Weihachten mit der Familie

Weihnachten ist die Zeit der Weihnachtsfeiern. Hier in Japan ist das meistens etwas anders. Normalerweise feiert man sogenannte Jahresendpartys, welche im Prinzip genau wie unsere Weihnachtsfeiern verlaufen. Neben den Sprachschulen gibt es aber noch eine Ausnahme und das ist der Hippo Family Club. Zu dieser Gruppe von Familien, welche versuchen, Sprachen auf kindliche Weise zu lernen, wurden wir am 23.12. eingeladen, um an ihrer Weihnachtsfeier teilzunehmen. Die Einladung erhielten wir allerdings nicht von der Leiterin, sondern von der Mutter eines Mädchens, welchem wir bei der Vorbereitung eines Austauschjahres nach Deutschland geholfen hatten. Dies ist schon ungewöhnlich, da normalerweise die Leiterin einlädt.

Schon kurz nach der Ankunft erfuhren wir auch, dass irgend etwas ganz und gar nicht stimmt. Besagte Mutter wollte uns sprechen und die Leiterin uns am liebsten vor der Mutter auch. Nach einer Weile hatten wir den Grund herausgefunden: Anstelle einer Gastfamilie in Freiburg im Breisgau, hatte die Tochter eine neue Familie zugeteilt bekommen und diese lebt in einem 140-Einwohner-Dorf irgendwo zwischen Eisenach und Nordhausen. Das Stadtkind aus der Millionenstadt muss also in die Thüringer Pampa und die Mutter hatte erst zwei Monate nach ihrer Ankunft überhaupt davon gehört. Nun standen wir also zwischen den zwei Seiten. Auf der einen Seite die Mutter, welche von uns Details erfahren wollte und auf der anderen Seite die Leiterin, welche versuchte, mit uns zuerst zu sprechen, um uns klar zu machen, dass es doch gar keine Probleme gäbe.

Die gab es aber wirklich zur Genüge. Wie wir erfuhren, hatte die Japanerin etwas rebelliert, soweit man das von einer Japanerin behaupten kann. Sie war natürlich über die Lage etwas schockiert und Dorfbewohner im Osten sind wahrscheinlich auch nicht gerade die Zugänglichsten. Da sie nun nicht schnell genug Freunde fand und sie einen Kulturschock erlitt, erhielt die Mutter erst einmal einen Brief mit einer Verwarnung an die Tochter, welche bei einer weiteren Verwarnung im Januar zurück nach Japan geschickt werden soll. Unter Druck gesetzt, wie man nach so etwas ist, hatte die Tochter dann einen endgültigen Kulturschock, worauf hin die deutsche Betreuung erst einmal den kompletten Kontakt mit Japan verbot. Eine Sechzehnjährige darf also über Weihnachten nicht mit ihren Eltern sprechen und die Mutter darf auch nicht einmal nach Deutschland fliegen, um ihre Tochter während des Aufenthaltes zu besuchen. Auch die Internetnutzung, wie Facebook, wurde der Tochter erst einmal entzogen.

Ich bin kein Fachmann, aber mir gefallen die Regeln nicht und ich hätte in dem Alter garantiert rebelliert. Für die Japaner war aber klar, die Tochter bemüht sich nicht richtig. Wenn in Japan eine höhere Gewalt etwas sagt, dann muss die Meinung stimmen. Während ich also Versagen bei den Gasteltern feststellte, welche anscheinend nicht genug versuchen, auf eine Sechzehnjährige einzugehen, versuchte Japan zu erklären, dass sie zu wenig Mühe in die Assimilation der deutschen Kultur investiert. Man kann sich vorstellen, dass es ein langer Abend wurde. Die Mutter beruhigten wir, dass die Situation ganz klar nicht alleine von der Tochter verursacht wurde und fünf weitere Japaner, inklusive der Leiterin, welche als einzige Kontakt mit dem Mädchen hat, erklärten wir erst einmal überhaupt die Situation. Immer wieder mussten wir bildlich darstellen, worum es eigentlich geht und dass Jugendliche nun einmal keine Roboter sind. Das fünf Menschen mit eigenen Kindern nicht in der Lage sind, sich solche Gedanken von alleine zu machen, ist schon ziemlich traurig. Im Endeffekt schafften wir es, sie zu überzeugen und Verbesserungsvorschläge für die Tochter zu machen. Selber eingreifen, um den Gasteltern vielleicht einmal die Situation der Japanerin darzustellen, dürfen wir aber auch nicht, da solche Dinge ohne die Zustimmung der nächst höherer Stelle natürlich nicht gemacht werden dürfen. Japanischer Obrigkeitsglauben ist einfach genial. Trotzdem glaube ich, wir konnten etwas bewegen und ich hoffe wirklich, dass die Tochter wegen falscher Betreuung nicht den Aufenthalt abbricht, wie sie schon plant, denn es wäre zu schade, wenn sie einen falschen Eindruck von Deutschland zurückbehalten würde. Wir bleiben aber auf jeden Fall an der Sache dran!

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