Vegalta vs. Tokyo

Zurück in Japan und besonders in Sendai gibt es eine Sache, welche ich sofort angehen musste. 2015 05 06 Vegalta5Vegalta hat seit meiner Rückkehr nach Deutschland in der Liga nicht mehr gut ausgesehen. Spielte man im März noch erfolgreich mit und erlitt keine Niederlage, so ist der Verein mittlerweile seit 4 Spielen ohne Punkte. Vielleicht hilft ja meine Anwesenheit! Deshalb ging es direkt am Tag nach meiner Ankunft in den Fanshop, um ein Trikot zu besorgen. Das ist gar keine billige Sache, wenn man deutsche Preise dagegen sieht. Aber wer kann schon sagen, wann ich das nächste Mal eine Chance auf ein Vegalta-Trikot habe. Zudem ist das neue Trikot von Adidas und damit doch wirklich in vernünftigen Größen zu kaufen. Im Endeffekt stand ich nur vor dem üblichen Problem: Welcher Spieler soll es denn sein? Vegaltas beste Spieler sind Ausländer oder Söldner, welche nach wenigen Spielzeiten wieder weg sein könnten. Der „Japaner“ im Team, welcher lange im Team ist und sich ziemlich gut verkauft, ist wiederum die Nummer 10. Er ist aber leider gleichzeitig koreanischer Abstammung und2015 05 06 Vegalta4 fiel damit aus meiner Sicht für mein japanisches Trikot heraus. So stand ich also mit Orsolya im Laden und guter Rat war teuer. Nach langem hin und her entschied ich mich für den Spielführer des Teams, Shingo Tomita. Er ist mein Alter, nur einen Monat älter, und seit 2005 im Team. Als defensiver Mittelfeldmann ist er aber bei den Fans weniger beliebt, als es ein offensiver Spieler von Natur aus ist. Jetzt ging alles sehr schnell. In fünf Minuten hatte ich ein neues Trikot mit Beflockung vor mir liegen und einen Japaner vor mir, der mir mit einer Lupe zeigte, dass diese auch wirklich fehlerlos war. Das ist kein Vergleich zu Magdeburg, wo ich mir als Käufer des sündhaft überteuerten Jubiläumstrikots des Clubs vorkam, als ob ich eine lästige Behinderung des Ablaufs im leeren Laden darstellen würde. Hier gibt es wirklichen Kundenservice und mein Trikot wurde in einer extra Sporttasche auch noch an den Ausgang des Ladens getragen, wo es mir feierlich mit einer tiefen Verbeugung übergeben wurde. Jetzt musste es nur noch Glück bringen!

Passenderweise ist Golden Week, die jährliche Urlaubswoche der Japaner, 2015 05 06 Vegalta3und ich konnte mich gleich am nächsten Tag aufmachen, um das Trikot in Aktion zu erleben. Vegalta spielte gegen einen der Geheimtipps des Jahres, den FC Tokyo. Tokyo ist zwar vom Papier her nicht so stark einzuschätzen, wie es Favoriten wie Urawa oder Gamba Osaka sind. Das Team hat aber einen starken Kader, mannschaftliche Geschlossenheit und mit Muto einen überragenden Stürmer, welcher von halb Europa gejagt wird und den angeblich Mainz für sich 2015 05 06 Vegalta2gesichert haben soll. Vegalta dagegen hofft auf Wilson, welcher langsam wieder an seine Normalform heranzukommen scheint. Vor dem Spiel trafen wir aber erst einmal den bekannten Twitterkommentator Yosuke, welcher als einziger in englischer Sprache über Vegalta und auch über die sonst unterrepräsentierten J-League-Vereine berichtet. Der Kontakt ist vor einer Weile über meinen Vater entstanden. Wir tauschten kurz Fanartikel aus. Man muss schließlich die Bekanntheit des 1. FC Magdeburg über die Landesgrenzen hinaus verbreiten! Yosuke ist ein sehr sympathischer Zeitgenosse, wenn er auch wohl etwas stark vom Fußball besessen ist. Das Spiel betrachteten wir aber lieber mit unseren Freunden, welche sich schon sammelten, um meine Trikotauswahl ausgiebig zu kommentieren.

Das Spiel selber verlief weniger angenehm. Zwar gelang es Vegalta, einen Elfer herauszuholen, Wilson 2015 05 06 Vegalta1vergab diesen aber leider. Im Gegenzug nutzte Tokyo seine erste wirkliche Möglichkeit für einen Torschuss aus, um in Führung zu gehen. Insgesamt ist festzuhalten, dass von Vegaltas taktischem Konzept der ersten Spiele nur noch wenig zu sehen ist. Man läuft viel, versucht aber, den Ball ins Tor zu tragen. Defensiv steht man hingegen, bis auf das 0:1, ziemlich gut. Bei diesem wurde die Bewachung des Torschützen vergessen. Die zweite Halbzeit dagegen wurde kurios. Während wir noch Hoffnungen auf ein Comeback von Vegalta hatten, pfiff der Schiedsrichter einen Elfer für Tokyo. Bis jetzt, auch nach Ansicht der Fernsehbilder, bin ich mir nicht sicher, was er eigentlich gepfiffen hat. Fünf Minuten später kam noch ein Ausrutscher eines Sendaier Verteidigers hinzu, welcher Muto blank vorm Tor stehen ließ und Tokyo war 3:0 vorne. 3:0 in der 54. Minute, ist solch ein Spiel entschieden? Nicht in der J-League! In der 88. Spielminute wachte Vegalta endlich auf und machte, was ich schon das ganze Spiel angemahnt hatte. Man schoss einfach mal aufs Tor und der Ball von Ishikawa ging unhaltbar ins gegnerische Tor. Beflügelt durch das Tor warf Vegalta noch einmal alles nach vorne und schon beim nächsten Angriff hielt Lopes einfach mal drauf und verkürzte auf 2:3 in der 90. Minute. Dank verschiedener Unterbrechungen sollte noch fünf Minuten nachgespielt werden und keinen im Stadion hielt es auf seinem Platz. Ein unendlicher Sturm von anpeitschenden „VE GAL TA Sendai“- Rufen gingen durch das Stadion und die Spieler warfen noch einmal ihre letzte Kraft in die Waagschale. Tokyo hingegen ging über in die stärkste Form des Zeitspiels, welche ich in den letzten Jahren gesehen habe und der Schiedsrichter unterstützte sie dabei mit zweifelhaften Pfiffen. So wurde es leider nichts mit der Wiederauferstehung des Phönix und das Spiel endete mit einer im Endeffekt noch sehr bitteren Niederlage. Nichtsdestotrotz macht diese Niederlage Hoffnung, zeigten doch die letzten Minuten, dass mit Vegalta immer zu rechnen ist und die Spieler anscheinend auch ihr Problem vor dem Tor so langsam verstehen und lösen. Hoffen wir, dass Vegalta es seinem Wappentier wirklich gleich macht und bald wie der Phönix aus der Asche, beziehungsweise aus den unteren Tabellenregionen, hervorbricht! Das Trikot hat zwar nicht dabei geholfen, eine Chance habe ich aber ja noch.

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