Sprachen lernen ist nicht jedermans Sache. Japanisch, Deutsch, das sind alles Sprachen, für die man in vielen Ländern belächelt wird, denn das Erlernen gilt als anstrengend und aufwendig. Wenn man nun jemanden hat, der solche Sprache an der Uni erlernt, dann sollte der Fall natürlich ganz anders aussehen. Ohne die notwendigen Sprachkenntnisse einfach einen Studiengang besuchen, das wäre in Europa wohl unmöglich. Mehr als einen Studenten habe ich erlebt, welcher fast aus seinem Studiengang geflogen wäre, da er den notwendigen Sprachtest beinahe nicht bestanden hat. Hier in Japan ticken die Uhren aber bekanntlich anders. Bisher habe ich die Studenten in meinem Büro immer verteidigt. Ach, sprechen können sie nicht, aber die anderen Dinge lernen sie ja immerhin dafür um so besser. Seit dieser Woche muss ich mein Fazit wohl etwas revidieren, denn die Abschlußprüfungen standen an.
Abschlussprüfungen bedeutet dabei, dass neben der Abschlussarbeit noch eine mündliche Prüfung und die Verteidigung der Arbeit erfolgt. Die Arbeit wird grundsätzlich auf Japanisch geschrieben, unter den drei Professoren ist aber auch einer aus Deutschland. Da dieser kein Japanisch spricht, ist es nun die Aufgabe der Studenten, neben ihrer Arbeit noch eine fünf Seiten lange Zusammenfassung zu schreiben. Fünf Seiten, das ist im Allgemeinen gar nichts. Und auch wenn Abschlussarbeiten hier weniger Seiten als in Deutschland umfassen, so ist es trotzdem ohne Weiteres möglich, diese zu füllen. Um die Sache noch einfacher zu machen, können die Studenten ihre Arbeiten auch noch bei ihrem deutschen Professor abgeben und eine Korrektur des Textes mit Anmerkungen erhalten, welche ihnen die Vorbereitung auf die Prüfung erleichtern soll. Durchfallen soll zu diesem Zeitpunkt meines Erachtens eh kein Student mehr, weshalb ihnen das Leben sehr leicht gemacht wird. Sogar mögliche Prüfungsfragen werden an die Studenten im Voraus abgegeben, so dass sie eigentlich nur noch die Antworten auf fünf Fragen auswendig lernen müssen, um zu bestehen. Nun sollte man meinen, fünf Seiten auf Deutsch sind für Studenten dann ein Leichtes, aber dem ist nicht so.
Es war ein ganz normaler Tag und ich hing gerade über neuem Material, welches ich vor Kurzem zu meinem Thema gefunden hatte. Auf einmal kam eine Bachelorstudentin auf Shimizu und mich zu und fragte, ob wir ihren Text mal kurz gegenlesen könnten. Nichts leichter als das. Wie lange kann das schon dauern? Lange, wie ich feststellen musste! Der Text war ein riesiges Chaos, in dem mit Begriffen um sich geworfen wurde, deren Zusammenhang sich mir verschloss. Zugegeben, ihre Arbeit war über Kafka und dieser ist nicht unbedingt die leichteste Kost, aber irgend etwas stimmte hier nicht. Ich begann also mit der Korrektur und hierbei stieß ich auf den Grund meiner Probleme: Die junge Dame hatte es geschafft, ihre Zusammenfassung der Abschlussarbeit in google Translator einzugeben und sich auf dessen Kräfte zu verlassen. Google Translator ist ein mächtiges Mittel, welches ich nicht missen möchte, aber für wissenschaftliche Texte ist er dann doch nicht geeignet. So saßen Shimizu und ich also am Computer und er fasste die japanische Version für mich so zusammen, dass ich einen deutschen Text daraus entwerfen konnte. Wie kann man bitte nicht merken, dass das Wort Trick, welches als Schlüsselwort des Textes ihre deutsche Übersetzung zierte, so rein gar nichts mit dem Wort Hunger, welches gemeint war, zu tun hat? Es war ein Trauerspiel, aber ich helfe ja gerne. Diese Mühe wurde auch gewürdigt, indem der deutsche Professor am nächsten Tag den Text als am leichtesten verständlich wertete. Als aber am nächsten Tag dann die nächsten Studenten erschienen, um Erklärungen und Übersetzungen zu erhalten, entschied ich mich dann doch, lieber für diese Woche in der Bibliothek zu arbeiten, zum Forschen wäre ich sonst wohl nicht gekommen.
Neueste Kommentare