Ein Blick auf den Kalender lässt mich erstarren. Es ist wirklich schon November? Eindeutig, ich bin schon viel zu lange nicht mehr beim Fußball gewesen und die Saison hört auch bald auf. Eigentlich war nur eine letzte Frage zu beantworten: Darf ich überhaupt hingehen? Beim letzten Spiel, das wir besuchten, überlegte unser Kumpel „Mütze“ schon, ob es nicht eine Korrelation zwischen unserem Erscheinen beim Fußball und den Niederlagen von Vegalta gibt. Die letzten Spieltage zeigten aber eindeutig, dass dem nicht so ist und Vegalta auch gut ohne uns verlieren kann. So stellt sich drei Spieltage vor Schluss der Saison die Situation so dar, dass Vegalta zwei Plätze vor dem Abstiegsrang liegt und mit ganzen drei Punkten Vorsprung in die entscheidende Phase gehen muss. Zwar hat sich das Spiel der Mannschaft unter der Führung des neuen Trainers im Vergleich zum Beginn der Saison stark stabilisiert, trotzdem vermochte es die Mannschaft unter anderem dank mehrerer Last-Minute-Niederlagen und Unentschieden nicht, sich in das gesicherte Mittelfeld zu retten.
Im heutigen Spiel trafen wir auf Cerezo Osaka. Kagawas Ausbildungsverein ist als Favorit auf die Meisterschaft ins Rennen gegangen. Der Vierte der vergangen Saison hatte sein gutes Team noch einmal verstärkt. Unter anderem holte man Diego Forlan als neuen Superstar in die Liga. Selbst die J-League direkt beteiligte sich an diesem Transfer, der weltweit für Aufsehen sorgte. Kaum ein T-Shirt dürfte mehr verkauft worden sein, als das pinke Trikot mit der Nummer 10. Sogar Nicht-Fußballfans wie zum Beispiel Fumiyo, erzählen momentan andauernd von diesem Sport, da sie ja schon immer Fan von Forlan gewesen seien. Auch bei diesem Spiel zeigte sich der Personenkult. Selbst für japanische Verhältnisse war der Frauenanteil größer und manch ein Vegalta-Fan hatte ein Forlan-Trikot unter seinem gelben Vegalta-Trikot. Auch in unserer Gruppe gab es solche Kandidaten. Eines der Kinder musste das Spiel unbedingt sehen, weil ja Forlan dabei war und hatte deshalb auch zwei Trikots dabei. Um so ernüchterter war er, dass Forlan gar nicht dabei war. Sein Vater und ich wiesen ihn aber erst einmal darauf hin, dass man nicht so ins Stadion geht. Wo kommt man denn da hin, wenn man insgeheim den Gegner unterstützt?
Sei es drum, wie schon so manche Mannschaft feststellen musste, bringen alternde Stars nicht unbedingt den gewünschten Erfolg. Zwar schaffte es Forlan bisher immerhin auf 7 Tore, von einem Spieler mit seiner Reputation hatte man sich aber viel mehr erwartet. Auch der Rest der Mannschaft zeigte nur bedingt, was er konnte, so dass man sich zur Sommerpause auf dem 13. Tabellenplatz wiederfand. Obwohl mit Ranko Popovic ein in Japan sehr erfahrener Trainer zur Verfügung stand, entschied das Präsidium, diesen zu entlassen. Ersatzmann wurde Marco Pezzaiuoli. Der Deutsch-Italiener konnte dabei auf die Erfahrung von 18 Spielen als Trainer von Hoffenheim, 23 Spielen in Karlsruhe und Trier und dem Training mehrerer deutschen U-Nationalmannschaften zurückgreifen. Anstatt das Hauptproblem von Osaka zu lösen und die Abwehr zu verstärken, welche durch die Rückkehr von Kacar nach Hamburg noch verschlimmert wurde, lotste dieser erst einmal Cacau aus Stuttgart nach Osaka. Dies ist ein Stürmer, der so ziemlich gar nicht in die möglichen Spielsysteme der Mannschaft passen will. Zwar kommt er schon auf 5 Tore, darf sich aber trotzdem nur in Kurzeinsätzen beweisen. So war die Amtszeit von Pezzaiuoli nach drei Monaten auch schon zu Ende und der dritte Trainer, diesmal ein Japaner, darf versuchen, zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Mittlerweile steht Osaka auf Platz 17 und hat vier Punkte Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze.
Genug Brisanz war also auf jeden Fall vorhanden und so fing das Abstiegsduell auch an. Vegalta spielte einen sauberen Konterfußball im eigenen Stadion, während Osaka kein Mittel fand, um auch nur in Ansätzen gefährlich zu werden. Nach drei Minuten schaffte Vegalta auch direkt das 1 : 0, nur um in der 17. Minute auf 2 : 0 zu erhöhen. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis das dritte Tor fallen musste, nachdem Osaka sichtlich geschockt kaum eine brauchbare Szene in der ersten Halbzeit vorweisen konnte. Ihr einziger echter Torschuss führte dann unverdienterweise in der 38. Minute zum Anschlusstreffer, während Vegalta mehrere hundertprozentige Chancen vergab. Für die zweite Halbzeit hatte Osakas Coach aber offensichtlich die richtigen Worte gefunden. Osaka drückte und Vegalta spielte zu unsauber die entstehenden Konterchancen aus. In der 72. Minute passierte dann das, was passiert, wenn man seine Chancen nicht macht und Osaka schaffte den Ausgleich. Angespornt von den Fans auf beiden Seiten, bliesen die beiden Teams zum Angriff. Osaka wechselte dazu Cacau ein, der eigentlich erst einmal nur durchs Provozieren und mit dem Schiedsrichter Hadern herausstach. Auf der anderen Seite brachte Vegalta Lopes, welcher mit einem satten Fernschuss in der 88. Minute Vegalta nach vorne brachte. Jetzt musste es eigentlich entschieden sein. Leider erhielt in der 93. Minute Cacau den Ball und verwandelte unhaltbar, da die Abwehr ihn nicht genug deckte. Schon wieder Punkte in der Nachspielzeit verloren, dieses Problem trifft Vegalta viel zu häufig. Vegalta warf noch einmal alles nach vorn. In der 95. Minute gelang das Unfassbare und ein Standard wurde per Kopf verwandelt. Das Stadion lag sich in den Armen. Leider sah der Schiedsrichter es mal wieder anders und entschied auf Abseits. Das kann man ja vielleicht noch geben, aber schon alleine 5 Minuten nachspielen zu lassen, ohne eine richtige Spielunterbrechung im Spiel, finde ich schon ziemlich fragwürdig. Egal, immerhin hat man wieder einen Punkt mehr gegen den Abstieg! Trotzdem standen wir alle leicht unschlüssig für Minuten im Stadion und wussten nicht so recht, ob wir uns jetzt freuen sollten oder nicht. Zu sehr nagte die späte Entscheidung an uns. Immerhin haben Orsolya und ich aber Tickets fürs nächste Spiel und dann werden wir den Klassenerhalt sichern, dieses Mal auch mit drei Punkten!
Vegalta Fangesang 1
Vegalta Fangesang 2
Vegalta Fangesang 3
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