Vor einigen Tagen musste ich wegen unsäglichen Zahnschmerzen in die Notfallaufnahme des Krankenhauses. Im Endeffekt konnte sich die Schmerzen aber niemand erklären und sie gingen dann auch von alleine wieder weg. Deshalb hatte ich für die nächste Zeit eigentlich erst einmal genug von Krankenhäusern. Der plötzliche Anruf von meiner alten Konversationspartnerin Mayumi ließ meine Entscheidung aber kurzfristig wanken. Die Arme wurde für mehrere Monate ins Krankenhaus eingewiesen, da es Komplikationen bei der Geburt ihrer Zwillinge geben könnte. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen und sofort machte ich mich zusammen mit Orsolya auf den Weg in das drei Orte entfernt liegende Kinderkrankenhaus von Miyagi, in dem sie sich langweilen musste.
Dieses Krankenhaus war so anders als alles, was ich bis dato von Krankenhäusern erwartet habe. So schafften wir es zum Beispiel in mehreren Stunden Aufenthalt in einem Kinderkrankenhaus, in dem wir auch in der Lobby Zeit verbrachten, genau ein Kind zu sehen. Noch viel überraschender waren aber die Zugangsvoraussetzungen. Einfach mal kurz einen Überraschungsbesuch im Krankenhaus ableisten? Nein, so etwas wäre ja verrückt! Am Eingang des Krankenhauses wurden wir abgefangen und mussten alle möglichen Formulare ausfüllen, damit wir Zugang bekommen. Dann erhielten wir einen Besucherausweis, mit dem wir uns aber praktisch nirgends bewegen konnten, ohne dass Mayumi dabei war. Alle Türen zum Besucherzentrum öffneten sich nur unter der Voraussetzung, dass Mayumi ihre Krankennummer nannte. Wir fühlten uns wie in einem Gefängnis. Wie das laufen soll, wenn Mayumi später ans Bett gefesselt ist, will ich mir gar nicht vorstellen.
Im Großen und Ganzen geht es Mayumi zu unserer Freude aber gut. Das Gespräch mit ihr ergab aber interessante Einblicke in die Psysche der Japaner. Während andere werdende Eltern sich wohl erst einmal Gedanken über den Namen der Kinder, das Kinderzimmer und eventuell auch schon über die Betreuung der Kleinen in der Zukunft machen, wird hier in Japan schon gerechnet, wie man das Geld für das Studium der Kinder zusammenbekommt und ob man ihnen ein Auslandssemester ermöglichen kann. Der Punkt, dass sich die Kinder eventuell ganz anders entwickeln und gar kein Interesse für die Uni haben könnten, kommt gar nicht in Betracht. Im Prinzip hat Mayumi genauso wie viele andere japanische Eltern die ich kenne, schon den Lebensplan der noch nicht mal geborenen Zwillinge im Kopf. Ich bin auf jeden Fall schon gespannt, was im Endeffekt dabei herauskommt und habe versprochen, dass ich dann dabei helfe, die Kinder mit ins Fußballstadion zu nehmen. Als cooler Onkel sollte ich mich ganz gut machen. Trotz der Prozedur am Eingang, werden wir Mayumi von jetzt an auf jeden Fall regelmäßig besuchen, damit sie sich nicht zu sehr langweilt.
Ach und wenn ich gerade bei Krankenbesuchen bin: Auf diesem Weg auch noch einmal gute Besserung und eine schnelle Genesung an meine Großmutter in Deutschland, die im Moment auch ans Bett gefesselt ist!
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