Jeder hat seine Hobbys. So wie die einen zum Fußball gehen, spielen andere zum Beispiel ein Instrument. Wieso sollte es in Urlauben anders sein? Nun ist es so, dass mein Vater eine Vorliebe für eine ganz besondere Tempelart hat. Die fünfstöckigen Pagoden sind seine Lieblingswerke, das sind Tempeltürme, deren fünf Stockwerke für die fünf Elemente stehen sollen. Natürlich ist es Ehrensache, dass wir Vaters Hobby unterstützen und so ging es heute zum Johgi Nyorai Saihoji. Nicht nur der Name hört sich kompliziert an. Zur Anreise hieß es über eine Stunde mit dem Bus durch die Bergwelt um Sendai zu fahren, nur um im tiefsten Schnee einen Tempel in der Abgeschiedenheit aufzusuchen.
Die Fahrt sollte sich aber lohnen. Johgi wurde vor Jahrhunderten von einem japanischen Clan gegründet, welcher ein buddhistisches Bild zur Verwahrung hatte und die Abgeschiedenheit in den Sendaier Bergen wählte, um dieses zu schützen. Die Tempelanlage ist in einem sehr guten Zustand und der Schnee tauchte die Anlage in ein malerisches Weiß. Besonders angetan hatte mir das kleine Museum. Der Eintritt war frei und die Aussteller vermochten es, den Aufenthalt kurzweilig und interessant zu geschalten, so dass jedem im Anschluss an den Besuch die Bedeutung des Tempels klar sein musste. Besonders gefiel mir eine 3-D-Projektion, bei der zwei Schauspieler in ein Modell projiziert wurden und die Sage des Tempels auf erfrischende Art vorstellten. Eigentlich ist es schade, dass deutsche Museen sich bis heute mit solchen Dingen noch so schwer tun.
Im Anschluss an die Tempelreise galt es, erst einmal aufzuwärmen und wie könnte man das besser, als mit einem heißen Tee und sehr leckerem Onigiri. Hier zeigte sich, wie selten Ausländer in dieser Region sein müssen. Während wir auf Japanisch gerade am Bestellen waren, fing ein Gast auf einmal auf Englisch an, uns unbedingt helfen zu wollen. Obwohl dies nicht nötig war, nahmen wir die Hilfe der Frau dankend kurz in Anspruch, wir wollten ja nicht unhöflich sein. So gestärkt ging es dann zurück nach Sendai. Was macht man nun mit den angebrochenen Tag? In Japan ist es so, dass die Sonne leider schon um 16.30 Uhr untergeht, was viele Erkundungsmöglichkeiten ausschließt. Kurzentschlossen griffen wir also zur U-Bahn-Karte und zeigten meinem Vater noch eine Pagode, welche über einen örtlichen Friedhof wacht. Es ist schon witzig, während in Sendai an jeder Ecke nutzlos Licht brennt, wird hier eine zentral gelegene Pagode nicht beleuchtet. Trotzdem konnte mein Vater anständige Bilder machen.
Den Abschluss des Abends bildete der Verzehr von gutem japanischen Fleisch. In dem gewählten Restaurant sind Orsolya und ich schon so etwas wie Stammgäste, was insofern witzig ist, weil ich Vegetarier bin. Das Essen war aber laut der Aussage meiner Eltern sehr gut. Es gab verschiedene Fleischsorten und als es an das besonders gute Sendaier Fleisch ging, trauten die Japaner es uns nicht mehr zu, selber grillen zu können. Kurzerhand stand der Chef des Ladens vor unserem Tisch und beobachtete jeden Schritt von uns. Wir mussten das Fleisch die ganze Zeit ständig auf dem Grill wenden, bis es fertig war. Im Endeffekt mussten wir für diesen Hinweis aber dankbar sein, denn dieses Fleisch war laut Aussage der Fleischesser wohl so zart und perfekt, dass sie am liebsten noch mehr davon gehabt hätten. So gestärkt ließen wir den Abend ausklingen. Wobei, das Restaurant zu verlassen war nicht so einfach. Beim ersten Versuch wurden wir mit kostenloser Ananas aufgehalten und beim zweiten mit Eis auf Kosten des Hauses.
Man mag uns halt.
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