Das Bankenwesen

Der Alltag hat mich wieder! Nach all dem „Urlaub“, wurde es Zeit, sich endlich um das zu kümmern, für das ich eigentlich hergekommen bin. Ohne Studentenausweis kann ich nichts machen und viele Formalitäten wollen auch noch erledigt werden. So besitze ich meine Aliencard zwar schon, die seit neustem umbenannt wurde, weil Alien ja falsch verstanden werden könnte. Aber trotzdem muss ich mich bei der Stadt und der Uni anmelden. Gleich nach Christophs Abreise ging es deshalb zum Ummelden, was überraschend problemlos vonstattenging. Besonders in Anbetracht der Tatsache, was für einen Stress das Einwohnermeldeamt in der Börde gemacht hat,  nur weil ich mich in die Wohnung meiner Eltern ummelden wollte. Ohne schriftliche Bestätigung, dass dies von ihnen auch erlaubt wird, ging dort nichts. Hier musste ich einfach nur die Adresse aufschreiben und alles ging seinen Gang.

Leider hatte ich dabei nicht mit meiner Uni gerechnet. Wie schon angedeutet, bin ich für die Philosophische Fakultät der erste Mombusho Kandidat und damit wollen sie sich natürlich genau an das Protokoll halten. Für mich bedeutet dies viel Bürokratie und dass sie sich nicht so um mich kümmern, wie es normal ist. So hatten Orsolya und die anderen damals genaue Hilfestellungen und Terminpläne bekommen, während ich genau ein Schreiben habe, dass ich Student bin und dieses hätte ich eigentlich am Flughafen abgeben müssen, nur der Kontrolleur wollte es nicht. Tja, das ist ein Grund und kein Hindernis. Wenn man es richtig machen will, sollte man es eh alleine machen. Also ging ich direkt zur Verwaltung und wollte mit denen absprechen, was ich machen sollte. So einfach ist das aber nicht, denn diese verwiesen mich auf Professor Morimoto, der ja bekanntlich nicht in Sendai weilt. So lange kann ich aber nicht warten, also ging es am nächsten Tag mit Übersetzer noch einmal hin. Vielleicht erzählen sie jemandem, der in Japanisch besser bewandert ist  als ich es bin, ja mehr. Gesagt, getan und wirklich, endlich erhielt ich eine Liste der notwendigen  Erledigungen. Unter anderem fehlte mir natürlich ein Schrieben der Stadt und ich brauche zwei Konten. Eines für das Stipendium und eines einfach so, auch wenn ich noch nicht ganz weiß, wofür das gut sein soll.

Gut, mein Übersetzer hatte keine Zeit, aber selbst ist der Mann. Das Schreiben der Stadt erhielt ich ohne Probleme, bei der Bank sah es dann aber doch anders aus. Ob ich denn das Konto auch auf Japanisch eröffnen könnte? Klar! Trotzdem erhielt ich keine Hilfe, da alle englischsprachigen Angestellten beschäftigt seien,  sondern ich sollte morgen wiederkommen. Immerhin füllte eine Dame auf Japanisch mit mir alle Unterlagen aus. Als ich mich noch wunderte, wieso ich nicht einfach alles auf Japanisch machen konnte, wie es neben mir bei einem Herrn offensichtlich ging, tauchte schon die Erklärung für die Beschäftigung der Übersetzer auf: Frau Omori, auch bekannt als „der Don von Sendai“, da sie wirklich jeden kennt. Group Mori führte eine Gruppe von Ausländer zum Kontoeröffnen und Frau Omori entdeckte mich natürlich sofort. Ein breiter Schwall von Fragen flog auf mich zu. Wieso hatte ich mich nicht schon längst bei ihr gemeldet? Was mache ich hier? Wie geht es einigen meiner alten Freunde? Wie lange bleibe ich? Habe ich schon ein neues Telefon? Und ich soll sie doch so schnell wie möglich kontaktieren! Dann wurde ich zu jedem Group Mori Vertreter geführt und dieser jeweils  gefragt, ob ich wiedererkannt werde, was zu einem großen Prozentsatz auch gelang. Gut, damit dürfte ganz Sendai von meiner Rückkehr gehört haben, aber es gibt noch viel zu tun.

Am nächsten Tag kam ich wieder zur Bank. Wenn ich extra auf englischsprachige Mitarbeiter warten muss, dann erwarte ich auch etwas Leistung. Tja, leider kommt es aber immer anders, als man denkt. Natürlich gab es keinen Übersetzer, aber ich könne doch bestimmt alles in Japanisch machen. Leicht verwundert willigte ich ein, nur um alle Dokumente noch einmal ausfüllen zu müssen. Ich hatte auf dem englischen Zettel die Adresse in Englisch angegeben, bei dem japanischen dagegen in Kanji. Das geht doch nicht! Man beachte dabei, dass es sich um einen doppelseitigen Zettel handelte. Bei diesem Ausfüllen blieb es aber leider nicht. Beim ersten Mal war ihnen mein G nicht nah genug an Druckbuchstaben auf der Tastatur dran, da ich es gewagt hatte, noch einen Strich nach unten zu führen. Dann sah meine Unterschrift beim zweiten Versuch bei einem Dokument angeblich zu unterschiedlich aus, auch wenn es exakt die gleiche Art meiner Unterschrift war. Als sie beim dritten Mal noch monierten, ich hätte bei einem Dokument einmal die Kanjis für Nummer wie auf meinem Ausweis ausgeschrieben, bei den anderen aber, wie sie mir gesagt hatten, nur Bindestriche gesetzt, war ich langsam leicht genervt. Zu ihrem und meinem Glück ließen sie es aber diesmal durchgehen und so erhielt ich nach fast zwei Stunden doch wirklich mein Bankbuch. Wenn ich daran denke, dass wir mit Rodrigo in Göttingen ganze 20 Minuten für die Kontoeröffnung brauchten, kann ich immer noch nur den Kopf schütteln!

Als nächstes ging es zur Postbank, um den ganzen Spaß zu wiederholen. Seit dem Treffen mit Frau Omori war mein Ehrgeiz geweckt und ich wollte jetzt auf jeden Fall den Mist alleine und auf Japanisch hinter mich bringen. War ich überrascht, wie einfach alles doch gehen kann! Zwar unterschrieb ich mehrere Zettel mit langer japanischer Erklärung (bei der ich mutmaßlich einem anderen Land den Krieg erklärt habe oder mein Erstgeborenes verkauft habe), aber ich hielt am Ende ein Bankbuch in der Hand und das „schon“ nach einer Stunde. Blöd nur, dass ich nicht lesen kann und mir nicht jeder Teil des Bankbuchs gezeigt wurde. Zwar steht mein Name vorne groß richtig drauf, drinnen aber hat man aus meinem Vornamen ein Ranoku gemacht. Natürlich fiel das meiner Verwaltung sofort auf und jetzt darf ich den Spaß noch mal neu machen. Hoffentlich passt es dann aber endgültig und das erste Stipendium kann kommen, so billig ist Japan jetzt auch nicht.

Zu allem Überfluss erhielt ich bei der Abgabe der Bankbücher in der Verwaltung noch einiges an Papierkram. Für meine Bewerbung vor nicht mal 6 Monaten musste ich alle meine Ziele hier und meinen Lebenslauf ganz genau angeben und jetzt wollen sie ihn schon wieder? Manchmal verzweifele ich an ihnen! Immerhin hat sich jetzt eine Mitarbeiterin als der englischen Sprache mächtig geoutet. Die Ausrede, man verstehe mein Englisch und Japanisch nicht, zieht jetzt nicht mehr und wenigstens sie konnte meine Abneigung gegen die Zettelwirtschaft vollkommen verstehen.

So kann es dann halt in die zweite Runde Reik vs. japanische Bürokratie gehen. Jedem, der sich in Deutschland um sowas kümmern muss, kann ich nur sagen, es könnte noch viel schlimmer sein. Jetzt gibt es für mich aber erst mal ein Wochenende, um abzuschalten und endgültig hier anzukommen.

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