Nach dem gestrigen üppigen Okonomiyakimahl könnte ich über den heutigen Tag viel berichten, zum Beispiel über die Reise per Schiff nach Miyajima, der sogenannten Schreininsel. Sie ist berühmt durch ein im Meer stehendes Tor, welches eines, wenn nicht sogar das meist fotografierte Motiv von Japan darstellt. Miyajima liegt eine Stunde von Hiroshima entfernt und galt früher als so heilig, dass niemand die Insel betreten sollte. Um dies zu sichern, wurde ein Tempel und der dazugehörige Eingang in Form des Tors in das Wasser gestellt. Noch heute gilt die Regel, dass man nicht auf der Insel geboren werden und auch nicht sterben soll. Sollte es doch passieren, wird man auf jeden Fall auf dem Festland bestattet.
Ich könnte auch über die Muschelsucher am Tor berichten, welche am Wochenende bei Ebbe den Sand rund um das Tor nach lebenden Muscheln durchsuchen, um diese am Abend zu verspeisen, denn diese gelten dank der Nähe zum Tor auch als heilig. Zu guter Letzt bliebe noch der Besuch des örtlichen Berges zu erwähnen, welcher einen 2.5 km langen Aufstieg über Stock und Stein bedeutete – und das bei hohen Temperaturen. Mutig kämpften sich meine Eltern hoch und das trotz ihres fehlenden Trainings in einer ziemlich guten Zeit. Oben angekommen kann man das ewige Feuer besichtigen, welches auch die Flamme am Atombombendenkmal in Hiroshima entzündete und angeblich vor tausend Jahren entzündet wurde.
Wie man merkt, es gäbe eine Menge Dinge von dieser schönen Insel zu berichten, welche immer eine Reise wert ist. Aber wie könnte ich das tun, wenn sie doch von einem viel wichtigeren Ereignis überschattet wurden, dem Besuch eines Fußballspiels! Nach dem Besuch der Insel sollte es für uns in die Stadt zurück gehen und von dort direkt in die Außenbezirke in den Hiroshima Big Arch. Nach dem Unentschieden von Vegalta bei der Saisoneröffnung 2011 war diese Reise mein zweiter Besuch des Stadions, doch dieses Mal sollte alles anders sein. Ich saß dieses Mal auf der Seite von Hiroshima. Hiroshima ist seit meinem letzten Besuch zweimaliger japanischer Meister und auch ansonsten zu einer Fußballmacht in Japan geworden. Da wir am Vortag einen weiblichen Hiroshima-Ultra kennengelernt hatten, wurden wir nun eingeladen, das Spiel mit ihr zu schauen. Zum einen muss man Hiroshima loben. Das Stadion war gut gefüllt und die Fans trugen alle die lila Vereinsfarben. Es wurde aber auch klar ersichtlich, dass ein neues Stadion dringend notwendig ist. Das Big Arch ist ein riesiges Stadion mit Laufbahn und ohne Überdachung. Der trotz des Spielverlaufs fortwährende Support der Fans verblasste aufgrund der Bedingungen aber ziemlich, was schade war in Anbetracht der Unterstützung.
Das Spiel selber verlief dagegen nicht so gut für Hiroshima. Als Tabellenzweiter spielte man gegen die Kashima Autlers und fand zu keinem Zeitpunkt ein Mittel gegen diese. Fortlaufend waren die Abwehrspieler mehrere Schritte zu langsam und die Angriffe durch Läufe zur Grundlinie und anschießender Flanke verliefen gegen um einen Kopf größere Verteidiger im Sande. Im Endeffekt gab es deshalb für Hiroshima eine verdiente Niederlage, auch wenn unsere Begleitung uns versicherte, dass die Niederlage nur an dem Champions League Spiel zwei Tage zuvor lag. Trotz allem war es ein netter Abend. Unsere Bekanntschaft stellte uns ihrem Ehemann und ihren Freunden vor und als neutraler Betrachter kann man ja auch Niederlagen überstehen. Besonders beeindruckten uns aber die Fans. In den Reihen der wirklichen Ultras war der Kleinkinderanteil gigantisch. Wo in Magdeburg ein extra Familienblock existiert, sitzen hier die Ultras an ihren gewohnten Stellen und bringen ihren Kindern frühzeitig das Unterstützen bei. Zu vergleichen mit Fußball in Deutschland ist der Sport hier aber noch nicht.
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