Deutsche Effizienz

Ok, wie bin ich da schon wieder reingeraten? Hatte ich mir nicht vor 2 Jahren geschworen, nie wieder an einem Kochfest teilzunehmen? Damals mussten wir ungarisches Gulasch herstellen und die Küchenchefin war viel zu selten anwesend, so dass ich Anweisungen geben musste, was ich nicht unbedingt wollte. Irgendwie wurde ich aber mal wieder überzeugt. Es wäre doch ganz anders als früher. Bei Palatschinken (ungarischer Pfannkuchen) wäre die Herstellung viel einfacher. Außerdem ist man jetzt erfahren mit der Organisation, die Vorbereitung ist kürzer und sowieso, so viele Freunde helfen jetzt, so dass es doch ein Kinderspiel wird und ich eigentlich gar nichts machen muss. Tja, irgendwie waren es im Endeffekt die richtigen Argumente, denn ich erklärte mich bereit, zu helfen.

So entspannt, wie mir das am Anfang erklärt wurde, wurde es dann aber leider doch nicht. Im Rahmen von so einem Kochfestival sollen 140 Portionen garantiert werden, die man ausgeben kann. Ab 160 verkauften Portionen bekommt man dann einen Bonus. Weiterhin erhält man im Voraus Geld, um alle Zutaten einzukaufen und das Ausgegebene soll einen Wert von 2,50 bis 3 Euro haben. In Japan ist das eine geringe Summe, wenn man sieht, was man Andersorts dafür erhält. Leider sah meine „Gruppenleiterin“ dies etwas anders. In Ungarn bekommt man einen Pfannkuchen schließlich schon für einen Euro, also sollte man doch schon zwei anbieten. Zu allem Überfluss meldete sich auch noch ein Niederländer mit Pannekoeken zum Fest an und stellte uns damit vor direkte Konkurrenz. Jetzt war guter Rat teuer. Erst einmal wurde das Sortiment erweitert. Aus Ungarn wurde ein Käserezept mit Hüttenkäse angewendet und die deutsche Seite der Gruppe stiftete ein Apfelmusrezept bei. Dazu wurden verschiedene Aufstriche, Nüsse mit Schokolade und eine Zimt- und Zuckermischung gereicht. Das alles wollte natürlich vorbereit sein und so stand ich schon seit Tagen in der Küche und in den Supermärkten.  Hüttenkäse mag so eine schöne Zutat sein, wenn jeder Supermarkt aber nur so jeweils zwei 100g Packungen im Angebot hat, benötigt es eine Weile, um konkurrenzfähig zu werden. Immerhin bei den Äpfeln hatten wir Glück. Zwar kosten die meistens fast zwei Euro pro Stück, als vertrauenserweckender Deutscher, der die ortsansässigen Bauern besuchte, konnte ich aber jedes Mal günstige Geschäfte für uns machen.

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So stand der Samstag endlich vor der Tür. Ich brauche ja eigentlich gar nichts machen, denn schließlich kommen vier Leute zum Helfen. Wie immer waren es im Endeffekt natürlich nur zwei Leute. Gut, unsere Küche ist klein und ich hatte wichtige Geschäfte in der Uni und noch einige Einkäufe fürs Kochen zu erledigen, also ließ ich die anderen für eine Weile allein. Nach 2 Stunden kam ich wieder und wir hatten atemberaubende 35 Pfannkuchen fertig. Immerhin waren das genug für 17 Portionen. So konnte es nicht weitergehen, also wurde der Gasherd trotz der Gefahr des Anbrennens hochgejagt und zu zweit schafften wir auf einmal 50 Stück in einer Stunde. So konnte es vorangehen und nach einer Nacht- und Nebelaktion wurde ich bei 180 vorbereiteten Pfannkuchen abgewürgt. Das würde doch reichen, schließlich kämen morgen die zwei heute fehlenden Helfer und die wollten doch unbedingt auch welche herstellen und wären doch vom letzten Jahr Profis, wo Orsolya schon einmal Palatschinken verkauft hatte.
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Profis….. Na ja, so kann man es auch nennen. Freundschaft ist bei solchen Ständen natürlich sehr hilfreich, nur wenn keiner sich traut die Wahrheit anzusprechen, wird es ein Chaos. Genau das erlebten wir zum Beginn des wirklichen Kochens. Nicht nur regnete es in Strömen und der Wind gefährdete das Kochen, es fand sich noch nicht einmal jemand, der bereitwillig im Regen nach einem Windschutz suchen wollte. Also übernahm ich es und mit etwas Bestechung unseres Nachbarstandes mit Pfannkuchen, half dieser uns auch gleich bereitwillig beim Befestigen der Anlage. Das Aufwärmen der Pfannkuchen verlief sehr  gut. Zwar bin ich kein Freund vom Aufwärmen, bei den Menschenmassen nach dem Regen ließ sich diese Methode aber nicht ersetzen. Nur hatte niemand feste Aufgaben, so dass sich 3 Leute an drei Herdplatten verteilten und dabei unkoordiniert vorgingen. Wir kochten also uneffektiv und verbrannten uns gegenseitig an den heißen Pfannen. 4 Wunden an meiner Hand und meinem Arm zeugen von dieser Zeit.
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Nach zwei Stunden konnte es so nicht mehr weitergehen, denn auf einmal hatte der Regen aufgehört und wir hatten 20 Leute am Stand, drei Köche und nur eine Person, die die Pfannkuchen bestrich. Dabei  wurde auch immer schön für die Kunden der Pfannkuchen mit dicken Ladungen bestrichen. Unsere Käsevorräte wurden schon immer weniger und die vorbereiteten Pfannkuchen waren auch weg. Jetzt hatten wir ein Problem. Orsolya und ich berieten und frei nach Egon Olsen, wir hatten einen Plan. Sie koordinierte die Ausgabe, in der Masami, eine alte Freundin von mir, kurzerhand auch mithelfen musste, und ich übernahm die Kochstelle, wo Dave erst mal die Pfanne entzogen wurde. Zwar wollte dieser unbedingt kochen, aber dank seines IPhones in der linken und der Pfanne in der rechten Hand hatte ich schon zwei Wunden bekommen und effektiv war er auch nicht. Man kann halt nicht alles im Freundschaftlichen lösen, also gab es eine klare Ansage und er bekam eine neue Aufgabe. Kurzerhand funktionierten wir die Herdstelle um. Wir hatten drei unterschiedlich schnelle Herdplatten, wo die letzte zum Beispiel am langsamsten war. So  wurde der Pfannkuchen immer eins weiter gerückt und der  von der letzten Platte dann zum Nachfüllen gegeben. Mit diesem Mittel konnten wir minutlich einen Pfannkuchen fertigstellen und mussten vor der Zeit sogar noch einmal Vorräte im Supermarkt auffrischen, um weiter verkaufen zu können.

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Nach vier Stunden Arbeit hatten wir es dann endlich geschafft. Die Auszählung ergab 178 verkaufte Pfannkuchensets. Im letzten Jahr, als Orsolya schon einmal das Selbe bei gutem Wetter verkaufte, schaffte sie 90 Sets. Wir haben unser Soll also fast um 100 Prozent gesteigert und liegen damit auf Platz 2 der Gesamtverkäufe, dicht hinter einem Stand, der vorgefertigte Bentoboxen anbot. Ich kann jetzt auf jeden Fall erst mal keine Pfannkuchen mehr sehen.  Umso schlimmer, dass ein Veranstalter eines der Stadtfeste an uns herantrat und versuchte, die Köche der erfolgreichsten Stände für dieses Fest zu gewinnen. Wenn ich also Pech habe, stehe ich nächstes Jahr in Sendai auf dem Stadtfest und verkaufe Palatschinken. Am Abend waren wir aber alle gerädert und zuhause wurde noch abgewaschen und danach wurde jede Bewegung vermieden. Ich glaube, ich brauche jetzt erst mal Erholung vom Wochenende.

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