein, warum ich am Mittwoch unterschreiben möchte. Während ich versuchte, die Situation zu klären, unterschrieb ich fälschlicherweise im Vormonat und war so gezwungen, die Unterschrift durchzustreichen und neu zu setzen. Das geht nach japanischem Verständnis ja nun gar nicht und so löste ich ohne es zu wissen, ein wahres Erdbeben aus. Zum einen hatte meine Professorin einen Fehler gemacht. Ein Lehrassistent darf erst ab dem Fünfzehnten unterrichten, zuvor muss der Professor das alleine machen, was natürlich Schwachsinn ist, wenn man bedenkt, dass der Unterricht am Ersten anfängt. Weiterhin habe ich zwar erklärt, dass die Unterschrift falsch war, aber noch bevor ich eine halbe Stunde nach dem Fehler zu Hause war, erhielt ich eine Nachricht, dass ich doch nicht im vorherigen Monat unterschreiben darf, da ich meine Stunden für das alte Semester aufgebraucht hatte. Das war mir auch klar und deshalb hatte ich die Unterschrift ja auch durchgestrichen und den Fehler der Verantwortlichen erklärt. Diese hat es aber offensichtlich nicht verstanden und machte jetzt meine Professorin und Professor Morimoto verrückt. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass ich ja nicht so einfach meinen Job weitermachen kann. Nein, 6 Formulare waren auszufüllen und sogar erneut ein Lebenslauf abzugeben. Ordnung muss aber sein und so ging es natürlich auch nicht, dass ich das einfach so abgebe. Nein, Professor Morimoto, welcher zwar Leiter meines Büros ist, aber sonst keinen Einfluss auf die ganze Geschichte hat, musste mit mir zur Verwaltung kommen und die Formulare einreichen, nur dann war auch sicher, dass sie nicht gefälscht sind.

Ich kann nur sagen, japanische Bürokratie ist das Schlimmste. Einfach mal fünfe gerade sein lassen, gibt es in diesem Land rein gar nicht. Und wenn sich meine Professorin, welche Japanerin ist, schon beschwert, dass die Verwaltung sie nicht versteht, was soll dann erst ich sagen, der Japanisch als vierte Sprache gelernt hat und dabei garantiert nicht das Verwaltungsjapanisch in seinen Sprachkursen hatte. Wenigstens ist jetzt alles geklärt und ich kann ein weiteres Semester wertvolle Erfahrungen sammeln.

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