Ich gebe es offen zu: Seit ich in Japan lebe, bin ich unvorsichtiger geworden. Das ist auch nicht groß verwunderlich. Kriminalität in Japan ist relativ gering. Diese gibt es zum Beispiel kaum und die meisten verlorenen Gegenstände bekommt man auch gut erhalten zurück. Auch die Natur hat mich bis dato noch nie enttäuscht. So haben weder meine Reisen mit Dennis zu Vulkanseen und durch die Nationalparks Japans noch meine Wanderungen und Bergsteigeaktionen mit Melanie mich wirklich in Gefahr gebracht. Ok, in der Nachbetrachtung verkläre ich das Besteigen eines Dreitausenders mit Halbschuhen vermutlich, aber eigentlich ist für mich bisher die einzige Gefahr das Radfahren gewesen. Wobei böse Stimmen meiner Fahrweise die Schuld dafür geben, aber dem verweigere ich mich. Apropos Fahrradfahren: Dank einer netten Stiftung durch meinen Großvater werde ich mich demnächst mit einem richtigen Fahrrad ausstatten. Bis es aber soweit ist, muss ich erst einmal meine Finanzen durch mein Stipendium unterstützen, welches wohl in der zweiten Hälfte des Monats auf meinem Konto erscheinen soll. Danke auf jeden Fall noch einmal dem edlen Spender, ich werde das Geld gut anlegen!
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Solange ich dieses Rad noch nicht habe, muss ich mich mit einem von Orsolyas alten Rädern behelfen. Dieses erhielt schon vor einem Jahr von mir den Namen „Kamikaze“, da seine Bremsen alles machen, außer das, was sie sollen. Momentan ist es so, dass es während der Fahrt von sich aus bremst. Da ich aber nur die Wahl zwischen diesem Status oder gar keiner Bremse hatte, entschied ich mich für diese Konfiguration und komme deshalb etwas langsamer voran. Dementsprechend verlangsamt wird mein Fahren aber, weshalb ich mich bisher mit meinen berüchtigten Radtouren zurückhielt. Am Mittwoch ging es aber nicht mehr. Der Winter steht vor der Tür und diese Wohnung ist mehr als schlecht gedämmt. Zwar besitzen wir schon einen elektrischen Heizkörper, die Lösung für den Winter ist dieser aber leider noch nicht. Kurzerhand stieg ich auf mein Rad und machte eine Tour um die Stadt und besuchte die mir bekannten Gebrauchtwarenläden. Auf dem Weg durch Izumi geschah es dann: Ich radelte auf einem schmalen Fahrradweg, rechts von mir eine Schnellstraße und die Ausläufer der Stadt, links von mir Reisfelder und die freie Natur, als vor mir auf dem Weg ein „Ast“ lag. Nun hatte der Weg nur etwa ein Meter Breite und mein Rad ist trotz allem ein Mountainbike und dementsprechend hat es breite Räder. Kurzerhand entschied ich, über den Ast zu fahren. Je näher ich aber nun an ihn herankam, desto höher erschien er und im letzten Moment entschied ich glücklicherweise, doch auszuweichen. Das war die richtige Entscheidung, denn nur aufgrund dieses Schlenkers entging ich dem hochschnellenden Maul des „Astes“. Wie sich herausstellte, hatte ich gerade die erste Begegnung mit einer Schlange in freier Wildbahn gemacht und dazu war es auch noch eine beißende. Erwähnte ich, wie ich Schlangen hasse? Es handelte sich um ein rund ein Meter großes, 6 bis 7 Zentimeter breites, grüngeschecktes Tier. Als das Maul der Schlange auf mich zu schnellte, sah ich mich schon am Telefon und einem Arzt irgendwie erklärend, was gerade geschehen war. Zum Glück verfehlte sie aber mein Bein um einige Zentimeter. Es ist aber sehr beeindruckend, welche Geschwindigkeit die Viecher haben. Mein Bein hätte ich ohne Rad nicht rechtzeitig wegbekommen. Erste Forschungen bei Japanern ergaben immerhin, dass die Schlange zwar giftig war, aber nicht lebensbedrohend. Trotzdem werde ich ab jetzt wohl die japanische Natur besser vorbereitet betreten, auf derartige Begegnungen kann ich gut verzichten!
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