Wer kennt es nicht? Man geht in den Laden, um einen neuen Handyvertrag zu machen und man muss alle seine Unterlagen vorlegen: Kontodaten, Ausweis, Krankenversicherung…. Halt! Krankenversicherung? Diese Frage haben jetzt bestimmt einige Leser im Kopf, aber es stimmt. Hier in Japan benötigt man seine Krankenversicherung, um einen Vertrag abzuschließen. Vermutlich betrifft dieser Fall nur Ausländer, aber trotzdem ist man ohne aufgeschmissen. Wieso das so ist, haben wir leider bis heute nicht so wirklich erfahren können. Meine Vermutung geht aber dahin, dass eine Krankenversicherung der endgültige Beweis ist, dass man wirklich unter seiner Adresse wohnt. Die Alienkarte bekommt man immerhin schon am Flughafen und man kann damit machen, was man will. Aber für die Krankenversicherung muss man sich an einem festen Wohnsitz bei der Stadt anmelden. Für mich, der eine deutsche Auslandskrankenversicherung besitzt und kurz davor war, hier gar keine Versicherung abzuschließen, ist das Vorzeigen der selbigen deshalb immer wieder eine Überraschung.
Wofür benötige ich aber jetzt gerade die Karte? Die Bankkonten habe ich doch schon eröffnet, was könnte ich jetzt noch benötigen? Die Antwort ist einfach: Ich brauche ein neues Handy. Seit meiner Ankunft laufe ich mit meinem alten, kaum noch lesbaren Handy von 2010 herum und habe dafür eine Prepaidkarte. Die Zeiten haben sich aber geändert und ein Smartphone kann ziemlich hilfreich sein. Man verläuft sich seltener, ist immer erreichbar und das Wörterbuch ist auch gleich eingebaut. Außerdem, so teuer kann das doch gar nicht sein…. Doch, kann es, ich bin schließlich in Japan! Die Entscheidung für ein Smartphone fiel für mich ziemlich schnell, und dass es ein Android werden soll, war mir eigentlich auch von Anfang an klar. Zwar ist das iPhone wie in Europa auch hier ein Statussymbol und unglaublich beliebt, aber ich konnte mich nie damit anfreunden. Um mal meinen alten Betreuer Kawamura zu zitieren: „Was gefällt ihnen nicht am iPhone? – Alles!“. Ich würde es zwar nicht so extrem ausdrücken, mit Android komme ich aber besser zurecht. Nach langer Suche entschied ich mich dann auch für zwei Modelle. Die meisten Android Telefone hier besitzen ein fieses Branding, welches dem Telefon alle Funktionen nimmt, die es für mich so besonders interessant machen. Zum Glück fand ich aber zwei Telefone der letzten Generation, die meinen Ansprüchen genügten und dazu auch noch billig (1 Yen à 0.5 Cent oder so) waren. Leider hatte aber in der letzten Woche niemand Zeit für mich und so einen Vertrag schließe ich dann doch nicht alleine ab. Also wurde am Sonntag Orsolya bekniet, mit mir auf Handysuche zu gehen. Aufgrund des schlechten Wetters entschieden wir, in Richtung eines abseits gelegenen Shoppingviertels mi t dem Bus zu fahren. Die Handyläden hierzulande sind alle direkt unter der Kontrolle der Netzbetreiber und selbst in einem großen Elektronikladen haben sich die Betreiber nur eingemietet und betreiben dort ihren eigenen Laden. In diesem Viertel befand sich nun ebenfalls ein großer Elektronikladen und der sollte auch Handys haben. Mit dieser Einschätzung hatten wir zwar recht, aber wirklich freundlich waren die Leute dort nicht. Zwei Ausländer, noch dazu an einem Sonntagabend, die kann man doch nur abspeisen. Also das Handy gibt es nur noch bei einem Händler in Sendai und meinen Vertrag, den ich möchte, gibt es sowieso nicht mehr. Man könne mir aber das Handy zu dem Laden, in dem wir jetzt waren, schicken lassen und dann kann ich einen anderen Vertrag abschließen. Zu allem Überfluss wäre ich angeblich mit meinem Visum auch nicht in der Lage, einen Vertrag abzuschließen. Das müsse schon über zwei Jahre sein und nicht genau zwei Jahre, aber ich könne natürlich den ganzen Vertrag mit meiner Visakarte aus Deutschland bezahlen, dann wäre es eventuell doch noch möglich. Die ganze Art der Mitarbeiter regte mich auf jeden Fall richtig auf und wäre ich besser in der Lage, meiner Stimmung auf Japanisch Luft zu machen, hätte ich den Laden wohl unter dem Hinweis verlassen, dass ich sie nicht zwinge, mit mir einen Vertrag zu machen und ich mir einen anderen Anbieter suche. Orsolya beruhigte mich aber und wir entschieden, erst einmal das Handy zu dem Laden liefern zu lassen und dann den Vertrag eventuell zu machen.
Zu meinem großen Glück hatten wir aber am Montag auf einmal doch spontan Zeit und entschieden uns zu einem Treffen in der Innenstadt von Sendai. Dort ging es zum Shoppen zu Labi, einem anderen Elektronikgroßhandel und siehe da, der Laden hatte doch wirklich mein gewünschtes Handy. Auch das Abschließen eines Vertrages lief einfacher. Den Vertrag erhielt ich natürlich und wozu solle man denn meine Kreditkarte nutzen? Natürlich beeilte ich mich, einen Vertrag abzuschließen und eine Stunde später hatte ich mein Gerät in der Hand. Nur eine Sache störte mich: Ich bin ja ein Freund von Technologie, aber ich finde, einen Vertrag komplett auf einem iPad aufzusetzen, inklusive Unterschriften, geht dann doch etwas zu weit. Die Dokumente wurden mit dem iPad fotografiert und die Unterschrift wurde mit einem Smartphonestift direkt in den elektronischen Vertrag gesetzt. Aber vermutlich ist das eh die Zukunft, ich werde mich wohl daran gewöhnen müssen. Auf jeden Fall müssen wir jetzt irgendwie dem ersten Laden erklären, dass wir sein Handy nicht mehr wollen. Aber bei der Freundlichkeit haben sie es auch nicht anders verdient! Am besten gefiel mir aber im Anschluss die Zufriedenheitsumfrage. Es wurde nicht etwa gefragt, wie ich mit dem Provider zufrieden bin, sondern ob ich beim Betreten des Geschäftes begrüßt wurde, die Haare des Angestellten ordentlich lagen und ob er auch genug gelächelt hat. Hier in Japan wird so etwas halt noch großgeschrieben. Da können sich einige Angestellte in den Shops in Deutschland, die sich gelangweilt am Tisch herumflätzen, noch ein paar Scheiben von abschneiden.
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