Der japanische Wohnungsmarkt ist seltsam. Um eine Wohnung zu bekommen, muss man einen japanischen Bürgen haben und alleine das Mieten ist mit hohen Kosten verbunden. So erhält man die Kaution nicht zurück, wenn man auszieht und an den Makler muss man eine hohe Provision zahlen, nur damit er überhaupt den Kontakt mit einem Vermieter herstellt. Ob man die Wohnung dann erhält, ist noch die andere Frage. Da ich nach einem Jahr nicht mehr im Wohnheim wohnen darf und dieses schon 2010 aufgebraucht wurde, war ich sehr erleichtert, bei Orsolya einziehen zu können. Sie hatte die Wohnung 2011 zusammen mit Kanayo gemietet und seit Kanayos Studienortwechsel nach England war ein Zimmer frei. Der Auszug von Kanayo ist mittlerweile schon zwei Jahre her und seitdem hat sie es noch nicht wieder nach Sendai geschafft. Diese Woche sollte sich dies ändern.
Noch bevor ich überhaupt nach Japan kam, hatte sich Kanayo angemeldet und ganz besorgt gefragt, ob sie denn trotz meiner Anwesenheit kommen darf und besonders, wo ich denn bleibe. Erst einmal beiße ich nicht, wenn ich nicht gerade hungrig bin und auf der anderen Seite bin ich ja auch mit Kanayo befreundet. So stand ihrer Reise hierher nichts mehr im Weg. Besonders nach Orsolyas launiger Feststellung, ich könne ja auf dem Balkon schlafen, war Kanayo beruhigt und so stand sie Freitag zu nachtschlafender Stunde vor der Tür und erbat Einlass. Ich machte mir allerdings schon etwas Sorgen, denn Orsolya traue ich das mit dem Balkon vollkommen zu.
So hatten wir für fünf Tage einen Gast. Und was soll ich sagen: An die abertausend Ausländer, welche eine Japanerin als Freundin haben wollen kann ich nur appellieren, überlegt es euch gut. Wie schon mein Großvater immer sagte: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Besseres findet. Es war auf jeden Fall eine Erfahrung, welche man wohl auf viele Japanerinnen anwenden kann. So gelang es mir zum ersten Mal, einen Blick auf eine ungeschminkte Japanerin zu werfen, bevor der einstündige Schminkprozess begann. Es ist schon erstaunlich, wie man sein Gesicht so schminken kann, dass kein Stück echte Haut mehr zum Vorschein kommt. Die Frage, ob diese Prozedur, nur um etwas Gesichtsröte zu verdecken, wirklich nötig sei, führte dabei zu einer langen Belehrung über die Notwendigkeit strahlend weißer Haut. Gut, diese Belehrung hätte ich aber auch vorausahnen können, derartiges hätte ich in Europa wohl auch als Belehrung bekommen. Auch ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob ich das ewige „durch die Blumen sprechen“ der Japaner für immer aushalten würde. In meinem Kopf formte sich öfter die Feststellung: Nun sag endlich, was Sache ist!
Aber gut, am interessantesten war aber der Einblick in die Psyche der Japaner, als wir noch Masami und Norihiro einluden. Ich kochte gefüllte Paprikaschoten, welche ganz gut gelangen, und wir verbrachten den Abend beim Kartenspielen. Als unsere Gäste uns verließen, meldete sich Kanayo zu Wort und beneidete Masami um ihren kleinen Kopf. Was bei uns in Europa vermutlich eine Beleidigung wäre, war für sie ein absolutes Kompliment. Das Kleine und Süße, das wäre doch viel besser. Eine Japanerin muss süß und kindlich aussehen, nur dann würde sie eine Schönheit darstellen und in Kanayos Augen traf dies alles auf Masami zu. Na ja, nachdem sie mir auch noch ein Brautmodenmagazin zeigte, wo es eine Barbie Brautkleidkollektion gab, überraschte mich eigentlich gar nichts mehr. Trotz einiger seltsamer Begebenheiten war die Zeit mit Kanayo sehr lustig und wir sind gespannt, wann sie das nächste Mal vorbeischaut.
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