Mai 2015 Archiv

Das Meer ruft

2015 05 17 Hachinohe3Hachinohe, was gibt es da eigentlich? Das ist eine sehr berechtigte Frage. Der normale Deutsche hat noch nicht unbedingt von diesem Ort gehört und während meiner 2 Reisen in diesem Ort habe ich bisher genau einen Ausländer getroffen. Eigentlich ist das verwunderlich, denn die Küste von Hachinohe ist doch als eine der schönsten Japans einzuordnen. Da das Wetter in Hachinohe dem regnerischen Wetter in Sendai um Längen überlegen war, ging es aus diesem Grund genau dort hin. Nur ein paar Kilometer sind zur Küste zurückzulegen. Wo soll es da schon groß Probleme geben? Tja, interessanterweise ist Orsolya kein Dennis und beschwerte sich über unseren kleinen Spaziergang. Nichtsdestotrotz fanden wir den Weg und landeten beim Möwentempel.

Der Möwentempel ist ein Ort, den man einfach erlebt haben muss, um es zu glauben. Errichtet wurde er auf einem Felsen im Meer. Er ist ganz den Seemöwen gewidmet und diese haben das Angebot dankend angenommen. Schon von Weitem sieht man die schwarzen Wolken und schon hundert Meter vor dem Ziel wird man vom lautem Gekrächze der Möwen begrüßt. Der Tempel selber ist auf jeden Fall einen Besuch wert, da man aufgrund seiner Lage auf einem Felsen einen schönen Ausblick auf das Meer hat. Sein Gimmick ist aber gleichzeitig das größte Problem. Egal, wo man hintritt, überall besteht die Gefahr, auf eine Möwe zu treten und damit vielleicht eine Attacke zu riskieren, welche wohl Hitchcock zu

   2015 05 17 Hachinohe4        2015 05 17 Hachinohe6        2015 05 17 Hachinohe5       2015 05 17 Hachinohe9seinem Klassiker „Die Vögel“ inspiriert haben könnte. Und wirklich, sie sitzen überall: zwischen den Treppenstufen zum Brüten, auf der Treppe, im Tempel und auf Statuen. Zu den unzähligen Möwen auf dem Boden kommt dann noch einmal die gleiche Menge in der Luft, den Wind zum Gleiten nutzend. Wie ein Wunder war es aber unser glücklicher Tag. Zum einen erwarb ich einen Glücksbringer zum Fußballerfolg, der erste, der mir in Japan so direkt über den Weg gelaufen ist und zum anderen schafften wir es in trockenen Sachen wieder heraus. Das ist keine selbstverständliche Sache, wie uns später Einheimische berichteten. Demnach sind drei bis vier Treffer in Form von Vogelkot normal. Wir hatten also wirklich Glück.

 

Im Anschluss an den Tempel ruhten wir uns erst einmal am örtlichen Strand aus. Obwohl ich hier vor fünf Jahren schon mal gebadet habe, reichte es bei sommerlichen zwanzig Grad dann diesmal nur für die Füße, da das Meerwasser doch noch recht kühl war. Zu meiner Freude trafen wir aber einen alten Bekannten. Es war ein japanischer Rentner, welcher wohl täglich an die Strände von Hachinohe fährt und dort ein Tanzprogramm zur Fitness absolviert. Vor fünf Jahren trafen wir ihn schon an 2 verschiedenen Stränden und er ist immer noch fit genug dafür. Fit genug sind aber auch wir und so ging es die 20 Kilometer bis zum nächsten Strand entlang des Meeres zuerst per Fuß weiter. Eigentlich war geplant, bei Ermüdungserscheinungen mit dem Bus weiterzufahren, nur leider verpassten wir diesen, so dass ich 10 Kilometer vor dem Ziel einer meuternden Ungarin gegenüberstand. So etwas wäre mir mit Dennis nie passiert…..!

2015 05 17 Hachinohe1 2015 05 17 Hachinohe2

Ein Brite (übrigens der einzige Ausländer, welchen ich bisher in Hachinohe gesehen habe) fuhr gerade in diesem Moment mit dem Auto an uns vorbei. Erhielt an und fragte, ob er uns mitnehmen kann. So schafften wir es doch noch relativ entspannt zum Strand, welcher schon für eine Vielzahl von japanischen TV-Serien für Filmaufnahmen herhalten musste. Dort probierten wir gleich noch einmal das Wasser, es wurde aber irgendwie nicht wärmer. So spazierten wir noch 1 1/2 Stunden auf einem Weg am Meer entlang, welcher uns von dem Briten empfohlen wurde. Das war eine wirklich schöne Strecke, welche neben dem Strand auch noch einige schöne Kliffe zu bieten hatte. Nach ca. 25 km Laufstrecke erreichten wir dann doch den Zug, um zurück nach Hachinohe zu fahren.

2015 05 17 Hachinohe7In Hachinohe fanden wir dann wieder ein tolles Lokal mit Platz für sechs Leute. Zuerst erschien es uns, als ob wir falsch gewählt hätten. Das Essen war zwar genial, aber der Besitzer erschien uns sehr verschlossen und grimmig. Nachdem wir aber mit einem Paar aus Hachinohe ins Gespräch kamen, weichte auch unser Koch auf. Er berichtete, wie er auch kurz in Hamburg als Koch ausgebildet wurde und wie das Leben mit einem solchen Minirestaurant funktioniert. Das Paar dagegen kommt noch diesen Monat als Teil einer Bigband zu einem Jazzfestival nach Sendai, wo wir uns eventuell noch einmal treffen 2015 05 17 Hachinohe8wollen. Dazu tauschten wir unsere Telefonnummern und E-Mail-Adressen austauschten. Die Menschen in Hachinohe sind auf jedem Fall ziemlich freundlich und ich werde dieses japanische Kleinod schon irgendwie vermissen. Wobei, alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei! Das Problem dürfte dabei wohl nur Orsolya sein, der es zwar auch sehr gefallen hat, die mir aber aus unerfindlichen Gründen nicht mehr glaubt, wenn ich von kurzen Spaziergängen spreche. Am nächsten Morgen ging es dann zurück nach Sendai, wo noch genug Forschungen auf mich warten. Der kleine Abstecher hat mir aber sehr gut getan, um die Batterien wieder aufzuladen und ich bereue ihn wahrlich nicht.

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Hachinohe ruft

Die ganze Nacht über schüttete es in Sendai. Nachdem diese Woche schon ein Ausläufer eines Taifuns Sendai 2015 05 16 Hachinohe3traf, hat uns jetzt auch noch so eine Regenfront getroffen und das auch noch passend zum größten Stadtfest, dem Abo-Festival. Aber, was sage ich? Solche Kleinigkeiten können mich gar nicht treffen, denn für mich geht es ab in eine andere Stadt: Vor 5 Jahren sind Dennis und ich zufällig in einem Ort gelandet, den ich vorher noch nie auf der Karte hatte. Hachinohe, am nordöstlichen Teil der Hauptinsel gelegen, ist ein relativ kleiner, beschaulicher Ort ohne viele ausländische Touristen und mit vielen malerischen Küstenstreifen. Aufgrund des Mangels an Ausländern in der Stadt entschieden Dennis und ich schon vor fünf Jahren, dass Hachinohe unser geheimes Versteck wird, hier findet uns niemand. In Anbetracht der Tatsache, dass es in wenigen Wochen wieder zurück nach Deutschland gehen soll, war es natürlich keine Frage, dass ich einmal nachschaue, wie es um meinen „Geheimort“ so bestellt ist. Aus diesem Grund ging es am frühen Nachmittag mit dem Zug und Orsolya im Anhang hinauf in den Norden.

Schon unsere Ankunft zeigte uns, dass meine Erinnerungen mich nicht getäuscht haben. Hachinohe macht es den Touristen nicht leicht, es auf den ersten Blick zu mögen. Nach dem modernen Shinkansenbahnhof sieht man sich gezwungen, mit einer Regionalbahn in einen ziemlich verkommenen Kleinbahnhof zu fahren, um von dort den nicht ausgeschilderten Weg in die Innenstadt zu suchen. Auf dem Weg dorthin kommt man an geschlossenen Geschäften und heruntergekommenen Häusern vorbei, so dass man sich schon langsam die Frage stellen kann, wo man denn nun gelandet ist. Erst ab der Innenstadt verbessert sich die Lage. Sie ist zwar auch nicht umwerfend und ein Tokyo oder Sendai braucht man nicht erwarten, aber immerhin füllt sich der Stadtteil mit Leben und es gibt sogar unvernagelte Geschäfte. Trotz fünf Jahren kam auch meine Erinnerung schnell wieder und es wurde kein Problem, unser Hotel zu finden, in dem wir schon erwartet wurden. Wie es aussah, spekulierte man schon, wieso auf einmal Ausländer kommen und der Portier war sichtlich bemüht, sein Schulenglisch aufzupolieren. Auch ansonsten sahen wir den ganzen Tag keine Ausländer, was mich aber überhaupt nicht störte. In Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde galt es für uns, etwas Essbares aufzutreiben. Das Meer, der eigentliche Höhepunkt der Stadt, können wir immer noch morgen besuchen.

2015 05 16 Hachinohe2Für das leibliche Wohl wird in Hachinohe in einer Essensmeile gesorgt. In kleinsten Läden mit 6 bis 8 Sitzplätzen servieren Japaner aller Altersgruppen eine reichhaltige Auswahl von Speisen. Als Hafenstadt bestimmt dabei besonders der Fisch die Speisekarten, aber auch Nudeln und Oden sind vielerorts zu finden. Es ist gar keine leichte Entscheidung, bei all den Ständen den richtigen Stand zu finden. Unsere Entscheidung fiel im Endeffekt auf einen kleinen Eckladen, in dem schon drei ältere2015 05 16 Hachinohe1 Herrschaften zusammen mit einer gleichaltrigen Besitzerin saßen. Man konnte richtig deren Erbleichen bemerken, als wir den Laden betraten. Ihre Karte war doch nur auf Japanisch und Englisch kann sie doch erst recht nicht. Erst als wir auf Japanisch loslegten, atmete sie lautstark auf und war erleichtert. Die drei Männer waren dagegen von vornherein Feuer und Flamme. Sie stellten sich als Schulfreunde vor, die heute als Rentner regelmäßig auf „Angeltrips“ gehen. Jedenfalls erzählen sie das ihren Frauen und wenn sie dann manchmal noch einen Fisch fangen, dann glauben diese Ihnen das auch. Ausländer, so etwas trifft man ja selten und so wurde aus unserem kurzen Abendbrot ein zweistündiger Aufenthalt, bei dem wir die drei durch Sake gut angeheiterten Herrschaften unterhielten. Leider war es schwer, alles zu verstehen, aber im Unterricht wurde leider nie betrunkenes Japanisch unterrichtet, eigentlich eine Marktlücke. Aber neben dem Spaß erhielten wir auch immer wieder Essen von ihnen serviert, da sie der Überzeugung waren, wir müssen 2015 05 16 Hachinohe4doch traditionelles japanisches Essen kennenlernen. Zu unserer Rettung erschienen dann nach der ersten Stunde noch zwei Freunde, welche immerhin eine Betrunkenjapanisch – Japanisch – Übersetzung für uns vornahmen. Da unsere Umeshu (das ist ein japanischer Likör aus der Ume-Aprikose) sich zu diesem Zeitpunkt dem Ende näherte, versorgten sie uns auch gleich noch mit ihren Sakevorräten, welche man in diesem Laden auf den eigenen Namen lagern kann. So wurde es ein lustiger Abend, auch wenn wohl viel in der Übersetzung verloren ging. Wir haben jetzt auch Kontaktnummern, um die drei Herrschaften wiederzutreffen, falls wir einmal Morika bereisen. Wer weiß, wozu das mal gut ist. Mit ihnen zum Karaoke zu gehen, wollten wir dann überraschenderweise doch nicht. Man muss es ja nicht übertreiben, auch wenn sie alles versuchten, um uns zu überzeugen.

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Der Kundenservice

Es ist wieder einmal passiert: Ein PC von mir gab in Japan seinen Geist auf. Das ist mittlerweile der dritte PC, welcher einen Japanaufenthalt von mir nicht überlebt hat. Diesmal war ich dabei aber noch nicht einmal da. Ich hatte ihn in Sendai gelassen, als ich in Deutschland war und auf einmal wollte er nicht mehr anspringen. Nun gut, wenigstens die Festplatte funktioniert noch. Deshalb entschied ich, mir ein Gehäuse für diese zu besorgen, um sie weiter zu verwenden. So gingen wir heute in den Elektronikladen Labi und ich schnappte mir den ersten Verkäufer. Ein Gehäuse sollte es sein, mit einer Größe von 2,5 Zoll und am besten USB 3.0, das kann doch gar nicht so schwer sein. Dem Verkäufer war das aber nicht geheuer und so verschwand er mit meiner Festplatte im Gepäck zum Kundenservice, um sich die Größe bestätigen zu lassen. Kurze Zeit später kam er zurück und bestätigte, was eh schon alle wussten: Ich brauche ein 2,5-Zoll Gehäuse. Ganze zwei Gehäuse-Hersteller standen dafür zur Verfügung und ich entschied mich für das teurere. Die Gehäuse passen universal auf alle Festplatten, da brauche ich mir gar keine Sorgen machen, versicherte mir der Verkäufer noch.

Da ich dem Ganzen nicht ganz traute, ging es im Anschluss auf eine Treppe am Ausgang des Ladens, wo das Gehäuse gleich ausprobiert wurde. Und siehe da, das Gehäuse ist zu klein. Mehr noch, wenn man nicht vorsichtig ist, kann es durch die Größe sogar noch die Platine der Platte beschädigen. So geht es ja nun nicht und zurück ging es in den Laden. Am Servicecounter erwarteten uns schon drei Japaner. Zuerst zeigten wir das Problem dem Chef. Der traute seinen Augen natürlich nicht und hämmerte meine Festplatte erst einmal mit Gewalt ins Gehäuse. „Passt nicht“, war seine lapidare Antwort. DAS hätte ich ihm auch vorher sagen können, ohne dass er meine Platte in Gefahr bringt! Mit Mühe und Not gelang es ihm, die Platte wieder aus dem Gehäuse zu holen, wo sie zu zwei Dritteln festhing und überreichte sie dem Kundenservice. Mürrisch zog er ab, um mit dem Verkäufer ein ernstes Wort zu reden. Jetzt wird die Platte aber bestimmt umgetauscht, dachte ich mir. Der Techniker wartete, bis der Chef verschwunden war und versuchte es dann noch einmal selber. Er dachte bestimmt, dass der Chef inkompetent ist und der Ausländer aus einem Dritte-Welt-Land kommt, wo es so etwas modernes wie Festplattengehäuse nicht gibt. Diese Gedanken konnte man in seinem Gesicht lesen, als er mit Festplatte und Bedienungsanleitung noch einmal den gleichen Mist versuchte, nur um meine Festplatte wieder im Gehäuse festhängen zu haben. Mir wurde richtig schlecht und ich konnte mir das Trauerspiel nicht mehr anschauen. Zum Glück kam der Chef zurück und entschied, das Gehäuse zurückzunehmen. Ein neues wollte man mir aber auch nicht verkaufen, schließlich sind die Gehäuse alles Standardgrößen und das andere passt da bestimmt auch nicht….

Nun gut, wenn Japan mein Geld nicht haben möchte. Aber jetzt weiß ich wenigstens, dass man bei solchem Kundenservice wirklich nichts zur Reparatur bringen sollte. Ich bin froh, dass die Platte immer noch funktioniert, nachdem sie mit ihr fertig waren. Wenn ich nur vom jetzigen optischen Eindruck ausgehe, scheint nicht viel gefehlt zu haben und ich hätte das Gehäuse nicht mehr benötigt.

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Vegalta vs. Tokyo

Zurück in Japan und besonders in Sendai gibt es eine Sache, welche ich sofort angehen musste. 2015 05 06 Vegalta5Vegalta hat seit meiner Rückkehr nach Deutschland in der Liga nicht mehr gut ausgesehen. Spielte man im März noch erfolgreich mit und erlitt keine Niederlage, so ist der Verein mittlerweile seit 4 Spielen ohne Punkte. Vielleicht hilft ja meine Anwesenheit! Deshalb ging es direkt am Tag nach meiner Ankunft in den Fanshop, um ein Trikot zu besorgen. Das ist gar keine billige Sache, wenn man deutsche Preise dagegen sieht. Aber wer kann schon sagen, wann ich das nächste Mal eine Chance auf ein Vegalta-Trikot habe. Zudem ist das neue Trikot von Adidas und damit doch wirklich in vernünftigen Größen zu kaufen. Im Endeffekt stand ich nur vor dem üblichen Problem: Welcher Spieler soll es denn sein? Vegaltas beste Spieler sind Ausländer oder Söldner, welche nach wenigen Spielzeiten wieder weg sein könnten. Der „Japaner“ im Team, welcher lange im Team ist und sich ziemlich gut verkauft, ist wiederum die Nummer 10. Er ist aber leider gleichzeitig koreanischer Abstammung und2015 05 06 Vegalta4 fiel damit aus meiner Sicht für mein japanisches Trikot heraus. So stand ich also mit Orsolya im Laden und guter Rat war teuer. Nach langem hin und her entschied ich mich für den Spielführer des Teams, Shingo Tomita. Er ist mein Alter, nur einen Monat älter, und seit 2005 im Team. Als defensiver Mittelfeldmann ist er aber bei den Fans weniger beliebt, als es ein offensiver Spieler von Natur aus ist. Jetzt ging alles sehr schnell. In fünf Minuten hatte ich ein neues Trikot mit Beflockung vor mir liegen und einen Japaner vor mir, der mir mit einer Lupe zeigte, dass diese auch wirklich fehlerlos war. Das ist kein Vergleich zu Magdeburg, wo ich mir als Käufer des sündhaft überteuerten Jubiläumstrikots des Clubs vorkam, als ob ich eine lästige Behinderung des Ablaufs im leeren Laden darstellen würde. Hier gibt es wirklichen Kundenservice und mein Trikot wurde in einer extra Sporttasche auch noch an den Ausgang des Ladens getragen, wo es mir feierlich mit einer tiefen Verbeugung übergeben wurde. Jetzt musste es nur noch Glück bringen!

Passenderweise ist Golden Week, die jährliche Urlaubswoche der Japaner, 2015 05 06 Vegalta3und ich konnte mich gleich am nächsten Tag aufmachen, um das Trikot in Aktion zu erleben. Vegalta spielte gegen einen der Geheimtipps des Jahres, den FC Tokyo. Tokyo ist zwar vom Papier her nicht so stark einzuschätzen, wie es Favoriten wie Urawa oder Gamba Osaka sind. Das Team hat aber einen starken Kader, mannschaftliche Geschlossenheit und mit Muto einen überragenden Stürmer, welcher von halb Europa gejagt wird und den angeblich Mainz für sich 2015 05 06 Vegalta2gesichert haben soll. Vegalta dagegen hofft auf Wilson, welcher langsam wieder an seine Normalform heranzukommen scheint. Vor dem Spiel trafen wir aber erst einmal den bekannten Twitterkommentator Yosuke, welcher als einziger in englischer Sprache über Vegalta und auch über die sonst unterrepräsentierten J-League-Vereine berichtet. Der Kontakt ist vor einer Weile über meinen Vater entstanden. Wir tauschten kurz Fanartikel aus. Man muss schließlich die Bekanntheit des 1. FC Magdeburg über die Landesgrenzen hinaus verbreiten! Yosuke ist ein sehr sympathischer Zeitgenosse, wenn er auch wohl etwas stark vom Fußball besessen ist. Das Spiel betrachteten wir aber lieber mit unseren Freunden, welche sich schon sammelten, um meine Trikotauswahl ausgiebig zu kommentieren.

Das Spiel selber verlief weniger angenehm. Zwar gelang es Vegalta, einen Elfer herauszuholen, Wilson 2015 05 06 Vegalta1vergab diesen aber leider. Im Gegenzug nutzte Tokyo seine erste wirkliche Möglichkeit für einen Torschuss aus, um in Führung zu gehen. Insgesamt ist festzuhalten, dass von Vegaltas taktischem Konzept der ersten Spiele nur noch wenig zu sehen ist. Man läuft viel, versucht aber, den Ball ins Tor zu tragen. Defensiv steht man hingegen, bis auf das 0:1, ziemlich gut. Bei diesem wurde die Bewachung des Torschützen vergessen. Die zweite Halbzeit dagegen wurde kurios. Während wir noch Hoffnungen auf ein Comeback von Vegalta hatten, pfiff der Schiedsrichter einen Elfer für Tokyo. Bis jetzt, auch nach Ansicht der Fernsehbilder, bin ich mir nicht sicher, was er eigentlich gepfiffen hat. Fünf Minuten später kam noch ein Ausrutscher eines Sendaier Verteidigers hinzu, welcher Muto blank vorm Tor stehen ließ und Tokyo war 3:0 vorne. 3:0 in der 54. Minute, ist solch ein Spiel entschieden? Nicht in der J-League! In der 88. Spielminute wachte Vegalta endlich auf und machte, was ich schon das ganze Spiel angemahnt hatte. Man schoss einfach mal aufs Tor und der Ball von Ishikawa ging unhaltbar ins gegnerische Tor. Beflügelt durch das Tor warf Vegalta noch einmal alles nach vorne und schon beim nächsten Angriff hielt Lopes einfach mal drauf und verkürzte auf 2:3 in der 90. Minute. Dank verschiedener Unterbrechungen sollte noch fünf Minuten nachgespielt werden und keinen im Stadion hielt es auf seinem Platz. Ein unendlicher Sturm von anpeitschenden „VE GAL TA Sendai“- Rufen gingen durch das Stadion und die Spieler warfen noch einmal ihre letzte Kraft in die Waagschale. Tokyo hingegen ging über in die stärkste Form des Zeitspiels, welche ich in den letzten Jahren gesehen habe und der Schiedsrichter unterstützte sie dabei mit zweifelhaften Pfiffen. So wurde es leider nichts mit der Wiederauferstehung des Phönix und das Spiel endete mit einer im Endeffekt noch sehr bitteren Niederlage. Nichtsdestotrotz macht diese Niederlage Hoffnung, zeigten doch die letzten Minuten, dass mit Vegalta immer zu rechnen ist und die Spieler anscheinend auch ihr Problem vor dem Tor so langsam verstehen und lösen. Hoffen wir, dass Vegalta es seinem Wappentier wirklich gleich macht und bald wie der Phönix aus der Asche, beziehungsweise aus den unteren Tabellenregionen, hervorbricht! Das Trikot hat zwar nicht dabei geholfen, eine Chance habe ich aber ja noch.

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Rückkehr nach Japan

Puh, ein Monat ist vergangen und ich entschuldige mich erst einmal bei allen Lesern für das abrupte Ende meines Blogs. Nach dem Flug habe ich erst einmal versucht, alles von diesem Flug zu verdrängen. Jetzt, einen Monat später, stehe ich aber wieder auf einem Flughafen, um zurück ins Land der aufgehenden Sonne zu fliegen. Es startet der letzte Monat meiner Forschungen in Japan. Ich wollte diese Forschungsreise eigentlich etwas später machen, aufgrund verschiedener Gründe war dies aber leider nicht möglich. So verpasse ich zwar das Ende der Fußballsaison, aber kleine (große) Opfer müssen manchmal gebracht werden. Diesmal hatte ich bei Japan Airlines gebucht, der Flug wurde aber von Finnair durchgeführt. Was soll ich sagen, im Vergleich zum letzten Rückflug nach Deutschland war dieser Flug der Himmel auf Erden! Alles klappte, der Service war so, wie er sein sollte und ich erreichte sicher und pünktlich Japan. Mehr noch, wir landeten sogar zu früh.

Da ich immer noch mein Visum für Japan habe, wurde die Ankunft auf dem Flughafen in Narita für mich auch sehr angenehm. Für Visabesitzer gibt es eine extra Reihe, wodurch man sich nicht mit den Touristen anstellen muss. Da auch diese Reihe mit fünf Leuten für das Personal noch zu lang war, durfte ich kurzerhand über den Schalter für Japaner einreisen. Na ja, einige Bekannte behaupten ja eh, ich bin schon ein Halbjapaner. Auch die Gepäckkontrolle durfte ich nach wenigen japanischen Worten und einem Lob für meine „tollen“ Japanischkenntnisse schnell verlassen, so das ich mich zügig nach Tokyo begeben konnte.

Was soll ich sagen, der Kontrast zwischen Deutschland und Japan könnte im Bereich Service nicht größer sein. Damit ist nicht gesagt, dass in Japan alles besser ist. Dem ist wahrlich nicht so, aber es gibt doch viele Sachen, welche ich in Deutschland schon stark bemerkt habe. Nur als Beispiel beschreibe ich hier einmal zwei Situationen in Deutschland: Orsolya musste nur kurz den Waschraum in einem Kaufhaus benutzen, was die Putzfrau zu Hasstiraden auf die Welt veranlasst hat. Sie konnte ja den Waschraum nicht putzen, während er in Nutzung war und für so ein Verhalten wollte sie danach auch noch Geld sehen. Oder es passierte, dass mir in einem Cafe Eis auf die Hose geschmissen wurde. Der Angestellte gab mir einen Lappen und ich konnte die Hose säubern. Als er mir das zweite Eis gab, meinte er, dass ich ja eigentlich doppelt bezahlen müsste, weil ich ja die doppelte Portion erhalten habe. Was witzig gemeint war, kam nicht wirklich witzig rüber, da er sich zuvor nicht mal für den Fehler entschuldigt hatte. So etwas wäre hier in Japan nicht möglich. Hier hat zum Beispiel eine Kellnerin ein Glas Saft auf dem Boden verteilt. Obwohl niemand getroffen wurde, ging der Chef des Ladens mit Visitenkarten herum, welche er vorsorglich verteilte. Er wies uns alle darauf hin, dass wir doch unbedingt unsere Sachen in die Wäscherei bringen sollen, wenn sie nass geworden sind. Für die Übernahme der Kosten sollen wir ihn dann informieren. Das ist Service!

Auf jeden Fall verbrachte ich den ersten Tag meines aktuellen Aufenthalts in Tokyo. Nach dem langen Flug war es angenehm, ein nahes Bett zu haben und mit dem Tagbus war die Fahrt nach Sendai am nächsten Tag immer noch billiger als mit dem Shinkansen. Dabei übernachtete ich in der gleichen Gegend, in der sich auch das Hotel von Dennis und mir von unserer ersten Reise im Jahr 2006 befindet. Dies gab mir die Möglichkeit, nochmals unser erstes Restaurant in Japan zu besuchen. Es schmeckte immer noch gut, auch wenn ich diesmal niemanden brauchte, der mir das Essen von Dipnudeln erklärt. Was ich im Jahr 2006 noch nicht wusste, war der Name des Lokals. Es heißt Onomichi und es gibt dort Spezialitäten aus diesem Ort. Wer hätte zu dieser Zeit gedacht, dass ich es einmal in dieses kleine, unbedeutende Nest westlich von Hiroshima schaffen würde? Aber letztes Jahr waren meine Eltern und ich da!

Neben ein paar Parkanlagen schaute ich mir in Tokyo noch die japanische Mode an und genoss die Golden Week, Japans Hauptferienzeit. Wegen dieser musste ich auch so früh herreisen, weil alle späteren Flüge viel teurer geworden wären. Tokyo war zwar überfüllt, bei den warmen Temperaturen war es aber eine angenehme Zeit. Nur eine Sache muss man mir noch erklären: Tokyo hat viele Millionen Einwohner und Touristen. Wie schaffe ich es, einen Japaner auf der offenen Straße ein zweites Mal zu treffen? In Akihabara sprach mich ein älterer Japaner an, ob ich schon öfter hier gewesen wäre, er erinnere sich an mich. Ich muss zugeben, dass ich ihn zusammen mit Dennis wirklich vor über einem Jahr schon mal getroffen habe. Die Stadt ist wirklich zu klein!

Etwa 24 Stunden nach meiner Ankunft hieß es aber schon wieder auf Wiedersehen sagen und es ging nach Sendai. War ich vorher noch im Reisemodus, so war es mit dem ersten Schritt auf Sendaier Boden für mich klar: Ich bin zu Hause!

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Einmal Deutschland und zurück

In den letzten 10 Jahren bin ich relativ viel geflogen. Bei all den Reisen nach Japan und zurück hätte ich schon einiges an Flugmeilen für mich sammeln können, wenn ich denn mal mit der selben Linie fliegen würde. Leider tue ich das nie. Air France, Etihad Airways und All Nippon Airways sind nur einige der Fluglinien, welche mich schon sicher nach Japan gebracht haben. Dieses Mal hatte ich leider keine Wahl und mir wurde im Rahmen meines Stipendiums ein Flug mit SAS bezahlt. SAS bzw. Scandinavian Airlines hat seinen Hauptsitz in Kopenhagen und wird relativ häufig genutzt. Was sollte da also schon schiefgehen? Sehr viel, wie sich zeigte! Es fing damit an, dass ich 24 Stunden vorher bei der Airline anrief, um mir vegetarisches Essen zu sichern. Bisher war dieses Vorgehen noch nie ein Problem. Dieses Mal wurde mir aber mitgeteilt, ich wäre zu spät dran und eigentlich hätte sich auch mein Reisebüro darum kümmern sollen. Sollten sie auch, haben sie aber offensichtlich nicht! Gut, dieses Problem kann ich auf mich selber schieben, ich hätte mich halt besser kümmern müssen und dann esse ich halt die Beilagen.

So ging es dann am frühen Morgen in Tokyo los, um das erste Mal nach 1,5 Jahren nach Deutschland zu fliegen. Wie sich herausstellte, sollten sich alle meine Vorahnungen vom Vortag bestätigen. Um den Kunden ihr Economy Plus Programm zu verkaufen, hat die Airline wirklich alles, was ich bei einem 13-Stunden-Langstreckenflug an Service erwarte, eingespart. Sie wollen Filme schauen? Dann warten sie gefälligst ab, bis der Film durchgelaufen ist und wieder von vorne anfängt! Wenn sie spulen wollen, müssen sie doch nur upgraden! In Anbetracht dieser Filmsituation schaute ich somit einige Filme in umgedrehter Reihenfolge, also das Ende zuerst, ehe ich mich mit dem Bordmagazin beschäftigte. „Zweitpünktlichste Airline der Welt“ durfte ich dort lesen – gut für mich, so schaffe ich es wenigstens schnell nach Hause. Da die moderne Airline von heute natürlich weiß, wie man seine Kunden schröpfen kann, war nicht nur das Entertainment System beschränkt. Das Bordmagazin verriet: Saft oder Getränke, solchen Luxus können sie bis auf das Willkommensgetränk gerne für drei Euro pro Getränk haben, oder sie upgraden. Tee und Kaffee gab es dafür umsonst. Immerhin, jeder Sitz erhielt eine Flasche Wasser zum Beginn der Reise, was ich bei der hohen Anzahl freier Sitze dazu nutzte, um meinen Wasserhaushalt auf diesem Weg hochzuhalten. Es war schon alles etwas befremdlich, aber immerhin erreichte ich sicher Kopenhagen. Allerdings, wie sollte es auch anders sein, geschah dies mit einer Stunde Verspätung.

Tja, ich glaube, jetzt brauche ich niemandem erzählen, was an diesem verkorksten Tag eine Verspätung für meinen Anschlussflug bedeutete. 30 Minuten hatte ich, um diesen zusammen mit Orsolya, welche auf dem Weg nach Ungarn die gleiche Strecke flog, pünktlich zu erreichen. So sprinteten wir aus dem Flieger, nur um in einer ewig langen Schlange zur Gepäckkontrolle zu landen. Fünfzehn Minuten später waren wir endlich dran. Bis auf Orsolyas Jacke, welche zweimal geprüft wurde, ging alles problemlos durch und ich machte mich bereit, zum Gate zu sprinten, als mich eine Stimme barsch bat, noch einmal meinen Laptop herauszugeben. Sprengstoffkontrolle war angesagt. Während ich verzweifelt auf die Zeiger meiner Uhr schaute, durfte ich erleben, wie mit Seelenruhe Abstriche vom PC, von der Tastatur und von der Verpackung gemacht wurden. Alles war negativ, außer der Streifen vom Äußeren des PCs. Die Zeit verstrich, während das Personal mit aller Ruhe den Streifen mehrmals in das Gerät steckte und immer noch nichts passierte. Langsam wurde ich unruhig und erklärte, dass ich doch gerne den PC anmachen kann, um zu beweisen, dass er echt ist. Aber barsch wurde mir erklärt, doch einfach meine Klappe zu halten. Endlich, nach zähen Minuten, fühlte man sich gemüßigt, noch einmal einen neuen Teststreifen zu nutzen und siehe da, alles war negativ. Also Sachen gepackt und losgesprintet. Keine zehn Meter weiter erwartete uns das nächste Hindernis, die Passkontrolle. Mit Selenruhe kontrollierte man unsere Pässe und erklärte, man werde dem Gate schon Bescheid geben, dass wir kommen, es ist ja auch nicht weit. Nicht weit? Das letzte Gate im Terminal galt es zu reichen. In fünf Minuten war das eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Trotzdem rannten wir mit unserem Handgepäck so sehr es ging durch die Masse an Menschen, wobei ich mich schon jetzt fragte, ob es nicht besser wäre, SAS ein Hotel zahlen zu lassen, schließlich war das ganze Chaos nun wirklich nicht unser Verschulden. Endlich, pünktlich zur angegebenen Zeit, erreichten wir das Gate, welches schon abgesperrt war. Nur ein einzelner SAS-Angestellter war noch da und er war der Meinung, mich in meiner gerade ziemlich guten Laune auch noch anzubellen, was wir denn Wichtiges zu tun hatten, um so spät zu erscheinen. Er bekam den Pass von mir freundlich auf den Tresen geknallt und dazu den Hinweis, dass er sich gerne bei seiner Airline erkundigen kann, was wir Besseres zu tun hatten. In weiser Voraussicht entschied er sich dann doch, sich zu entschuldigen und nur noch mit Orsolya, die seine Begrüßung nicht mitbekommen hatte, zu sprechen. Das Gate wurde noch einmal geöffnet und die Bordluke des Fliegers heruntergelassen, um uns noch einsteigen zu lassen. Wir schafften es also doch noch nach Hannover. Wie durch ein Wunder erhielten wir sogar ausnahmsweise ein Glas Wasser umsonst, da wir doch etwas außer Atem waren.

Wir wussten allerdings nicht, dass gerade ein Orkan über Deutschland tobte. Das Flugzeug schaukelte und einige Luftlöcher ließen den einen oder anderen im Flieger schon zusammenzucken. Selbst auf der Landebahn wurden wir fast noch weggedrückt, bevor der Pilot das Flugzeug sicher zum Stehen brachte. Zum ersten Mal seit Jahren hörte ich Leute im Flieger klatschen. Es war also geschafft, wir waren sicher und heile in Deutschland an unserem Ziel angekommen. Ganz im Gegensatz zu einigen anderen Reisenden. Der Flughafen Hannover war überlastet mit Fliegern, welche nicht auf ihrem Zielflughafen, besonders Hamburg, landen konnten. Dass wir es also über diese Region bis hierher geschafft hatten, war großes Glück und was könnte uns jetzt noch stoppen? Das Gepäck natürlich! Erst standen wir 45 Minuten am Gepäckband, ehe wir mehr durch Zufall erfuhren, dass unser Gepäck nicht mehr kommen würde. Bei deutlich überfordertem Personal durften wir also auch noch vermisstes Gepäck anmelden, um im Anschluss endlich von meinem Vater, welcher dankbarerweise dem Wetter getrotzt hatte, in Richtung Heimat gefahren zu werden. Immerhin, am nächsten Tag fanden sich beide Gepäckstücke wieder, sehr zu meiner Freude, da ich in Rodensleben nur noch begrenzt Sachen hatte und natürlich meine Sachen alle im Gepäck waren. Eines war aber sich, noch am Tag meiner Ankunft buchte ich sofort den Rückflug in meine zweite Heimat, diesmal aber mit einer anderen Airline.

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