Alltagsprobleme

Wie heißt es so schön: Jedes Land hat seine Eigenheiten und Probleme. Hier in Japan ist das natürlich genauso wie auch in anderen Ländern. Meinen Unmut über das Wetter habe ich ja schon geäußert, aber es gibt so einige Eigenheiten, welche in letzter Zeit besonders auffallen. Welcher Student kennt das Problem nicht: Es ist abends, die nächste Bank ist weit entfernt und man braucht noch dringend einige Lebensmittel, ohne die man vor wirklichen Problemen steht. Zu allem Überfluss ist Japan auch noch das Land, in dem die Bankautomaten Schließzeiten haben. Man kann ja schließlich nicht verantworten, dass der Kunde bei einem Defekt ohne Hilfe vor einem der Automaten steht. Eine Kartenzahlung ist hierzulande auch nicht immer möglich, so dass man ohne Bargeldbestände gerne mal alt aussieht. Vor ein paar Monaten war das alles noch kein Problem. Kurzerhand schaute man in die Geldbörse und entschied, für genau die noch vorhandenen 20 Euro etwas zu kaufen. Man musste beim Einkaufen dann nur noch die Preise im Kopf zusammenrechnen und schon reichte es für das Essen und man hatte bis zur Öffnung der Bank Zeit gewonnen.

Im April änderte sich dies schlagartig und dank des Besuchs meiner Eltern sogar noch relativ unbemerkt für mich. In Anbetracht der Wirtschaftsprobleme Japans wurde zu dieser Zeit die Mehrwertsteuer von fünf auf acht Prozent angehoben. Als ob nicht diese Teuerung schon schlimm genug ist, haben die örtlichen Supermärkte in diesem Zusammenhang auch noch eine neue Marktlücke entdeckt: Anstatt die Mehrwertsteuer wie zuvor auf den Etiketten zu vermerken, wird heutzutage ein kleines Kanji hinter dem Preis angebracht. Dieses weist darauf hin, dass man zusätzlich zum ausgezeichneten Preis auch noch Steuern bezahlen „darf“. Für jemanden, der dies nicht kennt, ist dies eine große Umstellung. Immer öfter beobachte ich lange Schlangen im örtlichen Supermarkt, weil Rentner oder Studenten auf einmal an der Kasse anfangen Geld zu suchen, da sie mit geringeren Beträgen gerechnet haben. Aber auch ich hatte mit dieser Umstellung schon meine Probleme, als ich vor kurzem mit begrenzten Barmitteln zum Shoppen in den örtlichen Importladen ging. Da nicht ersichtlich war, ob nun die acht Prozent extra zu sehen sind oder nicht, entschied ich, erst einmal etwas weniger zu kaufen. Nach dem ersten Einscannen verschwand ich dann noch einmal um die Ecke, um zusätzliche Sachen zu besorgen, die ich mir dann doch noch leisten konnte. Mittel, um ihre Kunden zu schröpfen, kennen sie auf jeden Fall in allen Ländern der Welt. Und ich trainiere endlich mal wieder meine Kopfrechenfähigkeiten. Wozu war ich schließlich an einem mathematischen Gymnasium?!

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